Stanislas Wawrinka gewann in fünf Sätzen gegen den Serben mit dem deutschen Coach. Berdych besiegte einen Spanier. Die Kanadierin Bouchard gewann überraschend und trifft auf eine Vorjahresfinalistin.
Melbourne. Boris Becker gab alles. Deutschlands Tennis-Legende ballte auf der Tribüne die Faust, raufte sich frustriert die Haare und pushte Novak Djokovic immer wieder nach vorne. Doch am Ende half alles Mitfiebern nichts. Der Titelverteidiger kassierte im Viertelfinale gegen den Schweizer Stanislas Wawrinka eine bittere Niederlage und schied erstmals seit den French Open 2010 bei einem Grand-Slam-Turnier wieder vor dem Halbfinale aus. Die erste Djokovic-Niederlage nach zuvor 25 Siegen in Melbourne bedeutete für das ungleiche Duo einen klassischen Fehlstart in ihre Zusammenarbeit. Die Kritiker, die die Verpflichtung Beckers von Beginn an belächelt hatten, werden mit Kritik und Häme nicht hinter dem Berg halten.
Wawrinka bekommt es nach dem größten Sieg seiner Karriere im Halbfinale mit dem Tschechen Tomas Berdych zu tun, der den an Nummer drei gesetzten Spanier David Ferrer ausschaltete und erstmals beim Grand-Slam-Auftakt im Halbfinale steht. Um den Einzug dorthin kämpfen an diesem Mittwoch auch Roger Federer und Andy Murray in der Rod Laver Arena.
Bei den Damen zogen Vorjahresfinalistin Li Na aus China und die kanadische Senkrechtstarterin Eugenie Bouchard ins Halbfinale ein. Li Na hatte beim 6:2, 6:2 gegen Flavia Pennetta aus Italien überhaupt keine Schwierigkeiten, Bouchard setzte sich überraschend gegen die Serbin Ana Ivanovic mit 5:7, 7:5, 6:2 durch. Die 19-Jährige steht damit erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier im Halbfinale und beeindruckte in Melbourne mit einem erstaunlich selbstbewussten Auftreten.
Becker rauschte nach dem bitteren Ende seines Trainerdebüts dagegen schnell von der Anlage im Melbourne Park. Statt des vierten Titels bei den Australian Open in Serie gab es für den Serben und seinen neuen Coach bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt auf der großen Tennis-Bühne einen Tiefschlag. Die 6:2, 4:6, 2:6, 6:3, 7:9-Niederlage gegen Wawrinka traf das ungleiche Duo aus dem Nichts.
„Das ist keine Schande“
„Novak hat eineinhalb Sätze stark gespielt. Dann hat Wawrinka ein unglaubliches Niveau erreicht“, ließ Becker nach der Partie übermitteln. „Aber im fünften Satz sah es wieder gut aus. Novak war ein Break vor, hätte 3:1 führen können, doch dann hat er vier Vorhände ohne Not verschlagen. Er hat 7:9 im fünften Satz verloren - das kann passieren. Das ist keine Schande“, meinte der 46-Jährige.
Nachdem Djokovic beim Matchball von Wawrinka einen einfachen Vorhand-Volley weit ins Aus gespielt hatte, applaudierte Becker noch fair auf der Tribüne. Doch die Niederlage tat weh, den Einzug ins Halbfinale hatte das ungleiche Duo als Minimalziel ausgegeben. „Wenn wir das geschafft haben, können wir reden“, hatte Becker in den Tagen von Melbourne immer gesagt. Doch nun müssen sich beide auf kritische Fragen gefasst machen.
„14 Niederlagen nacheinander waren genug“
Becker und Djokovic erlebten eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Der gebürtige Leimener litt auf der Tribüne, unten auf dem blauen Hartplatz der Rod Laver Arena haderte Djokovic mit sich und der Welt. Doch alles war umsonst, nach zwei bitteren Fünf-Satz-Niederlagen in Australien vor einem Jahr und bei den US Open 2013 verließ Wawrinka erstmals in einem wichtigen Spiel gegen den Djoker als Sieger den Platz. „Ich bin super-, super-, super-glücklich“ sagte Wawrinka nach seinem verdienten Erfolg in genau vier Stunden. „14 Niederlagen nacheinander waren genug“, meinte der 28-Jährige mit Blick auf seine Negativbilanz gegen den Serben.
Djokovic nahm die Niederlage äußerlich gefasst. „Ich habe genauso bis zum letzten Punkt gefightet wie im letzten Jahr, aber es hat dieses Mal einfach nicht sein sollen“, meinte der Weltranglistenzweite. Seine Zusammenarbeit mit Becker stellte er wegen des Rückschlages nicht infrage. „Es war erst das erste offizielle Turnier für uns. Ich bin zufrieden mit den Dingen, über die wir gesprochen haben und an denen wir weiter arbeiten werden. Natürlich ist es unglücklich, dass wir das Turnier bereits im Viertelfinale beendet haben.“
„Es ist für mich jetzt nicht die totale Überraschung“
Weiter mittendrin ist dagegen die erst 19 Jahre alte Bouchard, die als erste Kanadierin überhaupt in der Metropole am Yarra River das Halbfinale erreichte. Doch wer danach eine aufgeregte Teenagerin erwartet hatte, rieb sich verwundert die Augen. Freundlich, aber jederzeit von sich überzeugt beantwortete sie die Fragen der Weltpresse. Nervosität schien ihr wie schon in den 2:24 Stunden zuvor auf dem Platz völlig fremd zu sein.
„Es ist für mich jetzt nicht die totale Überraschung“, sagte Bouchard nach dem Sieg gegen Ivanovic, die im Achtelfinale noch die Weltranglisten-Erste Serena Williams ausgeschaltet hatte. „Das ist etwas, was ich seit meinem fünften Lebensjahr mache und wofür ich hart gearbeitet und auf viel verzichtet habe. Ich erwarte immer von mir, dass ich es gut mache“, sagte Bouchard. Die Aussagen saßen wie zuvor ihre wuchtigen Vorhandschläge auf dem Platz.