Breslau. Dänemarks Rechtsaußen kennt die meisten deutschen Spieler aus der Bundesliga. Dennoch sieht er einen großen Vorteil bei Deutschland.
Hans Lindberg hat den Blick auf sein Mobiltelefon geheftet, über dem rechten Arm hängt seine Jacke, die Finger seiner linken Hand huschen über das Display. Der Handballer der dänischen Nationalmannschaft steht im Konferenzraum des Mannschaftshotels in Breslau, blickt kurz auf und lächelt dann entschuldigend. „Wir können schon anfangen, ich muss nur kurz meiner Frau schreiben“, sagt er.
Im Hause Lindberg wird derzeit viel kommuniziert, denn seit der HSV Hamburg Anfang Dezember Insolvenz anmeldete, war der 34 Jahre alte Rechtsaußen auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Am spielfreien Montag traf er sich mit DHB-Vizepräsident Bob Hanning auf einen Kaffee. An diesem Mittwoch stehen sich die beiden im „Endspiel“ der EM-Hauptrunde gegenüber (18.15 Uhr/ARD), in dem es darum geht, welches Team ins Halbfinale einzieht. Das hinderte sie aber nicht daran, sich vorab um Lindbergs berufliche Zukunft zu kümmern. Hanning, gleichzeitig Geschäftsführer der Füchse Berlin, hatte dem aktuell zweitbesten Torschützen der Bundesliga schon vor einer Woche einen Vertrag vorgelegt, am Montag unterschrieb Lindberg bis 2017. Zum Auftakt der Rückrunde am 14. Februar wird er schon in Berlin sein. „Mit Hans Lindberg holen wir einen der besten Rechtsaußen der Welt. Mit ihm und Mattias Zachrisson sind wir dann sogar weltweit die Nummer eins“, jubilierte Hanning.
Lindberg will das Ticket für Rio
Dem dänischen Zugang würde es allerdings zunächst reichen, europaweit die Nummer eins zu werden – mit seiner Nationalmannschaft: „Unsere offizielle Zielsetzung ist das EM-Halbfinale, weil wir wissen, da kann alles passieren“, sagt Lindberg. Ulrik Wilbek, Sportchef des dänischen Handballverbandes, geht sogar noch weiter: „Wir wollen entweder den Titel holen oder hinter Frankreich Zweiter werden.“ Mit diesem Ergebnis wäre die dänische Mannschaft für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) qualifiziert.
Dänemark gehörte schon vor Turnierbeginn neben Frankreich, Spanien und Polen zu den Favoriten auf den EM-Titel. Nach der Vorrunde, die die Dänen als einzige Mannschaft ohne Punktverlust abschlossen, und dem Hauptrundensieg gegen die Spanier bezeichnete Bundestrainer Dagur Sigurdsson das Team seines Landsmannes Gudmundur Gudmundsson gar als „Turnierfavorit Nummer eins“.
Lindberg hat in Hamburg ein Haus gebaut
Lindberg aber gibt sich zurückhaltend: „Das Spiel gegen Deutschland ist ein großes Spiel. Wir können mit acht Punkten dastehen und trotzdem ausscheiden. Das ist schon krass.“ Man dürfe die deutsche Mannschaft nicht unterschätzen. „Der Vorteil bei den Deutschen ist, dass sich immer wieder ein neuer Spieler durchsetzen kann. Das ist der Beweis für gute Nachwuchsarbeit.“
Neun Jahre stand der Däne beim HSV unter Vertrag, die meisten deutschen Akteure kennt er aus der Bundesliga. Mit dem HSV hat er Champions League, Pokal und Meisterschaft gewonnen. „Ich hätte nie gedacht, dass es so ausgeht wie jetzt“, sagt er. In Hamburg hatte er ein Haus gebaut, im August kam Sohn Aron zur Welt. Auch die Nähe zu Dänemark war für ihn und seine Frau Jeanette ideal, die dort ein Jurastudium absolviert hat. „Ich habe viele tolle Sachen erlebt in Hamburg, aber jetzt geht es in eine neue Zukunft“, sagt Lindberg.