Oststeinbek/Lübeck. Männer sollen Tankstellenpächterin überfallen haben. Neue Erkenntnisse können aus Sicht der Verteidigung nur eine Konsequenz haben.

Paukenschlag im Prozess um den Raubüberfall auf eine Tankstellenpächterin in Oststeinbek: Am Mittwoch, 27. November, haben die Verteidiger von Stanislaw M. und Vadim P. (alle Namen geändert) vor dem Landgericht Lübeck einen Antrag auf Aussetzung der Verhandlung gestellt. Grund waren kurzfristig eingeführte DNA-Gutachten, die Aussagen zum Bruder eines der Angeklagten treffen. Der Prozess wurde zunächst unterbrochen. Über den Antrag auf Aussetzung hat das Gericht noch nicht entschieden.

Die heute 39 und 45 Jahre alten Angeklagten sollen am Dienstag, 3. April 2018, Tankstellenpächterin Cindy K. in einer Tiefgarage in Oststeinbek überfallen haben. Sie wollte an jenem Tag die Einnahmen in Höhe von 15.000 Euro bei der Sparkasse einzahlen. Woher die Männer gewusst haben, dass die Pächterin genau dort mit einer hohen Summe Geld unterwegs ist, ist bislang unbekannt.

Prozess um Raubüberfall in Tiefgarage in Oststeinbek: DNA-Gutachten sorgt für Wirbel

Der Plan, die Einnahmen zu stehlen, war damals gescheitert: Es gelang den Tätern lediglich, einen Rucksack mit rund 50 Euro und persönlichen Gegenständen zu erbeuten. Dieser gehörte einem Mitarbeiter von Cindy K., der sie an diesem Tag spontan begleitet hatte. Stanislaw M. und Vadim P. konnten von Polizei und Staatsanwaltschaft identifiziert werden. Zwei weitere Personen, die den Ermittlern zufolge beteiligt gewesen sein sollen, sind hingegen weiterhin unbekannt.

Doch am Mittwoch lösten Schriftstücke, die kurzfristig der Akte hinzugefügt worden waren, Wirbel bei den Verteidigern aus. Es handelte sich unter anderem um DNA-Gutachten, die Aussagen zum Bruder eines der Angeklagten treffen, E-Mail-Schriftverkehr zwischen Gericht und Gutachtern sowie einen Auszug aus der DAD. Die Abkürzung steht für DNA-Analyse-Datei und ist eine zur Speicherung von DNA-Profilen eingerichtete Datenbank für Deutschland. Die DAD wird vom Bundeskriminalamt betrieben.

Es wurden DNA-Gutachten erstellt, die Aussagen über Bruder von Angeklagten treffen

Zu Beginn der Verhandlung hatte die Verteidigung zunächst eine Unterbrechung von einer Stunde beantragt, um die Akte einzusehen. Danach stellte sie den Antrag auf Aussetzung. Grund: „Die Akten enthalten Informationen, die uns bislang nicht bekannt waren“, sagte Rechtsanwalt Benjamin Tachau zur Begründung. Durch die Kurzfristigkeit sei die Verteidigung auf die hochkomplexen Inhalte der Schriftstücke nicht hinreichend vorbereitet.

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Rechtsanwalt Florian Melloh schloss sich den Ausführungen seines Kollegen an. Er habe erst am Abend zuvor Kenntnis von zwei neuen DNA-Gutachten erhalten. Welche konkreten Aussagen diese über den Bruder eines der Angeklagten treffen, war vor Gericht kein Thema. Die Gutachten habe er grob überfliegen, nicht aber überprüfen können, so Melloh. Er merkte zudem an, dass die angewandte Methodik kein etablierter Standard sei. Die neuen Dokumente seien höchst relevant für die Schuld und das prozessuale Verhalten seines Mandanten.

Raub in Tiefgarage in Oststeinbek: Wie geht es jetzt weiter?

„Am Anfang eines Prozesses besteht für den Angeklagten die Möglichkeit zur Einlassung“, so Melloh. Diese werde beraten auf Grundlage des Aktenstandes. „Jetzt ändert sich der aber massiv“, so der Rechtsanwalt. Die Versäumnisse seien nicht nachholbar, weil die Hauptverhandlung schon fast am Ende sei. Es gebe einen neuen Sachverhalt und neue zentrale Beweismittel. Melloh: „Das kann man nicht einfach so nachschieben. Deshalb ist eine Aussetzung geraten und richtig.“

Die Aussetzung eines Strafprozesses würde bedeuten, dass der Prozess neu begonnen werden müsste. Alles, was bis dahin verhandelt worden ist, müsste wiederholt und auch Zeugen erneut vernommen werden. Ob dem stattgegeben wird, wollte der Vorsitzende Richter Jörg Zachariae am Mittwoch nicht entscheiden und kündigte an, dass das Gericht den Antrag prüfen werde. Der nächste Termin ist für Freitag, 6. Dezember, geplant. An diesem Tag soll die Vernehmung einer eigentlich für Mittwoch geladenen Kriminaloberkommissarin nachgeholt werden.