Glinde. Neuer Komplex mit Mensa kostet rund elf Millionen Euro. Ein erster Rundgang durch die fast fertigen Räume am Tannenweg in Glinde.
An diesem Morgen ist der Abnahmetermin für das Dach und die Fassade. Architekt Jan Hage, seine Kollegin Maria Felshart und Glindes Bauamtsleiterin Fruzsina Ascherl sind dafür bereits um 8.30 Uhr vor Ort. Nach und nach werden jetzt alle Komponenten des neuen Gebäudes auf dem Areal der Grundschule Tannenweg geprüft. Das rund elf Millionen Euro teure Projekt hat sich nicht nur einmal verzögert, ist nun aber kurz vor dem Abschluss. „Wir sind erleichtert und zufrieden, haben die Streitigkeiten beigelegt“, sagt Hage. Mit dem Generalunternehmen gab es Probleme. Am 8. Januar und damit nach den Ferien wird hier endlich unterrichtet. In Sachen Funktionalität haben die Planer ganze Arbeit geleistet.
Da sind zum Beispiel die beiden Außentreppen, deren Handläufe beleuchtet sind. Das angrenzende Plateau bei der Tür im ersten Stock ist überdacht. So können Jungen und Mädchen bei Regen frische Luft schnappen, ohne nass zu werden. Der Aufgang dient nicht nur als Fluchtweg bei einem Feuer. Felshart: „Die Treppen haben den Vorteil, dass die Schüler in den Pausen nicht durchs ganze Haus laufen müssen, um nach draußen zu gelangen.“ Im relativ breiten Flur befinden sich Sitznischen zwischen den Ablagefächern, von denen jedes Kind zwei hat. Die Schüler sind aufgefordert, ihre Stiefel oder auch Sneaker auszuziehen und Hausschuhe zu tragen. Das ist nicht nur im Neubau der Fall, sondern gilt seit Jahrzehnten.
Tannenweg Glinde: Grundschule endlich fertig – ein erster Rundgang
So richtig gemütlich sind die Differenzierungsräume eingerichtet. Hier arbeiten Lernschwache, Hochbegabte oder auch Kleingruppen. Jedes dieser Zimmer verfügt über eine Couch und mehrere Sitzsäcke. Die Klassenräume sehen schon fertig aus, Stühle und Tische sind in Reihen aufgestellt. Hinter dem Lehrertisch ist eine große, digitale Tafel platziert mit Whiteboardflügeln. Durch die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten können Pädagogen besser auf die Bedürfnisse der Kleinen eingehen. Grüne Kreidetafeln haben ausgedient.
Der zweigeschossige Komplex ist 1930 Quadratmeter groß und in sandfarbenem Klinker gehalten, die zehn Klassen- und fünf Differenzierungszimmer sind oben. Ebenerdig ist eine Mensa mit Platz für 250 Personen. Von dort aus blickt man durch große Fenster auf einen Spielplatz. Momentan wird gepflastert. Ein Klettergerüst- sowie ein -turm sind im Boden verankert. Im großzügigen Foyer verbirgt sich hinter einem Schiebeschrank eine kleine Küche. Bei Veranstaltungen können hier Getränke gereicht und das Büfett angerichtet werden.
Grundschule Tannenweg Glinde: Auf dem Gründach sind 120 Solarmodule montiert
Die Immobilie hat die Effizienzhaus-Stufe 40. Glinde generiert deswegen Fördergeld. Der Bund gibt einen Zuschuss in Höhe von 950.000 Euro. 120 Solarmodule sind auf dem begrünten Dach montiert, eine Wärmepumpe heizt effizient. „Die Photovoltaikanlage ist sogar leistungsstärker als ursprünglich geplant“, sagt Hage. Alle Räume haben eine Fußbodenheizung, einen herkömmlichen Radiator findet man nur im Treppenhaus.
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Die Erweiterung der Grundschule ist notwendig, weil die Schülerzahl steigt. Derzeit werden 373 Jungen und Mädchen unterrichtet. Von Stufe eins bis drei ist die Bildungseinrichtung vierzügig, es gibt drei vierte Klassen und zwei DaZ-Gruppen. Nach den Sommerferien plant die Stadt mit fünf ersten Klassen. Bei der Einschulung im September wird auf dem Areal immer noch gebaut, der angrenzende Sportplatz umgestaltet. Neben einem erneuerten Hauptplatz werden zwei kleine Multifunktionsspielfelder errichtet. Hinzu kommen Seilparcours, Reck, Schaukel und Trampoline. Eine Tartanbahn in Wellenform umrundet Geräte und Felder. Dieses Projekt kostet rund 2,2 Millionen Euro und soll Ende 2025 umgesetzt sein.
Grundschule Tannenweg: Generalunternehmer fordert Nachschlag, Glinde zahlt
Beim Schulgebäude wollte Glinde mit 7,6 Millionen Euro auskommen. Diese Summe stellte die Politik im November 2019 zur Verfügung. Sämtliche Angebote der Firmen waren jedoch höher. Das Rennen machte August Reiners mit einer Offerte von 9,3 Millionen. Allerdings forderte das Generalunternehmen mehrmals Nachschlag, unter anderem wegen steigender Materialkosten. Immer wieder kam es zu Verzögerungen. Der Plan, nach den Sommerferien 2023 einzuziehen, ging nicht auf. Juristen wurden eingeschaltet. Ein Anwaltsbüro riet Glinde davon ab, den Vertrag zu kündigen. Die Parteien bewilligten schließlich die zusätzlichen Mittel.
Problematisch ist laut Hage die Zusammenarbeit mit einem Oberbauleiter gewesen, der inzwischen ersetzt wurde. „Mit dem Nachfolger ist es eine Freude zu bauen“, sagt der von der Stadt beauftragte Architekt. Über die Geschehnisse in der Vergangenheit will er nicht mehr viel reden.
Schlechte Erfahrungen mit einem Unternehmen hat auch Nachbar Oststeinbek gemacht. Die Gemeinde errichtet gerade eine neue Grundschule für rund 30 Millionen Euro. Auch dort wurde der Einzugstermin erneut verschoben. Wie berichtet, stellte die für den Sanitärbereich zuständige Firma die Arbeit ein – ohne das Rathaus zu informieren. Der Betrieb existiert nicht mehr. Bürgermeister Jürgen Hettwer erfuhr, dass sich der Chef im Ausland aufhält. Die Verwaltung musste daraufhin ein neues Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung erstellen. Unterrichtsstart in dem Komplex ist im zweiten Quartal 2025.