Sylt/Westerland. Die Gemeinden List, Kampen, Wenningstedt-Braderup und Hörnum rechnen mit dem Verwaltungschef in Westerland ab. Der hält dagegen.

Für den erkrankten Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel, wird die Luft immer dünner: Nachdem die Gemeindevertretung in Westerland bereits Mitte Juli ein Verfahren zur Abwahl des Verwaltungschefs eingeleitet hatte, haben sich nun auch die umliegenden Ortschaften List, Kampen, Wenningstedt-Braderup und Hörnum klar gegen Häckel positioniert. Man unterstütze den Schritt zur Abwahl ausdrücklich, heißt es in einer Mitteilung des Amts Landschaft Sylt, in dem die vier Gemeinden zusammengeschlossen sind.

Nach dem Beschluss der Gemeinde Sylt, die vor allem den Hauptort Westerland umfasst, sollen die Bürger am 29. September darüber abstimmen, ob der parteilose Häckel in seinem Amt bleiben kann oder ob er seinen Sessel im Rathaus dauerhaft räumen muss. Die Gemeindevertretung hatte das Abwahlverfahren unter anderem mit der aktuellen Haushaltsmisere, fehlender Kommunikation sowie Unzulänglichkeiten in der Verwaltungsarbeit von Häckel begründet.

Sylt: Amtsgemeinden unterstützten Abwahl von Bürgermeister Häckel

Die Amtsgemeinden List, Kampen, Wenningstedt-Braderup und Hörnum legen nun nach und rufen ihrerseits klar zur Abwahl Häckels auf. „Wir bitten alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Sylt, am 29. September zur Wahl zu gehen und den Weg für eine Neubesetzung dieser für die Insel entscheidenden Position freizumachen“, heißt es in dem Schreiben.

Zugleich rechnen die Amtsvorsteher massiv mit dem Verwaltungschef in Westerland ab, der seit 2015 Bürgermeister der Gemeinde Sylt ist. „Wir bezahlen für Leistungen, die wir nicht oder nur unzureichend erhalten“, heißt es in der Mitteilung. „Dazu zählen unter anderem fehlende Haushaltspläne, rechtlich einwandfreie Satzungen, Vermögensübersichten, eine ordnungsgemäße Liegenschaftsbetreuung, Vergaben und Baumaßnahmen.“ Seit vielen Jahren stehe man als Amt Landschaft Sylt in Kommunikation mit dem Leiter der Inselverwaltung und habe wiederholt um Abhilfe gebeten – „leider „ohne sichtbaren Erfolg.“

Sylt: „Häckel hatte neun Jahre Zeit, klare Strukturen zu schaffen“

„Die fehlenden Haushaltspläne bedeuten für uns konkret: Der Wohnungsbau für Insulaner kommt nur schleppend voran, unsere Straßen können nicht erneuert werden, der Ausbau der Radwege stagniert, und in Hörnum verfällt der Hafen zunehmend“, heißt es in der Mitteilung weiter. „In Wenningstedt konnte eine geplante Wohnanlage für Senioren nicht umgesetzt werden. Zudem fehlen uns die Mittel, um neue Spielgeräte für Spielplätze anzuschaffen, Seniorenfahrten zu organisieren oder Geschenke für Neugeborene zu finanzieren.“ Und dies seien nur die für die Bürgerinnen und Bürger direkt sichtbaren Konsequenzen.

Was für die Bürger nicht sofort sichtbar sei, seien die fehlenden und undurchsichtigen Strukturen innerhalb der Verwaltung. In diesem Zusammenhang fehle „das grundlegende Verständnis“ darüber, wer für welche Aufgaben verantwortlich sei und wo die Zuständigkeiten lägen. „Herr Häckel hatte neun Jahre Zeit, um klare Strukturen zu schaffen, doch dieses ‚kleine 1x1‘ der Verwaltung ist bis heute nicht erkennbar.“ Unter dem Strich kommen die Amtsvorsteher zu dem Ergebnis, dass das Vertrauensverhältnis zum Verwaltungsleiter „nicht mehr zu heilen“ sei.

Sylt: Bürgermeister Häckel weist Vorwürfe gegen ihn zurück

Für eine Stellungnahme war Nikolas Häckel zunächst nicht zu erreichen. Gegenüber der „Sylter Rundschau“ wies er die Vorwürfe entschieden zurück. „Der Kommentar, dass in neun Jahren keine klaren Verwaltungsstrukturen geschaffen wurden, ignoriert die komplexe Ausgangslage, mit der ich konfrontiert war“, teilte Häckel der Zeitung mit. „Die Übertragung alter Strukturen von Westerland auf die neue Gemeindeverwaltung führte zu Problemen, die ich kontinuierlich angegangen bin​.“

Nach der Einleitung des Abwahlverfahrens in Westerland im Juli hatte Häckels Anwalt, Trutz Graf Kerssenbrock ebenfalls erklärt, die Vorwürfe gegen seinen Mandanten sowie die Prozessführung seien unhaltbar.

Sylt: 20 Prozent der Bürger müssen für Abwahl stimmen

Der Bürgermeister war in den vergangenen Monaten wegen einer belastungsbedingten, seelischen Erkrankung über längere Zeit krankgeschrieben, wollte aber im Rahmen eines Wiedereingliederungsverfahrens ins Amt zurückkehren. Neben dem Abwahlverfahren hatte die Gemeindevertretung im Juli allerdings auch für ein Dienstverbot gestimmt, das bis zum 29. September gilt.

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Nach der Gemeindeordnung muss eine Mehrheit, die mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten beträgt – also 2600 Bewohner der Gemeinde Sylt –, für die Abwahl stimmen, um Häckel aus dem Amt zu heben. Wird diese erreicht, dann wird er in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Ist dies nicht der Fall, kann er seine Amtsgeschäfte wieder aufnehmen. Im Augenblick führen Häckels ehrenamtlichen Stellvertreter die Geschäfte.