Top-Torjäger erlebte auf dem Weg zum ZDF einen Horrorflug. Aufsichtsratschef Horst Becker schickt Grüße an Borussia Dortmund: “Das war ein genialer Tausch gegen Zidan.“ Hier sehen Sie Bilder vom 17. Spieltag.

Hamburg. Es gibt ja diese abgedroschene Fußballweisheit, dass Spiele im Kopf entschieden werden. Beim HSV hat dieser Spruch nur noch leicht abgewandelt seine Gültigkeit: In Hamburg werden Spiele mit dem Kopf entschieden - durch Mladen Petric.

Gegen Eintracht Frankfurt setzte der Kroate seine langsam unglaublich anmutende Serie fort und traf mit seinem kahl rasierten Schädel zum 1:0-Sieg. Auch gegen Mönchengladbach (1:0), Energie Cottbus (2:1), Borussia Dortmund (2:1) und den 1. FC Köln (2:1) führte der Stürmer die Hamburger mit seinen Kopfballtoren zum Sieg.

Wo würde der HSV ohne seine Treffer bloß stehen? Wohl nur im grauen Mittelmaß. Seine acht Treffer in der Hinrunde waren 13 Punkte wert. Rechnet man seine Torvorlagen gegen den KSC (2:1), Dortmund und Bochum hinzu, steigt der Wert sogar auf 17 Punkte.

"Mladen hat heute sein vielleicht bestes Spiel für den HSV gemacht", lobte Trainer Martin Jol seinen Punktelieferanten. "Er war in der Luft hervorragend. Bei ihm weiß man, wenn er eine Chance bekommt, dann ist es fast immer ein Tor. Und das ist für das Selbstvertrauen einer Mannschaft sehr gut."

Petric, der als Jugendlicher seine Sprungkraft mit Basketball trainierte und sein hervorragendes Kopfballspiel mit "gutem Timing" begründet, macht die HSV-Verantwortlichen glücklich: "Ich bin heute noch Borussia Dortmund dankbar, das war ein genialer Tausch", schickte Aufsichtsratschef Horst Becker strahlend Grüße Richtung BVB, der im Gegenzug den in Hamburg unglücklichen Mohamed Zidan aufnahm.

Dank Petrics Toren konnten - wie am Wochenende gegen die Eintracht - die eklatanten spielerischen Schwächen des HSV-Teams kaschiert werden. Selbstkritisch räumte auch der Torjäger ein: "Ich hätte mir gewünscht, dass wir wieder mal ein Spiel klar nach Hause schaukeln und nicht bis zur 90. Minute zittern müssen." Zwar ist die Punkteausbeute "optimal", wie auch HSV-Chef Bernd Hoffmann, der eine Nachbesserung des Angebots für Ivica Olic ausschloss, befand. Mit nun 33 Punkten können die Hamburger am ersten Spieltag der Rückrunde Bayern München (35 Zähler) überholen. Doch Petric warnte vor falscher Euphorie und realitätsfernen Erwartungen: "Es ist zwar gut, dass wir den Abstand verkleinert haben, aber wir sollten den Ball flach halten, schließlich hat die Hinrunde gezeigt, dass wir noch die eine oder andere Baustelle haben. Uns hat die Konstanz gefehlt, vor allem auswärts. Erst wenn alles stimmt, dürfen wir nach oben schauen."

Welche Baustellen meint er genau? "Das Verletzungspech, der eine oder andere Spieler ist noch nicht ganz angekommen, spielerisch müssen wir uns verbessern, uns mehr Torchancen erarbeiten. Wir würden den Fans gerne mehr bieten, aber das ist nicht immer möglich."

Auch für Jol ist das Thema Meisterschaft kein Thema. Von der Balance her sei Bayer Leverkusen für ihn die beste Mannschaft der Liga, analysierte er. Der HSV hingegen müsse "immer puzzeln, weil uns drei, vier Spieler nicht zur Verfügung stehen". Der HSV sei zu abhängig von seinen Stürmern (Petric und Olic), dem Niederländer fehlt die Torgefährlichkeit aus dem Mittelfeld: "Da ist noch viel Luft nach oben. Erst wenn wir in diesem Bereich nachbessern, dürften wir sagen: Ja, wir haben Chancen auf den Titel."

Die Fakten unterstreichen Jols These: Piotr Trochowski kam in der Hinserie auf drei Treffer, David Jarolim nur auf einen. Dennoch zog der HSV-Trainer ein äußerst positives Fazit seiner ersten sechs Monate in Hamburg: "In der letzten Hinserie hat der HSV mit Rafael van der Vaart nur 32 Punkte geholt, das ist ein Kompliment an die Truppe."

Beeindruckend war vor allem die Heimstärke. Nur Hoffenheim konnte - bei allerdings neun Spielen - mit 23 Punkten einen Zähler mehr erobern als der HSV, der sieben Siege und ein Remis (1:1 gegen Schalke) einfahren konnte.

"Wenn ich sehe, dass wir das mit so vielen jungen Leuten wie Boateng, Aogo, Trochowski oder Jansen erreicht haben, dann empfinde ich das als optimal", sagte Jol. Sollte am Mittwoch gegen Aston Villa (20.45 Uhr, ZDF live) noch Platz eins in der Uefa-Cup-Gruppe F verteidigen, würde das Jahr für den HSV tatsächlich so erfolgreich enden, wie es kaum jemand für möglich gehalten hätte. Mit einem unglaublich effektiven Petric sollte das jedoch kein Problem sein. Ihm gelingt schließlich derzeit alles. Auch im ZDF-"Sportstudio" reichte ihm ein Treffer an der Torwand zum Sieg.

Und das trotz einer mehr als furchteinflößenden Anreise. In der Propellermaschine mit sechs Sitzen, die den Kroaten am Sonnabend von Hamburg nach Mainz brachte, gab es in knapp 10.000 Metern Höhe einen Druckabfall, weil ein Ventil defekt war. Der Pilot korrigierte die Flughöhe sofort auf 3000 Meter Höhe, um das Druckgefühl für die Passagiere erträglich zu gestalten. Petric und die anderen Fluggäste kamen mit Kopfschmerzen und einem gehörigen Schreck davon. "Todesängste hatte ich nicht", sagte Petric, "aber ich habe ganz schön geschwitzt!"