Mit dem angestrebten Startrekord von acht Siegen wollen die Nationalspieler von Bayern München das „Trauma von Berlin“ vergessen machen.
München. Franz Beckenbauer lachte vor dem Fernseher über das dämliche 4:4 der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden, Jerome Boateng dagegen war auch zwei Tage nach dem „Trauma von Berlin“ noch nicht zu Scherzen aufgelegt. „Wir sind jetzt wieder bei Bayern, die Nationalmannschaft ist für mich abgehakt“, sagte der Abwehrspieler von Fußball-Rekordmeister Bayern München am Donnerstag barsch auf die Frage nach seiner Stimmungslage. Schnell abhaken, bloß nicht mehr daran denken - das soll für alle sieben Bayern gelten, die am peinlichsten Unentschieden in der DFB-Geschichte beteiligt waren.
Am Samstag, beim Bundesliga-Auswärtsspiel bei Fortuna Düsseldorf (15.30 Uhr/Sky und Liga total!), können die Bayern mit ihrem achten Sieg nacheinander einen Startrekord aufstellen. Darum soll es jetzt bitteschön gehen, meinte Boateng. „Es ist wichtig, dass wir wieder gut reinkommen nach der Nationalmannschaft, schnell wieder in den Rhythmus kommen. Wir wollen oben bleiben und den Abstand halten“, sagte er. So ein 4:4 habe er „zum ersten und hoffentlich letzten Mal erlebt“, und es habe „nichts mit Bayern-Spielern zu tun“ gehabt.
Es standen jedoch bis zum 4:2 sieben Bayern-Profis auf dem Platz. Nur Thomas Müller war bereits augewechselt, als dann auch noch die Gegentore Nummer drei und vier fielen. Sechs der sieben vor allem für die Defensive zuständigen Spieler waren Bayern. Was, wenn es am Samstag wieder 4:0 steht? „Dann machen wir hoffentlich das 5:0“, sagte Boateng eisig. Insgesamt müssten die Bayern „als Mannschaft auftreten. Dann ist es schwer, uns zu schlagen.“
Zumindest Ehrenpräsident Beckenbauer glaubt, dass das „verrückte Spiel“, wie er das 4:4 in der Bild-Zeitung nannte, keine negative Wirkung haben wird. Schließlich hätten die Spieler, also auch seine Bayern, auch „mit dem Gedanken an ihre Bundesliga-Aufgabe so stark zurückgeschaltet“. Körperliche Blessuren hat keiner der Spieler erlitten, teilte der Verein mit, und um die psychische Verfassung stehe es ebenfalls gut, meinte David Alaba. „Alle haben sich sehr, sehr gut erholt. Das sind alles Profis, ich mache mir keine Sorgen.“
Der Österreicher könnte nach seinem gelungenen Comeback bei der Nationalmannschaft Boateng oder Holger Badstuber aus der Startelf verdrängen und mithelfen, dass die bisher sieben Siege nicht wieder ein böses Omen sind. Drei andere Mannschaften, darunter die Bayern
1995/96, hatten zuvor schon dieselbe Ausbeute - alle drei verloren Spiel acht. Und am Ende war immer Borussia Dortmund Meister. „Wir wollen uns selber für die harte Arbeit belohnen“, betonte Alaba.
Mit einem Sieg in Düsseldorf könnten sich Boateng und Co. auch ein bisschen über „Berlin“ hinwegtrösten. Zumal die Öffentlichkeit gerade die Bayern-Stars in der Bringschuld sieht. Besonders Torwart Manuel Neuer muss sich plötzlich kritische Töne gefallen lassen. In einer Internetumfrage der Bild-Zeitung sahen ihn nur noch 42 Prozent als Nummer 1 - genauso viele Stimmen erhielt Hamburgs Rene Adler. Neuer hatte noch keine Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung am Mittwoch schwieg er zu „Berlin“.
Auf andere Gedanken kommen - das ist in München derzeit nicht nur für die DFB-Spieler angesagt. Der Niederländer Arjen Robben plagt sich mit muskulären Problemen, Rückkehr ungewiss. „Es ist nichts Gravierendes, doch wir können nicht genau analysieren, wann die Schmerzen behoben sein werden“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer dem kicker. In Düsseldorf, das steht fest, kann Robben noch nicht bei der Vergangenheitsbewältigung helfen.