Eines der Modelle sieht ein exklusives Ausstrahlungsfenster für Internet- und Mobilfunkfernsehen am Sonnabendabend vor.
Düsseldorf,. Die altehrwürdige ARD-Sportschau begeht gerade die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum - nun droht ihr das Aus. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) geht bei der Vergabe der Fernsehrechte der Fußball-Bundesliga ab der Saison 2013/14 neue Wege. Eines der beiden Modelle sieht ein exklusives Ausstrahlungsfenster für Internet- und Mobilfunkfernsehen am Sonnabend bis 21.45 Uhr vor. Damit droht der populären "Sportschau" der ARD, die am vergangenen Wochenende ihren 50. Geburtstag gefeiert hatte, am frühen Sonnabendabend das Aus. Das erfuhr das Handelsblatt (Dienstagausgabe) aus Unternehmenskreisen.
Durch attraktive Exklusivrechte für Web- und Mobil-Übertragungen will die DFL neue Bieter anlocken und damit höhere Preise erzielen. "Der Markt wird entscheiden, ob die Sportschau verschwinden wird", erfuhr das Handelsblatt aus Kreisen der Profiklubs. Die DFL wollte am Montag keine Stellungnahme abgeben.
Zwei Modelle sollen bei der neuen Ausschreibung ins Rennen gehen. Während die erste Variante unverändert eine Erstverwertung der Bundesliga-Highlights über alle Verbreitungswege am Sonnabend ab 18.30 Uhr vorsieht, könnte die gewohnte ARD-Sportschau am Samstagabend nach einem zweiten Modell ab 2013 wegfallen: Danach soll eine Art Web-Sportschau über das Internet ab 19 Uhr den frei empfangbaren Markt bedienen. Im klassischen Fernsehen wären erst ab 21.45 Uhr Zusammenfassungen zu sehen.
Hinter den Kulissen herrscht bereits großes Interesse an einer möglichen Vergabe einer Internet- und Mobilfunk-Sportschau. Der US-Internet-Konzern Yahoo ist bereit, in den Bieterwettbewerb einzusteigen. «Die Bundesliga-Rechte fürs Web sind für uns nach wie vor durchaus sehr interessant», sagte am Montag Heiko Genzlinger, Vize-Deutschlandchef von Yahoo, dem Handelsblatt. «Schon lange verzeichnet Online-Video-Content enorme Wachstumsraten, mit steigender Tendenz - es liegt also auf der Hand, wo es für Werbekunden und damit hier auch für die Bundesliga hingehen muss.»
Die Entscheidung, ob die Bonner Behörde dem neuen Modell der DFL grünes Licht geben wird, ist offen. Die Wettbewerbsbehörde befinde sich in der Prüfung der von der DFL vorgelegten Modelle. Die Befagung der Marktteilnehmer laufe noch, sagte ein Behördensprecher. In Kreisen des Profi-Fußballs herrsche hingegen große Zuversicht. «Eine einvernehmliche Lösung ist in greifbarer Nähe», sagt ein Manager. Insider erwarten eine Entscheidung in den nächsten sechs Wochen.
Bei der Vergabe der Bundesliga-Rechte in Pay-TV, frei empfangbarem Fernsehen, Internet und auf dem Handy geht es um viel Geld. Die Sender Sky, ARD, ZDF und Sport1 überweisen jährlich 412 Millionen Euro an die 36 Profiklubs. Den Löwenanteil zahlt der Bezahlsender Sky, eine Tochter des amerikanischen Medienriesen News Corp., mit 240 Millionen Euro.
Weitere knapp 100 Millionen kommen von der ARD, die sich dafür die Ausstrahlung der Samstags-Höhepunkte in der Sportschau ab 18 Uhr sichert. Die Deutsche Telekom zahlt für die IPTV- und Mobilfunk-Rechte 25 Millionen Euro. Weitere 20 Millionen kommen vom ZDF sowie zehn Millionen vom Münchener Privatsender Sport 1, eine Tochter der Constantin Medien, an der Medienmogul Leo Kirch maßgeblich beteiligt ist.
50 Jahre Sportschau: Es begann mit Altona 93
Da konnte Clarence, der schielende Löwe, so schief gucken wie er wollte. Gegen die zeitgleiche Sportschau hatte Daktari am frühen Sonnabendabend in vielen Familien das Nachsehen. Das erste große Duell der TV-Geschichte zwischen ARD und ZDF ist fast vergessen, die Tierserie reine Nostalgie. Doch den Sport-Klassiker der ARD gibt es noch immer. „Sie ist eine echte Instanz“, urteilte Moderator Gerd Delling über die Sportschau, die seit 50 Jahren ein Pflichtprogramm für alle Fußballfans ist und auch im Zeitalter von Internet und Pay-TV eine Zukunft besitzt.
An der Philosophie „kompakt, kompetent und kurzweilig“ hat sich, glaubt man den Sportschau-Machern, nicht viel geändert. „Wir sind beim puristischen Sport geblieben, mit wenig Schnickschnack“, sagte Delling. Zum 50. Jubiläum am 4. Juni 2011 plant die ARD eine vorgezogene Geburtstagsshow an diesem Sonnabend (18.00 Uhr) und eine lange Nacht im WDR-Fernsehen am 4. Juni (22.45 Uhr). Als Gastgeber führen Anne Will, erste Frau im Moderatoren-Team, und Ernst Huberty, Mann der ersten Stunde, durch die Geburtstags-Party. Gratulanten sind unter anderem Franz Beckenbauer, Uwe Seeler und Meistertrainer Jürgen Klopp.
„Wir haben ganz bescheiden angefangen. 1961 hatte der Sport keinen großen Stellenwert“, erinnerte der 84-jährige Huberty an die Anfänge der Kultsendung. Ein paar Filmchen in Schwarz-Weiß über Handball, Rudern, Radrennen und Sandbahnfahren, gesendet am Sonntagabend um 21.45 Uhr, mehr war zunächst nicht drin. Der Fußball tauchte erstmals nach acht Sendungen auf, mit der Partie Tasmania Berlin – Altona 93. Mit der Gründung der Bundesliga 1963 begann auch der Siegeszug der Sonnabend-Sportschau – auch wenn bis in die 80er-Jahre hinein nur Ausschnitte von drei Spielen gezeigt werden durften.
Die Sportschau war populär, Erfindungen wie das „Tor des Monats“ oder das Fußball-Ballett steigerten die Beliebtheit. Moderatoren wie Huberty, Addi Furler, Hans-Joachim Rauschenbach, Gerd Rubenbauer oder Heribert Faßbender prägten die Sendung. Die Einschaltquoten waren hoch. Zwischen 10 und 15 Millionen Menschen saßen zur „heiligen Sportschau-Zeit“ vor dem Bildschirm. Die Messmethoden von heute gab es damals nicht. „Die Sendung war fast die einzige Informationsquelle“, sagte Ex-Nationalspieler Günter Netzer.
Das Privatfernsehen veränderte die TV-Landschaft gravierend. 1988 stieg zunächst RTL mit ins Bundesliga-Boot. 1992 erwarb Sat.1 die Bundesliga-Erstrechte im Free TV und verdrängte die Sportschau in die zweite Reihe. Das Erste schaffte 2003 ein bemerkenswertes Comeback und sicherte sich – auch mit Unterstützung des Kartellamtes – bei der zurückliegenden Ausschreibung die begehrten Bundesliga-Rechte bis 2013 von der Deutschen Fußball Liga (DFL). Die durfte ein Paket ohne eine Free-TV-Zusammenfassung vor 20.00 Uhr gar nicht erst vorlegen.
Dabei ist die Sportschau der DFL kein Dorn im Auge. Der durch Werbeblöcke, Clips, Grafiken oder Video-Animationen modernisierte TV-Klassiker erzielt regelmäßig gute Einschaltquoten. In der gerade beendeten Saison sahen im Schnitt 5,62 Millionen Menschen die Sonnabend-Zusammenfassung, trotz der Konkurrenz des Pay-TV-Senders Sky und des neu eingeführten Spiels um 18.30 Uhr. Die DFL wünscht sich aber mehr Konkurrenz und mehr Geld von der ARD, die derzeit rund 100 Millionen Euro für ihre Fußball-Rechte ausgibt.
ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky blickt den bevorstehenden Verhandlungen über die Rechte ab der Saison 2013/14 zuversichtlich entgegen. „Die Sportschau ist dank ihrer Tradition, ihrer verbraucherfreundlichen Sendezeit und den hohen redaktionellen sowie technischen Standards ein Garant dafür, die Bundesliga einem breiten Publikum zugänglich zu machen“, sagte Balkausky.
Personell wird das aktuelle Moderatoren-Team mit Delling und Reinhold Beckmann in der nächsten Saison durch Matthias Opdenhövel verstärkt. Der 40-Jährige, der Monica Lierhaus ersetzt, sprach für viele TV-Zuschauer, als er seine neue Aufgabe beurteilte: „Ich war immer ein Fan der Sportschau, seit ich Fernsehen gucken durfte. Alle, die in dieser Sendung aufgetaucht sind, waren meine Helden.“ (síd/abendblatt.de)