Nach dem Sturz ans Tabellenende ist unklar, wie der einstige Meistermacher die angeschlagene Truppe wieder auf Kurs bringen will.
Wolfsburg. Spottgesänge der eigenen Fans, völlig verunsicherte Spieler und der Sturz ans Tabellenende: Felix Magath hat mit dem VfL Wolfsburg in der Fußball-Bundesliga einen neuerlichen Tiefpunkt erreicht. Sein Millionen-Ensemble lieferte beim 0:2 (0:1) gegen den SC Freiburg auch ohne „Bauernopfer“ Diego einen spielerischen Offenbarungseid ab und blieb im siebten in Folge ohne Sieg. Dennoch darf Magath wohl weiter machen.
„Ich stehe ständig in Kontakt mit dem Aufsichtsrat. Ich weiß, dass ich Rückendeckung bekomme. Daran kann ich doch nicht nach jeder Niederlage zweifeln“, sagte Magath. In der Tat deutet (noch) nichts auf einen Trainerwechsel hin, auch wenn sich sein Team mittlerweile von Woche zu Woche an Harmlosigkeit übertrifft. In acht Spielen haben die „Wölfe“ gerade mal zwei Tore erzielt. So schlecht war in der Bundesliga-Geschichte nur eine Mannschaft - der VfL Bochum im Jahr 1982.
Anders als wohl die meisten Zuschauer im Stadion glaubt Magath weiterhin an die Wende. „Ich habe noch nicht alles probiert“, sagte der Coach, dessen jüngste Finte mit dem Rausschmiss von Diego auch ins Leere lief. „Ich habe in den letzten Wochen versucht, ein Umfeld für Diego zu schaffen. Das ist nicht gelungen. Deshalb habe ich ihn heute draußen gelassen. Doch das war auch nicht von Erfolg gekrönt“, bilanzierte der 59-Jährige.
Magath, der auch Marcel Schäfer und Josue zunächst draußen ließ, hatte die Mannschaft erst kurz vor dem Spiel von der Diego-Degradierung in Kenntnis gesetzt. „Wir haben uns da keine Gedanken gemacht. Das ist auch nicht unsere Aufgabe“, meinte Kapitän Diego Benaglio, der die Labilität des Teams auch nicht erklären konnte: „Wenn viele Dinge schief gehen, ist eben eine gewisse Unsicherheit drin.“
Neben Diego wurde auch Abwehrspieler Naldo zum erneuten Magath-Opfer. Nachdem der Manager-Trainer seinen Neuzugang bereits zweimal öffentlich an die Wand genagelt hatte, sparte er auch dieses Mal nicht mit Kritik. „Zu allem Überfluss haben wir noch einen Fehler vor dem 1:0 gemacht“, sagte Magath über Naldos Foul gegen Erik Jendrisek (40.), das dem Strafstoß zum 1:0 durch Daniel Caligiuri vorausging.
Während die Klubspitze weiter hinter Magath stehen dürfte, wenden sich die Fans immer mehr ab. Während des Spiels zelebrierte der Block seine eigene Show, wechselte zwischen „Magath-raus“-Rufen und dem ironischen „Oh, wie ist das schön“ und drehte der Mannschaft demonstrativ den Rücken zu. „Die Partie lud ja auch nicht zum Fröhlichsein oder Applaudieren ein. Von daher kann ich die Fans verstehen“, sagte Magath.
Beim Gegner SC Freiburg wunderte man sich vor allem über die spielerischen Defizite der Gastgeber. „Da waren viele lange Bälle dabei. Das hätte ich nicht gedacht. Das war echt viel Langholz“, sagte Schlussmann Oliver Baumann. Dass die „Wölfe“ bislang nur zwei Tore auf ihren Konto haben, ist für Baumann keine Überraschung. „Wenn man spielerisch so schwach ist, ist das verständlich“, sagte der Keeper.
Die Breisgauer hatten sogar mit der Wut der Wolfsburger Fans kalkuliert. „Wir haben die gegnerischen Fans zum richtigen Zeitpunkt auf unsere Seite gebracht“, sagte der starke Julian Schuster mit einem Grinsen im Gesicht. Der Kapitän hatte in der 84. Minute mit dem 2:0 alles klar gemacht. „Toll, dass die Mannschaft zum zweiten Mal zu Null gespielt hat und sich für eine gute Leistung belohnt hat“, sagte Trainer Christian Streich, der wie schon im Vorjahr die Erwartungen wieder übertrifft.
Am Morgen nach dem Sturz ans Tabellenende der Fußball-Bundesliga war der VfL Wolfsburg um Normalität bemüht. Am Sonntag trainierte das Team von Trainer Felix Magath bei dichtem Nebel wie sonst auch. Rund 25 Fans warteten auf die Profis, die am Tag zuvor beim 0:2 gegen den SC Freiburg eine klägliche Vorstellung abgeliefert hatten. Als die Spieler um kurz vor neun den Platz betraten, gab es indes kaum negative Reaktionen. Rund zehn Minuten lang standen die Profis allein auf dem Platz, ehe Magath mit hinzu kam und ohne Ansprache auf Kleinfeldtore spielen ließ.
Bei der vierten Niederlage in Serie hatten die VfL-Fans ihre Mannschaft am Samstag noch wütend ausgepfiffen, den Rauswurf von Trainer, Manager und Geschäftsführer Magath gefordert und nach Amateurcoach Lorenz-Günther Köstner verlangt. Martin Winterkorn, Chef des VfL-Mutterkonzerns Volkswagen, hatte das Stadion noch vor Spielende kommentarlos verlassen. Magath ist sich der Unterstützung der VW-Bosse indes noch sicher. „Ich bin sicher, dass mir der Aufsichtsrat diese Rückendeckung gibt. Da zweifel’ ich auch nach so einem Tag oder Ergebnis nicht dran“, hatte Magath gesagt.