Am Sonnabend trifft Vitali in Breslau auf den polnischen Herausforderer Tomasz Adamek. Der Weltmeister warnt vor der Technik des Gegners.

BERLIN/BRESLAU. Die Ohren erwarten ein Pfeifkonzert von 42.000 Boxfans, der Verstand warnt vor dem „schwersten Kampf der letzten Jahre“, die Gedanken kreisen um den verstorbenen Vater und das ukrainische Volk: Vitali Klitschko hat schon viele Schlachten geschlagen, doch der 45. Kampf seiner Profikarriere am Sonnabend (ab 22.10 Uhr/RTL) in Breslau gegen den polnischen Lokalmatador Tomasz Adamek ist für den WBC-Weltmeister in vielerlei Hinsicht eine besondere Herausforderung.

Vor allem das „Auswärtsspiel“ in der neuen Fußball-Arena sorgt für zusätzliche Anspannung. „Ich fühle mich in der Höhle des Löwen wohl“, sagt Klitschko jedoch. Wichtig sei nicht, wer beim Einmarsch in die Halle gefeiert wird, „sondern wer gefeiert wird, wenn man sie wieder verlässt.“

Doch Pflichtherausforderer Adamek, der zuvor schon Weltmeister im Cruiser- und Halbschwergewicht war, ist nicht nur wegen des Heimvorteils gefährlich. Klitschko schätzt dessen „Charakter und Technik“ und warnt: „Das wird der schwerste Kampf der letzten Jahre. Tomasz ist nach meinem Bruder und mir der derzeit beste Schwergewichtsboxer.“

Dennoch steigt „Dr. Eisenfaust“ beim ersten Schwergewichts-WM-Kampf in Polen überhaupt als klarer Favorit in den Ring. Den möglichen 43. Sieg seiner Karriere dürfte er seinem im Juli verstorbenen Vater widmen. Kurz nach der traurigen Nachricht hatte der Ukrainer über eine Absage des Kampfes nachgedacht, sich aber schnell dagegen entschieden. Der erste Kampf nach dem Tod des geliebten Vaters ist etwas Besonderes für Klitschko: „Er fehlt mir sehr. Das ist nach wie vor eine sehr schwere Zeit für meine Familie.“

Für den WBC-Champ ist es auch der erste Kampf seit seinem 40. Geburtstag am 19. Juli. Die Frage nach seinem Alter empfinde er mittlerweile als „verbalen Tiefschlag“, scherzt Klitschko, doch die verräterischen grauen Haare lassen sich nicht mehr verbergen. Im Kopf fühle er sich wie 40, „der Rest des Körpers fühlt sich deutlich jünger an.“

Auch prominente Ex-Boxer sehen in dem Alter kein Problem. „Zurzeit wird Witali nicht ans Aufhören denken, weil es einfach noch nicht nötig ist. Er ist nach wie vor in Top-Form“, sagt der frühere Box-Weltmeister Henry Maske. Axel Schulz, 1995 im WM-Fight Legende George Foreman unterlegen, meinte: „Wenn man Spaß und Freude am Boxen hat, sollte man auch weitermachen. Sonst stellt man sich irgendwann die Frage, was wäre, wenn man es doch gemacht hätte.“

Klitschko weiß, dass sich seine Zeit im Boxring dem Ende nähert. An alternativen Interessensfelder mangelt es nicht. Vor allem die politischen Verhältnisse in seinem Heimatland beschäftigen ihn stark. Seit der „Orangenen Revolution“ vor sieben Jahren ist kaum mehr Demokratie in die Politik eingezogen. „Die Entwicklung geht in eine äußerst gefährliche Richtung“, meint Klitschko, der im nächsten Jahr mit seiner Partei Ukrainische Demokratische Allianz (UDAR) an den Parlamentswahlen teilnehmen möchte: „Ich habe keine Angst, im Knast zu landen.“