In Singapur verursachte Michael Schumacher erneut einen Unfall und sorgte auch ansonsten in mancherlei Hinsicht für Verwunderung.
Singapur. Selbst die treuesten Fans trauen ihren Augen und Ohren nicht mehr. Was ihr Idol Michael Schumacher auf und neben der Rennstrecke abliefert, ist derzeit wohl kaum Formel-1-tauglich. Erst verpasste der Rekordweltmeister wenige Minuten vor dem Start in Singapur die Schweigeminute für den ehemaligen Formel-1-Arzt Sid Watkins, dann rauschte er im Rennen dem Franzosen Jean-Eric Vergne von hinten heftig ins Auto. Zum Glück blieben beide Fahrer unverletzt. Die „Bild Zeitung“ vermutete sogleich, dass der 43-Jährige übermüdet gewesen sei und titelte: „Sekunden-Schlaf im Nachtrennen?“
Die Schuldfrage war also schnell geklärt. Nicht so für Schumacher. „Ich kann mir das nicht erklärten“, sagte der 43-Jährige. Er habe nicht zu spät gebremst, eher einen Ticken früher, behauptete der Mercedes-Pilot. Seine Version, dass ein technischer Defekt diesen Crash ausgelöst haben könnte („Vielleicht war der Reifendruck zu niedrig oder der Wagen hat aufgesetzt“), glaubten die Rennkommissare nach einer Anhörung aber nicht. Kurz nach Mitternacht bestraften sie Schumacher als den Unfallverursacher. Beim nächsten Rennen am 7. Oktober im japanischen Suzuka muss der siebenmalige Weltmeister in der Startaufstellung zehn Plätze weiter zurück. Mercedes-Teamchef Ross Brawn nahm Schumacher in Schutz und sprach von einer „unglücklichen Verkettung der Umstände“.
Auch mit den Namen seiner Kollegen nimmt es Schumacher offenbar nicht mehr ganz so genau. „Es tut mir leid für Jean-Marc“, sagte er vor laufender Kamera. Das konnte den armen Jean-Eric Vergne auch nicht mehr schocken. Trotz des Desasters ging Schumacher später mit breiter Brust durchs Fahrerlager, so als habe er gerade das Rennen gewonnen. Doch seine Bilanz in dieser Saison ist niederschmetternd: sieben Ausfälle in 14 Rennen, 43 WM-Punkte und nur Platz zwölf in der Fahrerwertung.
Bei der Schweigeminute auf der Toilette
Für eine peinliche Panne hatte Schumacher vor dem Start gesorgt. Obwohl bereits seit Tagen feststand, dass eine Gedenkminute für den verstorbenen Watkins abgehalten wird, war Schumacher in diesem würdigen Augenblick ganz woanders. „Ich war auf dem WC, tut mir leid. Meine Gedanken waren aber bei Sid“, sagte er bei RTL.
Irgendwie schien Schumacher in Singapur nicht richtig bei der Sache zu sein, diesen Eindruck vermittelte er jedenfalls gleich mehrfach. Als Zeitunterschied zu Mitteleuropa gab er in einer Presserunde „acht oder sieben Stunden“ an – es sind sechs. Der Punkteabstand zwischen einem ersten und einem zweiten Platz (25:18, also sieben) war ihm offenbar auch nicht so geläufig. „Ich dachte, es sind fünf.“ Dafür verpasste ihm das Internetportal „motorsport-magazin.com“ einen neuen Spitznamen: Nach „Schummel Schumi“ und „Pech Michel“ ist er nun der „Schussel Schumi“.
Für einen neuen Vertrag war Singapur mit Sicherheit keine gute Werbung. Mercedes wird sich nach diesem Wochenende genau überlegen, ob und wie es mit Schumacher weitergehen soll. Angeblich ist der Rekordweltmeister als eine Art Berater oder Marken-Botschafter im Gespräch, falls sich Mercedes mit dem Wunschkandidaten Lewis Hamilton einig wird. So oder so: Es wird eng für Schumacher.