Genau wie die deutsche Mannschaft testen auch ihre WM-Gegner Portugal, Ghana und die USA ihre Form. Besonders pikant: Klinsmanns Amerikaner mussten nach Zypern ausweichen, um gegen die geplagten Ukrainer spielen zu können.
Frankfurt. New York – Frankfurt – Zypern: Für Jürgen Klinsmann und sein US-Team ist diese strapaziöse Reise eine der letzten Etappen auf dem Weg zur WM in Brasilien. Die Amerikaner müssen am Mittwoch auf die Mittelmeerinsel ausweichen, um doch noch wie geplant gegen die Fußball-Nationalmannschaft der politisch schwer erschütterten Ukraine spielen zu können.
Ein normaler WM-Test wie die Spiele der beiden anderen deutschen Gruppengegner Portugal (gegen Kamerun) und Ghana (gegen Montenegro) ist die Partie in Larnaka aber dennoch nicht: Erst am Dienstagfrüh bestätigten die Ukrainer dem US-Verband, dass sie überhaupt antreten werden. Fußball ist zurzeit mehr denn je nur Nebensache in diesem zerrissenen Land.
Klinsmann dagegen ist sehr froh, dass dieses Spiel stattfindet. Sonst wäre der große Aufwand der vergangenen Tage völlig umsonst gewesen. Der frühere Bundestrainer traf sich zunächst in New York mit Vertretern der US-Liga, ehe er nach Frankfurt am Main weiterreiste, um mit seiner Mannschaft auf dem Weg nach Zypern noch ein Kurz-Trainingslager abzuhalten.
Profis aus zwölf verschiedenen Ligen flogen dazu ein – vom Ex-Schalker Jermaine Jones (Besiktas Istanbul) über Bundesliga-Profis wie Fabian Johnson (1899 Hoffenheim) bis hin zu England-Legionären wie Torjäger Jozy Altidore (AFC Sunderland).
„Wir haben mittlerweile Spieler, die die Erfahrung und das Selbstvertrauen haben, in den großen Liga mitzuspielen“, sagte Klinsmann. Genau diese Auslands-Profis kann er gegen die Ukraine zum letzten Mal testen, bevor er sein WM-Aufgebot bekanntgibt. „Dieses Spiel ist eine große Gelegenheit für die Spieler, uns zu zeigen, dass sie gierig und hungrig darauf sind, auf den WM-Zug aufzuspringen.“
Diese Chance bietet sich neben Johnson noch weiteren jungen Talenten, die in Deutschland geboren wurden und zumeist noch hier spielen: John Anthony Brooks von Hertha BSC, Alfredo Morales vom FC Ingolstadt, Julian Green aus dem Nachwuchs von Bayern München, dem Ex-Dortmunder Terrence Boyd von Rapid Wien und dem Ex-Freiburger Danny Williams vom FC Reading. „Diese Spieler sind beides: Perspektivspieler und echte Kandidaten für den WM-Zug“, erklärte Klinsmann. „Bei uns ist die Tür immer offen. Denn wer hätte es 2006 in Deutschland schon geglaubt, dass ein David Odonkor noch mit zur WM fährt?“
Auch der vermeintlich stärkste deutsche Gruppengegner Portugal will am Mittwoch gegen Kamerun noch einmal einige Alternativen zu seinem bewährten Stammpersonal testen. Zu diesem Zweck berief Trainer Paulo Bento neben seinen Stars wie Cristiano Ronaldo oder Pepe (beide Real Madrid) auch einige völlig unbekannte Spieler wie die beiden Stürmer Ivan Cavaleiro von Benfica Lissabon und Edinho vom türkischen Club Kayseri Erciyesspor in sein Aufgebot für das Spiel gegen die Mannschaft von Volker Finke. „Das ist die letzte Chance für so etwas vor der WM“, sagte Bento. „Ich will mir noch einmal die Spieler ansehen, die lange nicht mehr dabei waren.“
Der nüchterne und sachliche Bento betont seit langem, dass sein kleines Land nach Rui Costa, Luis Figo und Ronaldo nicht ständig weitere Superstars in Serie hervorbringen könne. „Spanien, Deutschland, Brasilien und Argentinien sind die großen Favoriten bei der WM. Portugal hat nicht dieselben Möglichkeiten zur Rekrutierung von Spielern, wie sie diese Länder haben“, meinte er.
Für Ghana gilt etwas Ähnliches. Der WM-Viertelfinalist von 2010 reist zwar mit namhaften Spielern wie Kevin-Prince Boateng (Schalke 04) oder Michael Essien (AC Mailand) nach Montenegro, hat dafür aber vor allem in der Defensive noch große Probleme. Stammtorwart Fatau Dauda bleibt die Woche über bei seinem Club Orlando Pirats in Südafrika, obwohl er dort meist nur auf der Bank sitzt. Die Verteidiger Jonathan Mensah (FC Evian) und John Boye (Stade Rennes) waren lange verletzt. Montenegros Trainer Branko Brnovic hat dennoch großen Respekt vor dem deutschen WM-Gegner: „Ghana ist die beste Mannschaft in Afrika.“