Für die EM-Qualifikationsspiele in Polen und gegen Irland hat Bundestrainer Löw überraschend auf Großkreutz verzichtet. Der Dortmunder ist der erste Weltmeister, der nicht wegen einer Verletzung fehlt.
Dortmund. 16 Weltmeister hat Joachim Löw eingeladen, nur einer fehlt: Kevin Großkreutz. Ob der Bundestrainer dem Dortmunder Dauerrenner einen Denkzettel verpasste oder ihn gleich ganz aussortierte, verriet er nicht. Auch nicht, ob die Entscheidung sportliche oder andere Gründe hat.
Mit seinen Leistungen im BVB-Trikot gab der 26-Jährige in dieser Saison bislang wenig Anlass, ihn als ersten Weltmeister freiwillig nicht zu nominieren. Bei den EM-Qualifikationsspielen am 11. Oktober in Polen und drei Tage später gegen Irland fehlen ansonsten nur die verletzten oder zurückgetretenen WM-Helden. Löw fehlen die Weltmeister Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Benedikt Höwedes sowie Marco Reus nach ihren Verletzungen.
Großkreutz, der nach dem Rücktritt von Kapitän Philipp Lahm eigentlich auf mehr Einsatzzeit in der Nationalmannschaft gehofft hatte, dürften seine Eskapaden zum Verhängnis geworden sein. Die Pinkel-Affäre, die ihn beinahe die WM-Teilnahme gekostet hätte, der Döner-Wurf und sein angeblicher Sturz bei der Weltmeisterfeier waren noch nicht vergessen, da fiel der unberechenbare Ur-Dortmunder schon wieder negativ auf.
Erst zoffte er sich im BVB-Training mit einem Teamkollegen und dem Co-Trainer. Dann geriet er bei der 0:2-Pleite in Mainz mit Chefcoach Jürgen Klopp aneinander, der ihn daraufhin einen „Sturkopf“ nannte. Ob Löw Großkreutz wegen der jüngsten Ausraster verbannte, sagte er nicht. Der Bundestrainer betonte lediglich: „Ich bin absolut überzeugt von der Qualität meiner Spieler und meiner Mannschaft, ich habe großes Vertrauen in jeden Einzelnen.“
Großkreutz schweigt zu seiner Nicht-Berücksichtigung
Großkreutz selbst äußerte sich zunächst nicht zu seiner Nicht-Berücksichtigung, auch die Dortmunder Verantwortlichen schwiegen. Gleich nach der WM und dem Lahm-Rücktritt hatte Großkreutz sich noch Hoffnungen auf einen Stammplatz gemacht: „Natürlich rechne ich mir auf dieser Position etwas aus. Dem Bundestrainer bieten sich verschiedene Alternativen. Das wird hinten rechts ein spannender Konkurrenzkampf, dem ich mich natürlich stellen werde.“
Beim 2:4 in der Finalrevanche gegen Argentinien war der Allrounder als Rechtsverteidiger überfordert. Beim 2:1 zum Auftakt der EM-Qualifikation gegen Schottland ließ Löw ihn ausgerechnet vor Dortmunder Publikum 90 Minuten auf der Bank.
Beim BVB indes verrichtet der Dauerrenner auch in dieser Saison mit gewohnter Zuverlässigkeit seine Arbeit – in der Bundesliga ordentlich, in der Champions League hervorragend. Beim 2:0 gegen den FC Arsenal, bei dem er beide Tore vorbereitete, gehörte er ebenso zu den Besten wie beim 3:0 am vergangenen Mittwoch beim RSC Anderlecht.
Im Dortmunder Trikot hat der Allrounder sein Betätigungsfeld wieder auf die linke Mittelfeldseite verlegt. Dort rennt, grätscht und rackert er mit gewohnter Intensität. „Ich kann nicht anders, das ist meine Natur“, sagte er. Die andere Seite gehört aber auch da zu. Die BVB-Fans verziehen ihrem Kultspieler, der als einer der ihren aufwuchs, die Ausraster immer wieder, Löw diesmal wohl nicht mehr.
Das deutsche Aufgebot für die EM-Qualifikationsspiele in Polen und gegen Irland:
Tor: Manuel Neuer (Bayern München), Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund), Ron-Robert Zieler (Hannover 96)
Abwehr: Jerome Boateng (Bayern München), Erik Durm (Borussia Dortmund), Matthias Ginter (Borussia Dortmund), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Shkodran Mustafi (FC Valencia), Antonio Rüdiger (VfB Stuttgart), Sebastian Rudy (1899 Hoffenheim)
Mittelfeld: Karim Bellarabi (Bayer Leverkusen), Julian Draxler (Schalke 04), Christoph Kramer (Borussia Mönchengladbach), Toni Kroos (Real Madrid), Thomas Müller (Bayern München), Mesut Özil (FC Arsenal), Lukas Podolski (FC Arsenal), André Schürrle (FC Chelsea)
Angriff: Mario Götze (Bayern München), Max Kruse (Borussia Mönchengladbach)