Schalkes Sportdirektor Horst Heldt stellte das 0:1 der Könisgblauen bei Twente Enschede mit seiner Wutrede völlig in den Schatten.

Enschede. Horst Heldt geriet vor Wut fast außer Atem, als er auf den Spuren von Giovanni Trapattoni und Rudi Völler wandelte. Wie einst der Bayern-Coach und der DFB-Teamchef holte der Sportdirektor von Schalke 04 in den Katakomben des Stadions „De Grolsch Feste“ zu einem verbalen Rundumschlag aus, der selbst in der bewegten S04-Geschichte seinesgleichen sucht.

Nach dem bitteren 0:1 (0:0) im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League bei Twente Enschede beschimpfte Heldt Schiedsrichter und Offizielle als „Pappnasen“, „Heinis“ und „Amateure“. Konsequenzen? „Und wenn schon!“

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Heldts Tirade, wenn auch etwas leiser im Ton als die legendären von „Trap“ und „Tante Käthe“ und wohl auch weniger spontan dargeboten, hatte es in sich. „Die Idee der Uefa war: noch zwei Schiedsrichter mehr, um die Situation besser in den Griff zu kriegen. Aber einen Scheißdreck kriegen die in den Griff, gar nichts!“, schimpfte der sonst gerne diplomatische Manager und ließ den einzigen Satz folgen, den er an diesem Abende nicht ganz so ernst meinte: „Dann sollen sie ihren Wettbewerb halt alleine spielen!“

Ursprung des Heldt'schen Zorns, der selbst den des knurrigen Trainers Huub Stevens („Das war der Pfiff des Jahres, lächerlich!“) locker in den Schatten stellte, war eine Fehlentscheidung von Schiedsrichter Craig Thomson in der 60. Minute. Der Schotte zeigte Schalkes Abwehrchef Joel Matip nach einer vermeintlichen Notbremse gegen Luuk de Jong die Rote Karte und gab Elfmeter.

Der Referee lag falsch, wie die Fensehbilder bewiesen: Sollte es überhaupt einen minimalen Kontakt gegeben haben, dann außerhalb des Strafraums. Doch der Assistent an der Seitenlinie wollte Thomson auch nach Rücksprache nicht korrigieren. Der Torrichter an der Grundlinie, den die Europäische Fußball-Union (Uefa) derzeit in allen Spielen der Europa- und Champions League testet, reagierte überhaupt nicht.

Heldt: „Und später sagen sie, tut uns leid, Tatsachenentscheidung. Da krieg ich das Kotzen, die Krätze.“ De Jong, der mehr über seine eigenen Beine gestolpert war, verwandelte den Strafstoß sicher zum Endstand.

"Was macht denn dieser Heini da? Dieser Torrichter?“, fragte Heldt und war nur noch „frustriert und fertig“ über das „permanent arrogante Auftreten“ und die „fehlende Einsicht“ der Funktionäre: „Hauptsache, die sitzen da oben in ihren dicken Sesseln und wollen den Fußball revolutionieren - mit einem fünften oder sechsten Schiri!“

Einmal in Fahrt, wetterte der ehemalige Mittelfeld-Regisseur sogar über den Strafenkatalog der Uefa, der auch für Marginalien Geldbußen vorsieht. „Aber kommst Du eine Sekunde zu spät ins Stadion, zücken die sofort die Brieftasche. Mit solchen Sachen beschäftigen die sich! Das ist so lächerlich! Ich sage schon immer, 'komm, lass uns extra zu spät kommen!'“

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Dass nicht der eigentliche Königsblaue fürs Grobe, Huub Stevens, die Abteilung Attacke anführte, lag wohl an der Tatsache, dass das Team in der Heimat seines Cheftrainers nach zwei Niederlagen in Folge eine zumindest kämpferisch einwandfreie Leistung abgeliefert hatte. „Ich bin wütend auf alle, auf die ganze Welt!“, blaffte der „Knurrer von Kerkrade“ einen niederländischen Journalisten an, konnte sich dabei ein Lächeln aber nicht verkneifen. Zu erleichtert war er wohl, dass seine Elf den zuvor von Heldt ausgerufenen Charaktertest bestanden hatte, auch wenn in der Offensive kaum etwas funktionierte.

Die Spieler ließen keine Zweifel daran, dass sie mit der „Jetzt-erst-recht-Haltung“ (Heldt) ins Spiel gegen den Hamburger SV am Sonntag aber vor allem ins Rückspiel gegen Twente am kommenden Donnerstag gehen werden. „Wir sind alle brutal heiß, weil wir nicht durch so eine Entscheidung ausscheiden wollen“, sagte Torwart Timo Hildebrand. Dann könnte auch Top-Torjäger Klaas-Jan Huntelaar, der in Enschede wegen einer Gehirnerschütterung passen musste, wieder dabei sein. Lewis Holtby kündigte an: „Mit 60.000 im Rücken brennen wir ein Feuerwerk ab." (abendblatt.de/sid)

Statistik

Enschede: Mihaylov - Rosales, Douglas, Wisgerhof, Cornelisse - Fer, Brama, Janssen (85. Bajrami) - John, de Jong, Chadli. - Trainer: McClaren

Schalke: Hildebrand - Uchida, Papadopoulos, Matip, Fuchs - Jones - Höger, Holtby (90.+3 Moritz) - Raul (90. Escudero) - Obasi (82. Draxler), Marica. - Trainer: Stevens

Schiedsrichter: Craig Thomson (Schottland)

Tor: 1:0 de Jong (61., Foulelfmeter)

Zuschauer: 30.000

Beste Spieler: Wisgerhof, de Jong - Hildebrand, Jones

Rote Karte: Matip nach einer Notbremse (60.)

Gelbe Karten: Janssen (2) - Hildebrand, Escudero