Im Hinspiel war der HSV-Profi noch der gefeierte Torschütze zum 1:0. Jetzt muss der Hamburger zuschauen, wie Marcell Jansen auf seiner Position Pluspunkte sammelt: “Ich muss mich immer wieder neu beweisen.“
Leipzig. Der 15. Oktober 2008 war für Piotr Trochowski ein ganz besonderer Tag: In Mönchengladbach erzielte der Hamburger den Siegtreffer zum 1:0 im WM-Qualifikationsspiel gegen Wales. Der Treffer, in der ARD zum "Tor des Monats" geadelt, ist in diesen Länderspiel-Tagen oft im TV zu sehen. Doch der Schütze hat ihn sich nicht mehr angeschaut. Trochowski: "Ich kann mich bestens daran erinnern, aber das ist abgehakt. Ich schaue nach vorne."
Dem Hamburger war beim Gesprächstermin gestern mit dem Abendblatt deutlich anzumerken, wie sehr er auf einen neuen großen Moment brennt. Zumal es doch wieder gegen Wales geht - in Cardiff morgen (20.45 Uhr, ARD live) im nächsten WM-Qualifikationsspiel.
Nur: Diesmal sind die Voraussetzungen ungleich schwieriger. Trochowski konnte in den vergangenen Tagen wegen seiner Bänderdehnung im rechten Knie zunächst nicht mal mit den Kollegen trainieren. Kurzzeitig wurde sogar über eine Abreise diskutiert. Gestern war er nun wieder so fit, dass er gemeinsam mit der Mannschaft den Flug LH 5010 von Leipzig nach Cardiff antreten konnte.
"Die ersten Tage waren katastrophal, es ging vom Fahrradfahren zum Laufen und umgekehrt. Seit zwei Tagen nehme ich aber wieder am Mannschaftstraining teil. Nur beim Schießen merke ich die Verletzung noch", sagt Trochowski, der dennoch auf einen Einsatz hofft. Er werde das Abschlusstraining abwarten, schauen, wie das Knie auf die Belastung reagiert, und dann warten. "Die Chance, dass ich reinkomme und noch mal ein Tor schieße, gibt es immer."
Nach dem (Tor-)Erfolg mit dem DFB im Borussia-Park stiehlt ihm jedoch ausgerechnet ein gebürtiger Mönchengladbacher derzeit die Show: Vereinskollege Marcell Jansen brachte sich auf Trochowskis Stammposition gegen Liechtenstein eindrucksvoll in Erinnerung, während dieser auf der Tribüne fror.
"Marcell hat gut gespielt, keine Frage. Und jetzt muss man mal sehen, wie es weitergeht", lobt Trochowski, der in den vergangenen Spielen auf der linken Seite gesetzt war, mit Philipp Lahm ein spritziges und ideenreiches Duo gebildet hatte. Und nun auf einmal Lahm/Jansen? "Ich habe damit wirklich kein Problem. Ich hatte bis jetzt immer gespielt, habe meine Leistung gebracht. Man muss sich als Nationalspieler ja immer wieder beweisen, muss sich durch gute Spiele im Verein anbieten, so ist diese Situation jetzt auch", sagt er. Gesprochen hat er mit Marcell Jansen aber noch nicht über diese Problematik, nicht einmal geflachst: "Dazu gibt es keinen Bedarf. Jeder versucht in die Mannschaft zu kommen. So ist das." Trochowski könnte natürlich auch rechts spielen, dort, wo Bastian Schweinsteiger zum Einsatz kommt, aber davon will der HSV-Mittelfeldspieler nichts wissen: "Zur Not ginge das, keine Frage, aber es hat links mit Philipp bestens funktioniert, warum sollte man das jetzt kaputt machen?"
Dass Trochowski aber trotz seines Talents immer wieder um seine Position kämpfen muss, zieht sich durch seine Karriere. Während er unter Hu ub Stevens schlechte Karten hatte, setzt Martin Jol prinzipiell auf den Mittelfeldspieler - und beorderte ihn dennoch auch mal auf die Bank.
Dass der HSV mit Marko Marin (schon wieder ein Mönchengladbacher!) in der jüngsten Vergangenheit heftig flirtete, dürfte Trochowski ebenfalls nicht mit Freude registriert haben, schließlich wäre der Borussen-Profi eine direkte Konkurrenz - sofern nicht Trochowski trotz eines bis 2011 laufenden Vertrags den Verein verlassen wollte.
Nach dem Länderspiel gegen Norwegen hatte Trochowski Anfragen aus dem Ausland bestätigt. Gestern äußerte er sich zurückhaltend: "Ich habe einen Vertrag bis 2011, das ist klar. Was in ein paar Jahren ist, kann ich heute noch nicht beurteilen. Klar könnte ich mir vorstellen, dass ich irgendwann mal bei einem großen Klub im Ausland spiele, aber was passieren wird, das ist offen."
Darf er gegen Wales nicht ran, muss der Energiestau eben am Sonnabend gegen Hoffenheim behoben werden. "Ich sage seit Monaten: Wir können einen Titel gewinnen, davon bin ich absolut überzeugt."