Hamburg. Kritiker des Sportereignisses warnen vor „Kostenexplosion“ und „sozialer Verdrängung“. Der Werbung der Stadt für Olympia wollen sie eine eigene Kampagne entgegensetzen.

Auf dem kleinen Plakat am Eingang ist ein Feuerlöscher abgebildet. Hamburgs Senat ist „Feuer und Flamme“ für Olympische Spiele in der Stadt. Hier im linksalternativen Kulturzentrum „Centro Sociale“, vorbei an dem Schild, treffen sich die Gegner der Spiele 2024 oder 2028 in Hamburg. „Olympische Spiele in Hamburg? Wir haben etwas Besseres vor!“ ist das Motto des Bündnisses vom Anti-Olympischen-Komitee. Am Sonnabend kamen knapp 150 Kritiker des Großereignisses erstmals zusammen. Mit ihrem Feuerlöscher wollen sie die Flammen für Olympia ersticken.

An die Idee des Senats von nachhaltigen und kostengünstigen Spielen glauben sie nicht. Die Kritiker warnen vor allem davor, dass die Kosten für die Spiele „explodieren“ und so „die öffentlichen Haushalte jahrelang belasten“ würden. Bis zum geplanten Referendum, in dem die Menschen in Hamburg über die Spiele abstimmen sollen, wollen die Gegner der Pro-Kampagne von Stadt, einzelnen Verbänden und Unternehmen eine eigene Kampagne entgegensetzen. Welche Aktionen geplant sind, ist noch nicht klar.

Der frühere SPD-Senat hatte bisher keine Angaben über die Kosten für die Austragung der Spiele ermittelt. Was fehlt, ist eine Kostenberechnung, um „seriöse Zahlen zu nennen“, wie es heißt. Mit der Kostenrechnung wollte der Senat warten, bis der Zuschlag für die deutsche Bewerberstadt an Hamburg geht. In den kommenden Monaten will die Regierung im Rathaus allerdings Angaben über einen „Kostenkorridor“ für die Spiele in Hamburg machen.

Als Gesamtkosten kursiert bisher nur eine Zahl von 6,5 Milliarden Euro, die die Handelskammer veröffentlicht hatte. Nicht alles davon zahlt die Stadt. Wie viel davon der Bund und das Olympia-Komitee IOC tragen, ist allerdings bisher unklar. Genauso wie die Einnahmen der Stadt etwa durch Sponsoren und Eintrittsgeldern.

Auch die Olympia-Gegner hielten sich daher mit Angaben über Kosten auf ihrem ersten Treffen zurück. Sie warnten jedoch davor, dass Kosten „keingeredet“ und „in Schattenhaushalten versteckt“ würden und verwiesen auf die „Kostenexplosion“ beim Bau der Elbphilharmonie. Vieles sei nicht bedacht: „Wie olympiatauglich ist der Hamburger Flughafen und der Hauptbahnhof?“, fragten die Kritiker. Sie zitieren aus einer Studie der Oxford Universität, die eine durchschnittliche Überschreitung der Kosten bei Sommerspielen von 118 Prozent ausrechnete. Bei den Spielen in Barcelona 1992 sollen es demnach sogar mehr als 400 Prozent gewesen sein, in Vancouver 2010 dagegen 17 Prozent.

Innensenator Michael Neumann (SPD) wirbt damit, dass Hamburg für „sozial anständige, friedfertige und glaubwürdige Olympische Spiele steht, für Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und sich gegen jede Form des Gigantismus wehre“. Während die Befürworter wie Neumann den Gewinn für das Image der Stadt und die Einnahmen durch die steigende internationale Bekanntheit etwa durch Investoren und Tourismus hervorheben, warnen die Gegner vor „enormen ökologischen und sozialen Folgekosten für die Stadt“.

In einer Resolution, die sie am Wochenende verabschiedeten, heißt es: „Nein zu steigenden Mieten und Verdrängung, wie sie überall die Folge waren, wo olympische Spiele stattgefunden haben.“ Auch ohne Olympia sind die Mieten vor allem in den Innenstadt-Vierteln in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Gegner befürchten, dass Investoren im Zuge der Spiele in einen Wettbewerb um die wenigen vorhandenen Flächen treten. Auch die Umsiedlung von Hafenbetrieben und der Neubau von Stadien könne zu einer „weiteren Versiegelung von Flächen“ führen. Dies treibe die Preise weiter nach oben und verhindere sozialen Wohnungsbau, so die Kritiker.

Der Senat will durch Olympia verschiedene Gruppen – von Blankenese bis Billstedt – über das Sportereignis zusammenbringen. Olympia solle „für alle Hamburger“ sein. Daran zweifeln die Gegner der Spiele. Sie warnen vor einem „Ausnahmezustand“ durch Sicherheitsmaßnahmen. In den vergangenen Jahrzehnten sind die Kosten für die Sicherheit und die Präsenz von Polizei und Militär deutlich angestiegen. London gab allein dafür mehr als eine Milliarde Euro aus. Soldaten waren auch an den Olympischen Stätten präsent. Zugang zum Olympia-Park hatte nur, wer ein Ticket besaß.

Der Senat verfolgt dagegen die Strategie zurückhaltender Polizeipräsenz. Man setze auf „auf die Dienstmütze statt Helm, auf das Diensthemd statt auf die schusssichere Weste“. Die Behörden in Hamburg sehen Olympia zudem als Chance, die Technik und Infrastruktur von Polizei und Feuerwehr zu modernisieren. Kritiker warnen davor, dass die Bewegungsfreiheit der Stadt auch durch „Gefahrengebiete“ eingeschränkt werden könnte. Zudem würden Technologiekonzerne wie Siemens oder Samsung die Spiele als eine Art „Showroom“ für neue Technik nutzen.

In der Bürgerschaft sind mit Ausnahme der Linkspartei alle Fraktionen für die Spiele – wenn auch unter klaren Auflagen. Auch zahlreiche Unternehmer unterstützen die Kampagne der Stadt für die Spiele. Allein Sportmäzen und Unternehmer Alexander Otto zahlte 100.000 Euro. Olympia-Gegner finden sich unter Hamburgs Entscheidern in Politik und Wirtschaft kaum. Auf ihrem ersten Treffen monierten die Gegner der Spiele, dass die „Idee von einer Hamburger Kaufmannselite vorangetrieben“ werde. Bisher, das zeigte das Treffen der Gegner, ist der organisierte Protest gegen die Spiele im Gegensatz dazu vor allem eine Bewegung von links. In einer Umfrage des DOSB im Februar stimmten 64 Prozent der Hamburger für die Spiele, 32 Prozent waren dagegen.

Dem Senat werfen die Gegner von Olympia vor, er würde die Debatte für Olympia „emotionalisieren“ – etwa durch Schlagworte, dass „Hamburg nur gewinnen könne“. Doch wer der Debatte im „Centro Sociale“ zuhört, spürt auch starke Emotionen bei den Gegner. Schlagworte wie „Millardengrab Olympia“ oder „Elbphilharmonie hoch zehn“ fallen. Global agierende Unternehmen und das IOC gelten vielen als Feindbild.

Größtes Projekt: Olympia Bewerbung
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    Und so mischt sich Olympia-Kritik beim Treffen in der Sternschanze auch mit einer generellen Kritik an dem „kapitalistischen System“ und einer „Gentrifizierung“. Olympia sehen die Gegner nicht als Ereignis für Sport und Völkerverständigung. In ihrer Kritik finden sich Argumente wie bei anderen Bewegungen, etwa „Recht auf Stadt“, wieder. Manche lehnen den „Hochleistungssport“ gleich ganz ab, der Sportler „nicht zuletzt durch Doping zerstört“.