Nach dem Coming-out von Thomas Hitzlsperger wurden alle Vereine der ersten und zweiten Liga angeschrieben. Nur 14 Clubs antworteten auf die Studienfragen. Bayern München lehnte eine Mitarbeit ab.
Mainz/Stuttgart. Homosexualität ist im deutschen Profifußball auch ein Jahr nach dem Coming-out des Ex-Nationalspielers Thomas Hitzlsperger nach Ansicht von Sportwissenschaftlern noch immer ein Tabuthema. Auf die Anfrage der ARD-Recherche-Redaktion zu dem Thema an die Trainer aller 36 Proficlubs der ersten und zweiten Bundesliga antworteten lediglich elf Clubs, wie der Südwestrundfunk (SWR) mitteilte. Elf Vereine sagten die Teilnahme ab, 14 reagierten gar nicht.
Sportwissenschaftlerin Tanja Walter-Ahrens, die sich seit Jahren mit dem Thema Schwulenfeindlichkeit im Fußball beschäftigt, zeigte sich ob der geringen Resonanz enttäuscht: „Das ist traurig und zeigt, dass sich eben doch relativ wenig bewegt.“ Kein anderes großes Unternehmen – und nichts anderes seien Profi-Fußballclubs heutzutage – könnte sich so einen Umgang mit dem Thema leisten.
Ihre mit Hitzlspergers Coming-out verbundenen großen Hoffnungen seien enttäuscht worden. Sein Schritt sei rückblickend „nicht mal ein Startschüsschen“ gewesen, sagte sie.
Bei der Umfrage wurden per E-Mail Fragen gestellt wie „Wie würden Sie reagieren, wenn ein Spieler zu Ihnen käme und sich als homosexuell outet?“ oder „Nehmen Sie homophobe Fangesänge oder Äußerungen in den Stadien wahr?“
Wolfgang Niersbach wünscht sich derweil einen unaufgeregteren Umgang mit dem Thema. „Thomas Hitzlsperger ist für mich ein ermutigendes Beispiel, wie es gehen kann. 95 Prozent aller Reaktionen waren positiv. Und das ist ein gutes Signal, was uns in der ganzen Verhaltensweise auch bestätigt, es eben nicht mehr als total außergewöhnlichen Vorgang zu betrachten, sondern als ein Stück Normalität“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) der ARD-Recherche-Redaktion Sport.
Niersbach räumte aber ein: „Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass wir noch kein Beispiel vorzeigen können von einem aktiven Fußballprofi, der Woche für Woche vor 50.000 Zuschauern im Stadion spielt.“ Niersbach hatte homosexuellen Fußballern, die sich outen wollen, immer seine volle Unterstützung zugesichert.
Auf die ARD-Anfrage hätten zum Beispiel die Erstligisten Augsburg, Bremen, Dortmund, Hannover, Köln und Paderborn geantwortet – keine Reaktion sei hingegen von den Erstliga-Klubs aus Hamburg, Frankfurt, Berlin, Leverkusen, München oder Stuttgart gekommen.