Der DFB und Manfred Amerell haben sich außergerichtlich geeinigt. Eine geplante Anhörung fand nicht statt, Amerell zog seinen Antrag zurück.
München/Frankfurt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat sich am Donnerstag im Schiedsrichter-Skandal außergerichtlich mit Manfred Amerell geeinigt und darf in Bezug auf den zurückgetretenen früheren Schiedsrichterbeobachter weiter von "sexueller Belästigung"sowie "Übergriffen"auf andere Unparteiische sprechen. Damit hat sich auch der in der "Amerell-Affäre" in die Kritik geratene DFB-Präsident Theo Zwanziger, der zuvor sogar mit Rücktritt gedroht hatte, wieder etwas Luft verschafft.
Amerell zog seinen Antrag auf Unterlassung der Aussagen im Vorfeld der Verhandlung vor dem Landgericht München I zurück. Im Gegenzug bekommt er Einsicht in die eidesstattlichen Versicherungen der vier Unparteiischen um Schiedsrichter Michael Kempter, die ihn belastet hatten. Amerell darf die Namen der Referees, die anonym bleiben wollen, aber nicht öffentlich machen. Bei Zuwiderhandlung droht ihm eine Strafe in Höhe von 25.000 Euro.
Richter Peter Lemmers verkündete den Vergleich vor 150 Medienvertretern und Zuschauern im Saal 270 des Justizpalastes um 15.00 Uhr. "Es waren lange und intensive Verhandlungen. Beide Seiten waren bemüht, friedlich miteinander umzugehen", sagte Lemmers. Im Anschluss verließen beide Parteien ohne Kommentare den Gerichtssaal durch einen Hinterausgang.
Zwanziger, der im Landgericht nicht persönlich vertreten war, hatte zuvor seine Zukunft als DFB-Boss mit dem Ausgang der Auseinandersetzung mit Amerell verknüpft. "Wenn wir diesen Prozess verlieren, muss ich selbstverständlich sofort von meinem Amt als DFB-Präsident zurücktreten. Dieser Fall träte ein, wenn die Aussagen aller jungen Schiedsrichter, die wir zu schützen haben, und ihre eidesstattlichen Erklärungen falsch wären. Denn dann wäre Herr Amerell das Opfer", hatte Zwanziger dem Fachmagazin kicker am Rande des Länderspiels zwischen Deutschland und Argentinien (0:1) gesagt.
Doch nach dem Punktsieg vor Gericht ist nun wohl auch Zwanziger wieder gefestigter. Im DFB-Präsidium wurde dennoch darüber nachgedacht, für den 30. April einen außerordentlichen Bundestag einzuberufen. Dort sollen möglicherweise Satzungsänderungen im Schiedsrichterwesen verabschiedet werden. Eine Entscheidung über die Einberufung eines außerordentlichen DFB-Bundestages könnte bei der Präsidiumssitzung am Freitag kommender Woche fallen.
Trotz der außergerichtlichen Einigung bleiben viele Fragen weiter offen. So liegt der Süddeutschen Zeitung eine Mail von Kempter an Amerell vom 21. Oktober 2008, drei Tage nach dem Erstligaspiel zwischen Werder Bremen und Borussia Dortmund, vor. Darin soll von «Schatz» und «gemeinsam verbrachter Zeit» die Rede sein. Damit wäre die Glaubwürdigkeit von Kempter beeinträchtigt.
Amerell hatte Kempter im Vorfeld der Einigung erneut scharf attackiert. "Kempter hat mich für seine eigenen Motive, für seine Karriere benutzt", sagte Amerell dem TV-Sender Sat.1: "Ich unterstelle Kempter, dass er in einer Dreistigkeit lügt, wie ich es in meinem Leben noch nicht gehört habe." Kempter genießt bislang weiter die Rückendeckung vom DFB, obwohl es gegen den 27-Jährigen aus Sauldorf selbst einen Vorwurf eines Schiedsrichterassistenten gibt, dass Kempter sich diesem am 13. Mai 2009 "genähert" haben soll. Kempter bestreitet dies, der DFB schenkt ihm Glauben. Es gebe keinen Fall Kempter, sagte Ralf Köttker, Geschäftsführer Medien beim DFB. Kempter soll vielmehr am Sonntag auf den Fußball-Platz zurückkehren. Er soll wahrscheinlich die Zweitliga-Partie Union Berlin gegen den MSV Duisburg leiten.