Oststeinbek/Ahrensburg. 100 Prozent Erhöhung in einigen Orten. Doch es gibt auch Gewinner. Eine erste Übersicht über die Lage ib Stormarn.

  • Grundsteuerreform: Für viele Stormarner wird es deutlich teurer
  • Bis zu 100 Prozent Erhöhung sind möglich
  • Eigentümer von Gewerbeimmobilien sind die Gewinner

Aufkommensneutral soll sie umgesetzt werden, die Grundsteuerreform. Für Kommunen bedeutet das: Durch die Neuberechnung sollen sie 2025 nicht weniger einnehmen als in diesem Jahr. Bei jenen, die zahlen, gibt es Gewinner und Verlierer. Manch einer hat demnächst den doppelten Betrag zu entrichten. Klar ist: Viele Menschen müssen deutlich mehr abdrücken. In Oststeinbek kann jetzt jeder Hauseigentümer eruieren, mit welcher Summe er voraussichtlich dabei ist. Die Politik hat vor Kurzem die Hebesätze beschlossen. Jener für Baugrundstücke mit dem Buchstaben B wurde von 400 auf 484 Prozent erhöht. Man hat sich dabei an einem sogenannten Transparenzregister des Finanzministeriums orientiert. Dieses stellt sicher, dass Städte und Gemeinden bei den Erträgen keine Verluste erleiden.

In Oststeinbeks Kasse sind 2024 mehr als 1,72 Millionen Euro Grundsteuern geflossen, wobei die Variante A für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft den geringeren Teil ausmacht: rund 24.000 Euro. In dieser Kategorie wurde der Satz nun von 400 auf 504 Prozent angehoben. Im Segment, das die Mehrheit betrifft, hat die Verwaltung sechs Beispiele veröffentlicht. In vier Fällen steigt die Belastung. Am größten ist der Sprung für ein Einfamilienhaus, das 1910 erstellt, stufenweise saniert wurde und auf einem 800-Quadratmeter-Grundstück steht. Der Eigner zahlte jüngst 361 Euro, demnächst sind es 751. Für ein solches Objekt aus 2004 mit 120-Quadratmeter-Wohnfläche und 700-Quadratmeter-Areal sind es 675 statt 447 Euro. Besser gestellt sind auf dieser Liste Besitzer von Wohnungen: Bei einem 50-Quadratmeter-Objekt mit zwei Zimmern (Baujahr 1977) verringert sich die Last um 12 auf 170 Euro, bei drei Zimmern mit 70 Quadratmetern und Erstellung Mitte der 80er sogar um 51 auf dann 260 Euro.

Grundsteuerreform: Für viele Stormarner wird‘s deutlich teurer – die Übersicht

Durchweg Gewinner bei der Grundsteuer B sind Eigner von Gewerbegrundstücken. Hier nennt die Verwaltung drei Beispiele bei unterschiedlichen Größen. Im besten Fall sinkt der Beitrag im Vergleich zu 2024 um 67 Prozent auf 1350 Euro. Bei den weiteren Mustern ist die Differenz ebenfalls enorm: von 3784 auf 1951 sowie von 10.749 auf 4504 Euro. „Eine Halbierung der Summe finde ich ungerecht, wenn andere deutlich höher belastet werden“, sagt Patrick Klose, Fraktionsvorsitzender der CDU. Sein Pendant von der SPD, Thomas Mielcarek, ist derselben Meinung und formuliert das so: „Wohnen soll Gewerbe nicht subventionieren.“ Grüne und Wählergemeinschaft OWG denken genauso.

Oststeinbek
Oststeinbeks Bürgermeister Jürgen Hettwer (v. l.), Patrick Klose (CDU), Thomas Mielcarek (SPD), Petra Grüner (Grüne) und Rudi Hametner (OWG) werden sich demnächst über differenzierte Hebesätze unterhalten. © René Soukup | René Soukup

Voraussichtlich steuert Oststeinbek noch in diesem Quartal nach. Denn es besteht die Möglichkeit, mit differenzierten Hebesätzen zu arbeiten. Demnach können Kommunen Gewerbebetriebe höher besteuern als Eigentümer von Wohnhäusern. Den entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen CDU und Grüne im September. Die Regierungskoalition in Kiel setzte sich in zweiter Lesung mit ihrer Mehrheit gegen die Opposition aus SPD, FDP und SSW durch. Noch ist das Gesetz nicht veröffentlicht. Erst wenn das geschieht, kann Oststeinbeks Bürgermeister der Politik eine Vorlage präsentieren mit Veränderungsvorschlägen. „Ich denke, dass bis zu zehn Prozent Nachlass realistisch sind für einen bestimmten Kreis von Personen“, sagt Hettwer.

Grundsteuerreform: Für Hoisdorf und Delingsdorf wird Absenkung von Hebesatz empfohlen

Die Ermittlung der neuen Grundsteuer in Schleswig-Holstein ist so geregelt: Das Finanzamt berechnet den Grundsteuerwert anhand Daten wie Wohnfläche, Alter des Hauses und Bodenwert. Dieser Wert wird durch 1000 geteilt und mit der gesetzlich vorgeschriebenen Steuermesszahl (0,31 für Wohngebäude) multipliziert. Das Ergebnis ist der Grundsteuermessbetrag. Beide Angaben sind entscheidende Bausteine für die endgültige Höhe der Grundsteuer. Was fehlt, ist der Hebesatz, den jede Stadt und Gemeinde individuell festlegt. In Oststeinbek sind es nach heutigem Stand 484 Prozent im kommenden Jahr. Um die Grundsteuer zu berechnen, muss der Messbetrag mit einem Prozent von 484 multipliziert werden. Beträgt der Grundsteuermessbetrag beispielsweise 200, ergibt sich eine Grundsteuer von 968 Euro (200 x 4,84).

Für die größeren Orte im Kreis Stormarn ergeben sich laut Transparenzregister zum Teil drastische Erhöhungen, um die Einnahmen konstant zu halten (jeweils in Prozent): Ahrensburg von 350 auf 361, Ammersbek von 450 auf 486, Bad Oldesloe von 425 auf 519, Bargteheide von 370 auf 415, Barsbüttel von 400 auf 448, Glinde von 400 auf 488, Großhansdorf unverändert 350, Reinbek von 390 auf 433, Reinfeld von 425 auf 489, Trittau von 400 auf 484. Für Oldesloe und Glinde entspricht das einem satten Plus von 22 Prozent, in Trittau sind es 21 Prozent. Das liegt aber immer noch deutlich hinter Braak, 245 auf 343 (plus 40 Prozent). Es gibt aber auch wenige Ausnahmen in der anderen Richtung: Für Hoisdorf wird die Absenkung von 395 auf 372 Prozent empfohlen, für Delingsdorf von 425 auf 408.

Grundsteuerreform: Verbände üben Kritik an Grundsteuerreform

In Ahrensburg müssten unter dem Strich viele Hauseigentümer ebenfalls mit deutlichen Mehrbelastungen rechnen. So führt der neu berechnete Steuermessbetrag in Kombination mit dem empfohlenen Hebesatz für ein Einfamilienhaus auf einem rund 750 Quadratmeter großen Grundstück zu einer Erhöhung um circa 25 Prozent oder gut 115 Euro jährlich.

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Deutlich sinkende Beiträge für Gewerbeimmobilien, auf der anderen Seite laut Transparenzregister eine Mehrbelastung bei Wohnhäusern: Das sorgt für Kritik an der Reform. Für Alexander Blažek, Vorstandsvorsitzender des Grundeigentümerverbands Haus & Grund Schleswig-Holstein, und Andreas Breitner, Verbandsdirektor beim Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), ist das ein „Scheitern mit Ansage“. Die Steuerlast für Hauseigentümer sowie Mieterinnen und Mieter (über die Nebenkosten) werde nächstes Jahr deutlich steigen. „Damit werden sich die hohen Wohnkosten im Land weiter erhöhen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Die letzte Hoffnung sei, dass die Musterverfahren von Haus & Grund gegen das in Schleswig-Holstein umgesetzte sogenannte Bundesmodell erfolgreich sein werden. „Erste Gerichtsurteile aus Rheinland-Pfalz, wo ebenfalls das Bundesmodell gilt, stimmen optimistisch“, sagt Blažek. „Dort hat sich das Finanzgericht der Argumentation von Haus & Grund angeschlossen, wonach das Bundesmodell verfassungswidrig ist.“

Bundesverfassungsgericht hatte Neuberechnung gefordert

Laut Statistikamt Nord haben die schleswig-holsteinischen Gemeinden bereits zu Jahresbeginn die Hebesätze für die Grundsteuer B im Durchschnitt um 3,7 Prozentpunkte erhöht. Der Durchschnitt liegt damit aktuell bei 351 Prozent. In 72 von den 136 Kommunen betrug der Anstieg maxi­mal 25 Punkte. Sechs Gemeinden senkten den Hebesatz sogar, darunter zwei im Kreis Nordfriesland: Nordhackstedt reduzierte von 310 auf 150 Prozent, und Jardelund verzichtet im Jahr 2024 vollständig auf die Erhebung (Vorjahr 300 Prozent). Landesweit liegen zwölf Kommunen bei null Prozent. Die höchsten Hebesätze gelten in der Stadt Flensburg (600 Prozent) und im Ostseebad Glücksburg im Kreis Schleswig-Flensburg (700 Prozent).

Die Grundsteuern gehören zusammen mit der Gewerbesteuer zu den wichtigsten Gemeinde­steuern. Eine Neuberechnung hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert, denn zuletzt kalkulierten die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten: von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland.