Er ist ein Familienmensch, das dokumentierte Uwe Seeler auch an seinem gestrigen Ehrentag. Zur Verleihung des "Ehrenpreises für das Lebenswerk" hatte "Uns Uwe" nicht nur seine Frau Ilka in die Börsensäle der Handelskammer mitgebracht, sondern auch seinen Schwiegersohn Mete sowie seine drei ältesten Enkelkinder Justine (16), Ina (12) und Timo (11). Und wie in seinem bisherigen Leben gab sich das HSV-Idol bescheiden. "Ich freue mich riesig über die Auszeichnung und darüber, daß man mich noch nicht ganz vergessen hat", sagte der Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft.
Dabei ist es relativ schwierig, einen wie ihn, der im Fußball nahezu alles erreicht hat, zu vergessen. Und für sehr viele Menschen ist Uwe Seeler deshalb von Kindesbeinen an ein wirklicher Held.
So auch für Olli Dittrich. Der Komödiant, Schauspieler und dreifache Grimme-Preisträger hielt die Laudatio für sein großes Idol und tat dies in unnachahmlicher Weise. Erst einmal wollte er den Gästen eigentlich erzählen, daß Uwe Seeler in 72 Länderspielen 43 Tore, in 239 Bundesligaspielen 137 Tore und als Jugendspieler über 600 Tore für den HSV geschossen hat. Daß er fünfmal Torschützenkönig in Deutschland war und an vier Weltmeisterschaften teilgenommen hat. Daß er 40mal Kapitän der deutschen Nationalmannschaft war und heute deren Ehrenspielführer ist.
Doch dann entschied sich Dittrich für eine Live-Radioreportage des NDR aus dem Jahr 1965, als sich Seeler in Frankfurt die Achillessehne riß, vom Platz getragen wurde und für ihn ein junger, völlig unbekannter Spieler eingewechselt wurde. Dieser Bursche traf kurz vor Schluß per Volleyschuß zum 2:1 nach einer Flanke von "Charly" Dörfel. Sein Name: Dittrich. Dann wachte genau dieser Dittrich aus seinem Traum auf und sagte: "Ich tat es für Uwe!" Die Gäste applaudierten tosend.
Für Olli Dittrich, bekannt geworden durch "Samstag Nacht", "Die Doofen", "Blind Date" und "Dittsche - das wirklich wahre Leben", ging es vor allem um seine Beziehung zu Seeler.
Den er schon als kleiner Junge verehrte, der es als Linksaußen von TuS Alstertal immerhin bis in die A-Jugend-Leistungsklasse schaffte und heute als HSV-Dauerkartenbesitzer über den aktuellen Zustand der Doll-Truppe stets bestens informiert ist. Dittrich, der in seiner "Dittsche"-Sendung Uwe Seeler auch schon einmal für die Rolle von "Schildkröte" als (fast) stummer Zuhörer im Imbiß am Eppendorfer Weg gewinnen konnte, erinnerte sich daran, wie er einmal als kleiner Buttje nach dem HSV-Training auf seinen "Hero" gewartet hat.
In der einen Hand das hellblaue "Aral"-Sammelalbum der Fußball-WM 1966 in England, in der anderen einen Kugelschreiber. Der kleine "Olli" stand da also am HSV-Trainingsgelände am Rothenbaum, es war saukalt, und Uwe Seeler ließ lange auf sich warten. Als er dann endlich nach dem Duschen aus der Kabine kam, war das Schreibgerät eingefroren, und als Uwe sein Autogramm auf das Bildchen setzen wollte, gab es nur noch ein lahmes Kratzen. "Kauf dir mal 'nen anständigen Stift, Junge!" hat Uwe gesagt - und diesen Satz, so Olli Dittrich gestern, "werde ich nie vergessen". Das Aral-Sammelalbum mit den vielen Fußballbildern hat er heute noch, und die hingekratzte Unterschrift seines Idols existiert ebenfalls.
Der Schauspieler und sein Held - es war eines von vielen schönen Bildern gestern. Gut möglich übrigens, daß Dittrich, der auch Musiker ist, Uwe Seeler demnächst den Rang ablaufen wird. Als Schlagzeuger der Band "Texas Lightning" will er am 9. März im Schauspielhaus die Qualifikation gewinnen, um beim Grand Prix für Deutschland an den Start zu gehen. Und dann könnte es sein, daß Dittrich "zwölf Punkte" kassiert. Das hat Uwe in einem Spiel nie geschafft . . .