Der Hamburger Nationalspieler über die verpasste WM-Chance, Pokern in Las Vegas, Skypen mit seinem Sohn und HSV-Milliardär Kühne. Außerdem erklärt er, warum ein Wechsel zum HSV für ihn kein Thema ist.
Frankfurt am Main. Der gebürtige Reinbeker Max Kruse ist der letzte Hamburger im Kreise der Nationalmannschaft. Im Interview mit dem Abendblatt erklärt der Gladbacher, der weiterhin regelmäßiger Gast im O-Feuer im Schanzenviertel ist, warum er neben Hamburg auch oft in den USA ist. Seine nächste Reise führt ihn aber nach Warschau, wo die Nationalmannschaft am Sonnabend (20.45 Uhr/RTL und im Liveticker bei abendblatt.de) in der EM-Qualifikation auf Polen trifft.
Hamburger Abendblatt: Herr Kruse, essen Sie eigentlich noch Schokolade?
Max Kruse: Na klar, wer isst denn keine Schokolade? Doch fast jeder.
Es hieß, dass Sie im Vorfeld der WM auf Schokolade verzichtet und dadurch kräftig abgenommen haben?
Kruse: Ja, ich habe gezielt auf Kohlehydrate und den ganzen Süßkram verzichtet. Aber es ist natürlich auch wichtig, dass man sich dabei wohlfühlt. Und ich glaube, dass ich nach meiner Operation (Entfernung eines Harnleitersteins, die Red.) gezeigt habe, dass ich wieder voll da und auch sehr, sehr fit bin.
Wie viele Kilogramm haben Sie denn abgenommen?
Kruse: Es waren ungefähr vier Kilo.
Setzen Sie schnell an?
Kruse: Ja, wenn ich anfange, mich nicht gesund zu ernähren, dann geht das bei mir schnell. Es handelte sich übrigens keineswegs um eine Diät, wie es hier und da geschrieben stand. Ich habe mich einfach bewusster ernährt.
Für die WM hat es trotzdem nicht gereicht. Haben Sie inzwischen ein Gespräch mit dem Bundestrainer über die Gründe geführt?
Kruse: Dazu ist es noch nicht gekommen, und dazu muss es auch gar nicht kommen. Der Bundestrainer hat mich eingeladen, weil ich meine Leistungen im Verein gezeigt habe. Die versuche ich jetzt in der Nationalmannschaft zu bestätigen und dem Bundestrainer zu zeigen, dass ich wieder gut drauf bin. Also alles ganz entspannt.
In der Öffentlichkeit wurde kolportiert, Ihr WM-Aus habe nicht nur mit der Leistung zu tun gehabt, sondern auch mit Ihrem Lebenswandel. Es hat beispielsweise Berichte über angeblichen Damenbesuch im Mannschaftshotel vor dem Länderspiel in England gegeben.
Kruse: Die Geschichte, die da geschrieben wurde, hat so nicht gestimmt. Der Bundestrainer hat gezeigt, dass er wieder auf mich setzt, mit allem anderen beschäftige ich mich nicht mehr.
Marco Reus hat berichtet, dass es ihm sehr wehgetan habe, die WM vor dem Fernseher zu erleben.
Kruse: Marco Reus ist ein ganz anderer Fall, weil er sich keine 24 Stunden vor dem Abflug verletzt hat, sonst wäre er sicher dabei gewesen. Für mich war es auch kein schönes Gefühl, die Absage zu bekommen, aber ich hatte ein paar Tage mehr Zeit, das zu verarbeiten.
Sie haben mal gesagt, Ihr Vater sei Ihr schärfster Kritiker. Haben Sie mit ihm Gespräche geführt, dass Sie das Image des bunten Vogels ablegen wollen, um nur als Fußballer wahrgenommen zu werden? Und dafür auch noch mehr tun?
Kruse: Ein schräger Vogel? Was heißt das?
Kruse: Es ist nicht ganz einfach, sich selbst zu beschreiben. Ich bin auf jeden Fall ein lustiger Typ, der für jeden Spaß zu haben ist.
Tatsächlich hatten Sie ja auch während der WM in Rio Spaß. Im Rio Hotel in Las Vegas, wo Sie bei einem Pokerturnier Dritter wurden und umgerechnet 26.500 Euro gewonnen haben. Haben Sie das auch zur Ablenkung getan?
Kruse: Nein, nein, das hatte mit der Weltmeisterschaft rein gar nichts zu tun. Ich war schon das vierte Mal in Las Vegas. Mein vierjähriger Sohn ist mit seiner Mutter vorübergehend in Florida, weil ihre Familie dort lebt.
Wie halten Sie über die Distanz Kontakt mit Ihrem Sohn Lauro Maximilian?
Kruse: Lauros Mutter und ich haben besprochen, dass wir das zunächst mal testen wollen. Er wohnt jetzt mit ihr drei Monate in Florida und anschließend mit mir einen Monat lang in Düsseldorf. Klar ist es nicht einfach, ihn so lange nicht zu sehen, aber glücklicherweise gibt es ja auch so etwas wie Skype.
Zunächst mal testen? Was bedeutet das?
Kruse: Na ja, Lauros Mutter wohnte drei Jahre lang in Hamburg, da konnte ich den Kleinen natürlich häufig sehen. Aber sie vermisst auch ihre Familie und wollte zurück. Gemeinsam haben wir dann überlegt, was das Beste für den Kleinen ist. Wir wollen diese neue Regelung erst mal für ein Jahr testen, dann schauen wir weiter. Aber ganz nebenbei hat das auch einen großen Vorteil für ihn: Er wächst nun zweisprachig auf.
Ist es nicht hart für Sie, drei Monate auf Ihren Sohn zu verzichten?
Kruse: Klar ist es hart. Aber wir haben uns viele Gedanken gemacht. Und es wäre jetzt einfach für mich zu sagen: Ich finde das nicht gut. Aber es geht ja auch ein bisschen um die Bedürfnisse der Mama. Und sie wollte nun mal zurück in die USA.
Sie sind zurück zum Weltmeister gekommen. Ist irgendwas anders?
Kruse: Die Jungs haben eine breitere Brust. Aber der Bundestrainer hat alle noch mal nachhaltig daran erinnert, dass die WM jetzt vorbei ist. Der vierte Stern ist jetzt zwar auf der Brust, aber davon kann man sich im nächsten Spiel nicht mehr viel drauf einbilden.
Lassen die anderen Sie im Spaß spüren, dass Sie nicht in Brasilien dabei waren?
Kruse: Den einen oder anderen Spruch gibt es schon mal. Dann heißt es plötzlich: Hier sind vier Weltmeister in der Kabine – und der Max... Aber mit dem Humor kann ich ganz gut umgehen. Wer austeilen kann, der muss auch einstecken können.
Interesse hat an Ihnen immer wieder mal der HSV. Gab es jemals ein Angebot?
Kruse: Es gab immer mal wieder lockere Anfragen, aber richtig konkret war es nie. Ich habe nie mit einem der Verantwortlichen gesprochen. Keiner hat mich angerufen und gesagt, er wolle mich unbedingt haben. Und seit letztem Jahr ist der HSV auch keine Alternative mehr, weil ich sportlich nun sehr gut aufgehoben bin.
Das ist bitter für HSV-Investor Klaus-Michael Kühne, der öffentlich gesagt hat, er würde Sie sehr gerne beim HSV sehen.
Kruse: Na ja, ich habe das zwar mal gelesen. Aber wie gesagt: Das spielt im Moment gar keine Rolle für mich, ich fühle mich sehr wohl in Gladbach.
Sie sind gebürtiger Hamburger und haben früher in HSV-Bettwäsche geschlafen. Der HSV hat trotzdem keine Chance mehr?
Kruse: Wenn ich mich aktuell mit dem HSV beschäftigen würde, wäre unser gesamtes Gespräch vorher sinnlos gewesen. Hamburg ist meine Lieblingsstadt und wird es als meine Heimatstadt auch bleiben. Man weiß nie, was kommt, aber jetzt bin ich im besten Fußballalter und möchte auf hohem Niveau spielen, deshalb beschäftige ich mich jetzt nicht mehr mit dem HSV.