Die Ablösesummen schlagen alle Rekorde. 120 Millionen Euro bot Manchester City für Kaka, Star des AC Mailand. Das Geschäft scheiterte. Der Wechsel von Nigel de Jong zu ManCity bringt den HSV 19 Millionen Euro. Ihre Meinung ist gefragt.
Holger Stanislawski sagte im Gespräch mit dem Abendblatt, dass für ihn dieses Geschäft inzwischen "pervers" ist. Nun diskutiert die Bundesliga. Lesen Sie die überraschenden Antworten von Trainern und Managern.
Martin Jol, Trainer Hamburger SV "Natürlich ist es in England beispielsweise eine ganz andere Philosophie. Die Engländer sind da nicht so zimperlich. Da freuen sich die Fans über die Stars. Solange das Geld wieder reinkommt, sind die Diskussionen egal. Und es kann auch funktionieren, wenn - wie beim Beispiel Manchester City - die Philosophien des Investors und der sportlichen Leitung übereinstimmen."
Lucien Favre, Trainer Hertha BSC Berlin "Grundsätzlich gebe ich Holger Stanislawski Recht. Doch dieses Problem gibt es für mich schon länger, und die finanzielle Entwicklung geht zu weit. Unabhängig von Nigel de Jong, der ein sehr guter Spieler ist, ist der Markt das Problem, nicht der Spieler. Jeder, der im Fußball arbeitet, ist mitverantwortlich. Viele durchschnittliche Spieler bekommen zu viel Geld, und viel zu früh verdienen junge Spieler ebenfalls zu viel Geld, was aber an den Vereinen liegt."
Heribert Bruchhagen, Vorstand Eintr. Frankfurt "In der aktuellen Finanzkrise erleben wir gerade, wie gefährlich es ist, wenn eine Spekulationsblase platzt. Der Fußball muss extrem aufpassen, dass ihm nicht Ähnliches widerfährt. Deshalb halte ich die Investoren, die mit solchen Summen wie derzeit in England operieren, für so gefährlich. In Frankfurt halten wir es mit der guten Kaufmannstradition. Wir haben einen Lizenzspieler-Etat von 25 Millionen Euro, geben nicht mehr Geld aus, als wir haben."
Thomas Doll, zuletzt Coach in Dortmund "Für jeden Trainer ist es eine geniale Vorstellung, jeden Spieler zu bekommen, den man haben will. Allerdings glaube ich nicht, dass so was auf Dauer gut geht. Die Investoren verdrehen den Spielern den Kopf, übertreiben ihre Zahlungen maßlos. Wie bei Kaka, der 15 Millionen netto im Jahr verdienen sollte. Der eine oder andere deutsche Verein hat da keine Chance mehr. Wer wirklich ganz oben konkurrieren will, für den sind die englischen Modelle ratsam. Trotzdem kann ich mir derartige Verhältnisse in Deutschland nicht vorstellen. Hier zählen Werte wie Tradition und Unabhängigkeit einfach noch."
Felix Magath, Trainer VfL Wolfsburg "Das Schwierige an diesem Geschäft ist, dass der Wert von Spielern nicht messbar, sondern frei verhandelbar ist. Jeder Spieler hat für einen Klub einen eigenen Wert. Der hängt von der Situation des Vereins ab oder von personellen Nöten auf einer Position. Pervers kann ich das nicht finden, so funktionieren Märkte. Natürlich sind 120 Millionen Euro eine neue Dimension, aber wo fängt der Wahnsinn an? Für den Fußball sind solche Summen erst einmal positiv. Das Geld kommt in den Kreislauf, der abgebende Klub bringt die Einnahme ja wieder unter die Leute."
Dieter Hecking, Trainer Hannover 96 "Diese Ablösesummen sind nicht pauschal als pervers zu bezeichnen. Aber sicher sind sie in vielen Einzelfällen mindestens fragwürdig, gerade angesichts der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise. Dem HSV kann man zu diesem Geschäft, wenn es zustande kommt, trotzdem nur gratulieren."
Reinhard Rauball, Ligapräsident "Wir müssen aufpassen, dass die traditionsreiche deutsche Fußball-Kultur nicht zerstört wird. Die Gefahr ist groß, wenn auch bei uns, wie in England, Leute von außen kommen und mitbestimmen wollen. Das darf in der Bundesliga niemals möglich werden. Viele Fans glauben ja, dass die Investoren den Vereinen das Geld schenken. Dabei wollen sie mit dem Verein Geld verdienen. Wenn das nicht funktioniert, bleibt ein riesiger Schuldenberg zurück. Daher sollten Uefa oder Fifa die Klubs nur noch nach eingehender wirtschaftlicher Prüfung für internationale Wettbewerbe zulassen."
Ralf Rangnick, Trainer 1899 Hoffenheim "Bei uns in Hoffenheim ist das anders als in England. Niemand, der sich wirklich professionell im Fußball bewegt, kann solche Summen gutheißen. Die Tendenzen gab es schon vor Abramowitsch und den Scheichs, damals bei Manchester United und Arsenal London, die plötzlich 45 Millionen Euro ausgaben. Das wirkte schon unanständig, hatte aber entfernt mit Marktwerten zu tun. Damals verdienten die Klubs so viel Geld. Heute ist das nur noch Monopoly, das hat mit dem reellen Leben nichts mehr zu tun. Mich als Trainer beschleicht dabei ein ungutes Gefühl."