Sylt. Mit dem 9-Euro-Ticket hatte 2022 alles begonnen. Jetzt gehen Protestcamps auf der Nordseeinsel in die dritte Runde. Wie es Montag lief.

Auch Punks brauchen mal Urlaub an der Nordseeküste. Bepackt mit Rucksäcken, Isomatten, Zelten und Kaltgetränken sind die ersten Teilnehmer des Protestcamps auf Sylt angekommen. Nachdem eine kleine Vorhut bereits am Wochenende anreiste, begann am Montag offiziell das rund sechswöchige Camp der Gruppe „Aktion Sylt“. Es ist der dritte Sommer, in dem Punks aus ganz Deutschland hier ihre Zelte aufschlagen, auch um auf diese Weise Kritik am Kapitalismus auf der Insel der Reichen und Schönen zu üben. 

Sie heißen Ente, Knolle, Phil und Sari und gehören zu einer Gruppe von bislang rund 40 überwiegend jungen Menschen, die aus allen Teilen der Republik nach Sylt gekommen sind, um hier erneut für Aufsehen zu sorgen. Das allerdings soll friedlich geschehen, die Punks haben sich mit den Offiziellen und den Bewohnern der Insel auf ein Prozedere geeinigt, das keinen Raum für Ausschreitungen bietet. Dem Abendblatt bestätigte am Montagnachmittag ein Sprecher der Polizei, dass die Anreise und der bisherige Aufenthalt der Punks auf Sylt „völlig friedlich“ verlaufen seien. „Man kennt sich und respektiert sich“, so der Beamte.

Sylt: Viele Punks reisen für Protestcamp wieder auf die Nordseeinsel

„Wir gehen von einem friedlichen Verlauf des Protestcamps aus“, sagte im Vorfeld auch Florian Korte, Sprecher der Gemeinde Sylt. Das Ordnungsamt werde wie schon in den beiden vergangenen Jahren kontrollieren, ob die Auflagen eingehalten werden. Die Gespräche zwischen der Sylter Polizei, dem Kreis Nordfriesland und unserer Ordnungsbehörde liefen und laufen sehr konstruktiv“, so Korte.

Mit dem 9-Euro-Ticket waren 2022 ungezählte Punks aus ganz Deutschland auf die Insel gereist und hatten unter anderem mit ihrem Protestcamp bundesweit für Schlagzeilen gesorgt – aber auch für Unmut bei Syltern und Gästen. Im vergangenen Jahr stand die Veranstaltung unter dem Motto „Sylt für alle“, damit wollten die Punks damals nach eigenen Angaben auf die Spaltung der Gesellschaft aufmerksam machen. 

Eine sehr kleine Vorhut hatte bereits Anfang Juni auf Sylt protestiert, nachdem zuvor ein Video von einer Party in einem Lokal auf Sylt bundesweit Empörung ausgelöst hatte. Darin waren Gäste zu sehen, die zu dem Song „L’amour toujours“ Parolen wie „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ grölten. 

Das dritte Protestcamp auf Sylt dauert bis zum 1. September

„Das Protestcamp startet, soweit uns bekannt, in der Tat wie angekündigt“, sagte im Vorfeld Hans-Martin Slopianka, Sprecher des Kreises Nordfriesland. Maximal 300 Teilnehmer dürfen ihre Zelte auf einer Wiese im Industriegebiet nahe dem Flughafen in Tinnum aufbauen und dort bis zum 28. Juli bleiben. Dann müssen sie laut Slopianka auf die sogenannte Festwiese umziehen, die etwas weiter südlich liegt. Konkrete Gründe für diesen Umzug – von der einen auf die andere Rasenfläche – nannte er nicht. 

„Alle Anlagen sind bis zum 6. September, 12 Uhr, komplett zu entfernen“, teilte der Sprecher zudem mit. Gemeint sind Zelte, Toiletten und jedweder Müll. Zu den Auflagen zähle unter anderem, dass die Anmelder Chemietoiletten bereitstellen und Ordner mit weißen Armbinden oder Warnwesten im Camp unterwegs sind.

Anarchistische Pogo-Partei kündigt auf Sylt „Chaostage“ an

Auch die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD) hatte zuletzt via Instagram „Chaostage“ vom 24. Juli bis zum 13. August auf der Nordseeinsel angekündigt. „Bald geht's los! Alerta Alerta Sylt Sylt Sylt! Alerta Alerta Antifascista!“, heißt es in dem Post der Kleinpartei. 

Unklar war zuletzt allerdings, ob die Mitglieder des Berliner Ablegers der APPD das bereits angemeldete Camp der „Aktion Sylt“ mit bewohnen, oder ob sie eine eigene Anmeldung starten. Eine entsprechende Anmeldung für eine eigene Aktion liegt laut Kreis bisher nicht vor.

Polizisten aus Flensburg unterstützen auf Sylt. Bisher alles ruhig

Auch die Polizei plant die Begleitung der angemeldeten Versammlung auf der Urlaubsinsel, wie Gina Plath, Sprecherin der Polizeidirektion in Flensburg, mitteilte. „Die Polizeidirektion Flensburg wird zusätzliche Kräfte zur Unterstützung des Polizeireviers Sylt einsetzen.“ Zur Zahl der Einsatzkräfte und dem Vorgehen der Beamten könne sie aus taktischen Gründen keine Angaben machen. 

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„Die Polizei ist darauf vorbereitet lageangepasst schnell reagieren zu können.“ Zum Ordnungsamt und der Versammlungsbehörde stehen die Beamten laut Plath in engem Kontakt. Zudem finde ein regelmäßiger Austausch mit den Veranstaltern des Protestcamps statt.

Sylt: Protestcamp fand 2023 auf Wiese in Tinnum statt

Im vergangenen Jahr war für rund zwei Monate ein Protestcamp auf einer öffentlichen Wiese in Tinnum nahe dem Sylter Flughafen genehmigt worden. Zu den Teilnehmern und Initiatoren zählten damals die Gruppe „Aktion Sylt“ sowie auch Mitglieder der APPD.

Zentral und in einem Park direkt vor dem Rathaus von Westerland sowie vor der Kirche St. Nicolai hatten 2022 gegen die Entwicklung Sylts protestierende Punks wochenlang gezeltet. Sylter und Urlauber beschwerten sich über Lärm, Müll und Gestank. Schließlich musste das Lager nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss geräumt werden.