Witali Klitschko verteidigt WBC-Titel – „Tiger“ hält den Champion für „verwundbar“

Breslau. Ein Problem vieler Boxer hat Vitali Klitschko nicht: Dass er kein Ende findet mit dem Sport, weil er sonst nichts mit seinem Leben anzufangen weiß. Jetzt schon spielt der 40-Jährige mehrere Rollen. Als Politiker möchte er der Ukraine Demokratie, Wohlstand und Brot bringen, als Sportler ist er für die Spiele verantwortlich. Wie am Sonnabend wieder in Breslau, wenn der 40-Jährige seinen WBC-Titel im Schwergewicht gegen den Polen Tomasz Adamek riskiert.

Obwohl: An Risiko mag kaum einer glauben beim Kampf gegen den 34 Jahre alten Pflichtherausforderer, der sich innerhalb von vier Jahren aus dem Halbschwergewicht in die Königsklasse hochgefuttert hat und nun erst seinen siebten Schwergewichtskampf bestreitet. „Ich habe keine Zeit mehr für weitere Vorbereitungskämpfe“, sagt Adamek, „ich will beweisen, dass ein Pole Weltmeister im Schwergewicht werden kann.“

Den gab es tatsächlich noch nie. Andrew Golota verlor bei zwei Anläufen, Adamek ist jedoch der wesentlich bessere Boxer. Titel im Halbschwer- und im Cruisergewicht hat der Pole bereits eingesammelt. „Adamek ist nach Lennox Lewis der stärkste Gegner, den Vitali je hatte. Er ist schnell, technisch gut und kann hart schlagen“, urteilt Dariusz Michalczewski im „Hamburger Abendblatt.“

Der ehemalige Weltmeister im Halbschwergewicht mit deutschem und polnischem Pass ist immer noch ein Idol in seinem Geburtsland. „Adamek muss schnell angreifen und sofort wieder in die Distanz kommen. Dann ist Vitali verwundbar“, meint der „Tiger“. Der in 45 Kämpfen nur einmal bezwungene Herausforderer ist jedoch zwölf Zentimeter kleiner und etwa 15 Kilogramm leichter als Klitschko, der 39 seiner 42 Siege vorzeitig errang und nur zweimal wegen Verletzungen verlor.

„Ich wünsche Tomasz, dass er gesund bleibt“, sagte Klitschko. Seine letzten beiden Gegner Odlanier Solis und Shannon Briggs mussten aus unterschiedlichen Gründen nach dem Kampf ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Der Fight zieht rund 42.000 Zuschauer zur Eröffnung in das neu gebaute Fußballstadion von Breslau, in dem auch Spiele der Fußball-Europameisterschaft 2012 ausgetragen werden. Da passt es wunderbar, dass ausgerechnet je ein Vertreter der beiden Gastgebernationen Polen und Ukraine aufeinander einschlagen. In weit über 100 Ländern wird es TV-Bilder geben. Adamek soll laut polnischer Medienberichte umgerechnet über zwei Millionen Euro verdienen, die höchste Gage seiner Karriere.

„Ich bin extrem hungrig auf diesen Kampf und werde für alle Polen kämpfen, ob sie nun in der Heimat, in Amerika oder sonst wo leben“, erklärte Adamek. „Ob es ein K.o. wird, weiß ich nicht, aber ich werde gewinnen.“ Klitschko hat auf jeden Fall Respekt vor dem Herausforderer: „Es kommt im Boxen auf Herz und den Willen es zu schaffen an“, sagte Klitschko, „ich denke, das Adamek beides hat - im Gegensatz zu David Haye.“

Die Provokationen des Briten, der am 2. Juli gegen Vitalis Bruder Wladimir sang- und klanglos verloren hatte, ärgern den älteren Klitschko immer noch. Zu gerne würde er ihn dafür „bestrafen“. „Haye wäre noch ein reizvoller Gegner“, blickt Sdunek schon einmal voraus: „er könnte gegen Witali beweisen, ob er doch ein Kerl ist.“