Beim Drittligaspiel zwischen dem SV Sandhausen und Holstein Kiel gab Schiedsrichter Michael Kempter ein gelungenes Comeback.

Sandhausen. Als FIFA-Schiedsrichter Michael Kempter sein erstes Spiel seit dem Sitten-Skandal um Manfred Amerell mit Bravour gemeistert hatte und den Weg in die Kabine antrat, brandete auf den Zuschauerrängen in Sandhausen tosender Applaus auf. «Da lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Das hat mich beeindruckt. Denn es war ein ganz außergewöhnliches Spiel für mich. Der Druck war brutal. Deshalb bin ich froh, dass alles so gut gegangen ist», sagte Kempter nach seinem gelungenen Comeback beim Drittligaspiel zwischen dem SV Sandhausen und Holstein Kiel (1:1).

59 Tage nach Bekanntwerden der Affäre Amerell pfiff Kempter in der nordbadischen Provinz, als habe er nie pausiert. Allerdings hatte Kempter bei seiner Rückkehr vor kleiner Kulisse auch leichtes Spiel. «Er hat die Rückkehr souverän gemeistert. Ich wäre froh, wenn er jedes Wochenende 3. Liga pfeifen würde», sagte Kiels Trainer Christian Wück.

Auch die nur 1370 Zuschauer im idyllischen Sandhausener Hardtwaldstadion, zumeist Familien mit Kindern, hielten sich mit verunglimpfenden Sprechchören zurück. Weit weg von der Bundesliga, wo er zuletzt am 17. Januar das 1:0 von Schalke 04 gegen den 1. FC Nürnberg geleitet hatte, feierte Kempter ein entspanntes Comeback. Dabei präsentierte sich Kempter sowohl psychisch als auch physisch stark.

Der Bankkaufmann musste allerdings auch kaum in die äußerst faire Partie zwischen Sandhausen und Kiel eingreifen. Grobe Fouls waren nicht zu sehen. Die erste Gelbe Karte gegen Sandhausens Alexander Eberlein in der 25. Minute war jedoch überzogen. Eine Minute zuvor hatte Kempter den Gastgebern zurecht einen Elfmeter verweigert. Massive Fehlentscheidungen unterliefen dem jungen Schiedsrichter ohnehin nicht. Das Ergebnis war dennoch nur Nebensache: Das 1:0 für Kiel erzielte Massimo Cannizzaro in der 48. Minute, für den Ausgleich sorgte Regis Dorn (85.).

Um Punkt 12.52 Uhr hatte Referee Kempter gemeinsam mit seinen Assistenten Sascha Stegemann und Nikolaus Athanassiadis zunächst die Spielstätte begutachtet, bevor er mit einem Lächeln auf dem Gesicht dem Anpfiff entgegenfieberte. Beschützt wurde Kempter von einem bis zum Hals tätowierten Bodyguard, der vor allem wegen eines möglichen Auftauchens von Amerell engagiert worden war. Zudem hatte sich die Sandhausener Polizei vor den Einlasstoren aufgebaut, um die Ordner beim Durchsuchen der Zuschauer zu unterstützen. Jegliche Banner mit Sprüchen gegen Kempter konnten damit erst gar nicht in das Stadion gelangen.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte erst am Freitag kurz vor dem Bundestag bekannt gegeben, dass Kempter trotz der schwelenden Affäre um Amerell wieder eingesetzt wird. Zwei Tage zuvor hatte Kempter einen Leistungstest bestanden. Zudem hatte sich DFB-Boss Theo Zwanziger das Okay von Kempters Psychologen geben lassen. «Sein Psychologe hat mir eine SMS geschickt, dass er wieder voll einsatzfähig ist. Ich habe die SMS aufgehoben - falls ich sie noch einmal brauche», sagte Zwanziger mit Blick auf Amerell, der angebliche SMS von Kempter veröffentlicht hatte.

Amerell selbst hatte am Freitag die Nominierung von Kempter für das Spiel in Sandhausen als Skandal bezeichnet. «Diese Ansetzung passt zum System Zwanziger, der alles tut, um seinen Kopf zu retten. Für einen Schiedsrichter ist es wichtig, ehrlich und glaubwürdig zu sein. Das ist Kempter nicht», sagte Amerell dem SID.