Hamburg. Der Harvestehuder THC richtet am Wochenende die erste Runde der Euro Hockey League aus. Eine organisatorische Herausforderung.

Der Ausnahmezustand begann am frühen Montagmorgen, aber sie haben ihn ja gewollt beim Harvestehuder THC. Mit der Ausrichtung des Erstrundenturniers in der Euro Hockey League (EHL), dem früheren Feld-Europapokal der Landesmeister, wagt sich der knapp 3000 Mitglieder starke Traditionsclub von der Barmbeker Straße an diesem Wochenende auf ein in dieser Dimension unbekanntes Terrain. „Für uns als Verein ist so ein Event vergleichbar mit Olympischen Spielen im Mikroformat“, sagt HTHC-Präsident Cito Aufenacker, der für das Abendblatt einen Einblick in die Organisationsabläufe gewährt.

Als der 45-Jährige Anfang Juli von Europaverbandspräsidentin Marijke Fleuren gebeten wurde, als Ausrichter zu fungieren, war ihm klar, „dass man so eine Bitte nicht ablehnt“. Mit einem sechs Personen umfassenden Projektteam ging es zunächst daran, die Finanzierung zu prüfen.

Wie der Verein die Finanzierung stemmt

10.000 Euro Lizenzgebühr muss der HTHC an die EHL zahlen, die normalerweise auch die gesamten Einnahmen aus dem Ticketing einstreicht. Alle Werbeträger müssen zugunsten der EHL-Sponsoren abgedeckt werden, lediglich je eine kleine Bande bleibt für die HTHC-Unterstützer Ditting-Bau, König-Pilsener, Care-Energy und die Stadt Hamburg, die aufgrund der kurzfristigen Akquise der Veranstaltung keine finanzielle Unterstützung ermöglichen konnte, aber alle ihre Werbekanäle zur Verfügung stellt.

Der Ausrichter darf alle Einkünfte aus dem Catering behalten und auch mit Parkplatzgebühren Kasse machen. Letzteres bedeutet besonders in den Niederlanden, wo regelmäßig die EHL-Endrunden ausgespielt werden, große Profitmöglichkeiten. Da der HTHC jedoch nicht über einen clubeigenen Großparkplatz verfügt, wurde mit der EHL ausgehandelt, dass ab der Grenze von 1500 verkauften Eintrittskarten die Einnahmen aus dem Ticketing geteilt werden. Kommen an den drei Turniertagen die erhofften 1000 Fans täglich, wäre ein wichtiger Etatposten wieder eingespielt.

Um jedoch überhaupt 1000 Zuschauer auf der Anlage unterbringen zu können, muss eine 300 Besucher fassende Zusatztribüne aufgebaut werden. Dafür wurden in der vergangenen Woche zwei der acht Tennisplätze für den Trainingsbetrieb gesperrt, was nicht bei allen Mitgliedern für Begeisterung sorgte. Grundsätzlich aber ist die Unterstützung aus allen drei Vereinssparten – Hockey, Tennis und Lacrosse – riesig, weil Aufenacker und sein Vorstandskollege Gerhard Ruschmeyer, 57, es verstanden haben, die Chancen, die die Ausrichtung eines kontinentalen Wettbewerbs für den Club bietet, höher anzusiedeln als die Risiken.

In Zeiten, in denen ehrenamtliches Engagement immer weniger wird, haben sich bereits 68 Freiwillige gemeldet. 75 sollen es bis zum Freitag werden, und sie alle werden dringend benötigt, denn ein Budget für das Zukaufen von Leistungen hat der HTHC nicht.

Eine Herausforderung für den gesamten Verein

Lediglich den Aufbau der Zusatztribüne erledigt eine Fremdfirma, die allerdings von der männlichen B-Jugend des Clubs unterstützt wird. Für die Live-Übertragung aller zwölf Turnierspiele im Internet (ehlhockey.tv) ist die EHL zuständig, die mit vier Übertragungswagen und 25 Einsatzkräften anrückt, die am Montag mit dem Aufbau eines Videoturms begannen. 65.000 Euro lässt sich die EHL diesen Aufwand kosten. Der HTHC muss für die Bewachung des technischen Equipments einen 24-Stunden-Wachdienst inklusive Hund stellen, ein leistungsstarkes Stromkabel und ein stabiles WLAN-Netz mussten extra eingerichtet werden.

Alle anderen Aufgaben muss der HTHC aus Bordmitteln stemmen. Anreise und Unterkunft in drei Hamburger Hotels wurden vom Organisationsteam gebucht, die Kosten dafür tragen allerdings die Teilnehmer. Der Verein organisiert mit Unterstützung seines Sponsors Auto Wichert einen Shuttleservice für alle elf Gästeteams zwischen Flughafen, Hotel und Anlage. Jeder Gastverein bekommt einen persönlichen Betreuer an die Seite, der der jeweiligen Landessprache mächtig ist.

Der HTHC stellt Zeitnehmer, Ballkinder und einen Discjockey, einzig der englischsprachige Stadionsprecher kommt von der EHL. Als Turnierarzt, der auch vom Ausrichter gestellt werden muss, fungiert der langjährige HTHC-Ligaspieler Michael Green. Um die Teams auf der Anlage verpflegen zu können, wurde die Küche in der Clubgastronomie aufgerüstet und das Personal verstärkt.

Das Clubhaus ist während des Turniers für Zuschauer nicht zugänglich. Im Wintergarten essen die Teams, die Lounge wird zum Medienzentrum, im ersten Stock logieren die Schiedsrichter, das Schwimmbad wird zum Dopingkontrollraum umfunktioniert, und im Vorstandsbereich sind die EHL-Funktionäre untergebracht. „Wir wissen, dass wir unseren Mitgliedern viel zumuten. Aber wir sind überzeugt, dass es sich für den Zusammenhalt und das Image des Clubs lohnt“, sagt Aufenacker. Am Sonntagabend werde man sich im Kreis der Mitglieder mit einem Umtrunk belohnen – und froh sein, dass der Ausnahmezustand beendet ist.