Reinbek. Fördern & Wohnen will am Standort Sachsenwaldau investieren. Aber es gibt Fragezeichen – und Sorgen bei den Nachbarn.

Mehr als 100 Oherinnen und Oher waren ins Reinbeker Rathaus gekommen, um zu hören, was die Planer von Fördern & Wohnen auf dem Gelände ihrer Einrichtung Sachsenwaldau vorhaben. Auf dem historischen Gut sollen Wohnungen für bis zu 500 Menschen geschaffen werden, war einigen von ihnen zu Ohren gekommen, wie schon in der kommunalpolitischen Fragestunde zu Beginn der Sitzung des Bauausschusses deutlich wurde. Ein Antrag der Grünen, nach der Präsentation auch Fragen an die Planer von Fördern & Wohnen zuzulassen, wurde abgelehnt. „Das ist ja sehr bürgerunfreundlich“, stellte eine Oherin fest. „Wir sind erst ganz am Anfang der Planungen, die Anwohner werden noch Gelegenheit haben, Antworten auf ihre Fragen zu erhalten“, sagte Sven Tiburg (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses. Herauszuhören war, dass die Nachbarschaft sich sowohl um den Charakter ihres Dorfes als auch um die Verkehrssituation in Ohe sorgt.

Projektleiterin Lisa Blümel, Architektin Karin Renner vom Büro RHWZ Architekten und Verkehrsplaner Michael Hohman von Masuch und Olbrisch hatten also keinen leichten Stand, als sie ihr Projekt „Lebendiges Dorf“ präsentierten. Auf dem knapp 74 Hektar großen Gelände werden aktuell 19,5 Hektar für die Eingliederungshilfe (EGH) von 146 Menschen mit psychischen und Suchterkrankungen genutzt, erläuterte Blümel. Doch es gebe einen sehr großen Sanierungsstau, die Einrichtung sei unrentabel.

Sachsenwaldau Reinbek: 127 bezahlbare Wohnungen auf historischem Gut geplant

Darum will Fördern & Wohnen dort bis zu 127 Wohnungen errichten, die vor allem für Familien gedacht sind. Sowohl Sozialwohnungen als auch frei finanzierte Mietwohnungen. Geschäftsführer Roberto Klann betonte, dass alle im Bestand von Fördern & Wohnen bleiben werden: „Wir sind eine Anstalt öffentlichen Rechts, ein sozialer Bauherr, kein klassischer auf Profit ausgerichteter Investor.“

Das historische Gutshaus Sachsenwaldau soll im „Lebendigen Dorf“ für psychisch und Suchterkrankte erhalten bleiben.
Das historische Gutshaus Sachsenwaldau soll im „Lebendigen Dorf“ für psychisch und Suchterkrankte erhalten bleiben. © Fördern & Wohnen | RHWZ Architekten

Die Architektin Karin Renner unterstrich ebenfalls, dass es um eine behutsame Bebauung gehe. „Wir gucken uns das Gebiet ganz genau an, was dort passen könnte. Es geht um einen dörflichen Kontext, und es ist völlig klar, dass wir dort eher ein Nachbardorf von Ohe – wenn auch ein sehr kleines – schaffen wollen.“ An Plänen zeigte sie, dass alte Gebäude im Westen des Areals zugunsten der Neubauten abgerissen werden sollen. Allein das Café im Takt soll auch künftig für Gastronomie erhalten bleiben. „Neu gebaut würde möglichst nur dort, wo schon heute Bauten stehen. Die gesamte Infrastruktur wird übernommen. Die neuen Gebäude sollen nicht in die Landschaft wuchern“, bekräftigte Karin Renner. Wege und Infrastruktur sollten nicht zu neuen Versiegelungen führen.

Sachsenwaldau Reinbek: Zugangsstraße ist ein Nadelöhr

In einer ersten Ideensammlung hat sie angelehnt an die alten Pferdeställe vier „Wohnhöfe“ entwickelt, die im Westen des Geländes errichtet werden sollen. Bei den Bewohnerinnen und Bewohnern setze man auf einen guten Mix durch Sozialwohnungen und frei finanzierte Wohnungen, oder auch mal eine Wohngemeinschaft, die um einen Hof gruppiert werden. Die Eingliederungshilfe soll sich auf das historische Gutshaus und die Umgebung im Osten des Areals konzentrieren. Zu ihren Ideen zählen außerdem eine Einrichtung für Wohnen im Alter, eine Kita, eine Nutzung der Sportanlagen, des Cafés sowie der Werkstätten, die auch Außenstehenden ermöglicht werden soll. „Wir möchten eine behutsame Öffnung des Standortes für die Öffentlichkeit und neue Bewohnergruppen“, sagte die Architektin.

Ein Hindernis des gesamten Projektes könnte die Verkehrssituation werden. Denn die einzige Straße, die nach Sachsenwaldau führt, ist die denkmalgeschützte Kopfsteinstraße Hoibeken, die Ohe mit dem Gelände verbindet. Der gesamte Verkehr der Neu-Reinbekerinnen und -Reinbeker würde über zwei Kreuzungen im Dorfzentrum Ohes rollen. „Dass die Straße denkmalgeschützt ist, ist schon eine Herausforderung“, räumte Verkehrsplaner Michael Hohmann ein. Denn sie sei so schmal, dass die Begegnung zweier Pkw auf ihr kaum möglich sei. Dennoch bleibt er zuversichtlich: „Wir werden zunächst die Zahlen erheben.“ Hinweise aus der Bevölkerung seien ihm willkommen. „Ich freue mich schon auf den Dialog mit Ihnen“, sagte Hohmann.

Die Karte verdeutlicht noch einmal die Ideen für das Projekt „Lebendiges Dorf“: Die Wohnkomplexe im Osten sind hier orange markiert, die Eingliederungshilfe rot und Gemeinschaftsflächen hellblau.
Die Karte verdeutlicht noch einmal die Ideen für das Projekt „Lebendiges Dorf“: Die Wohnkomplexe im Osten sind hier orange markiert, die Eingliederungshilfe rot und Gemeinschaftsflächen hellblau. © Fördern & Wohnen | RHZW Architekten

127 Wohnungen in Sachsenwaldau Reinbek: Die Landesplanung müsste mitspielen

Gunter Loeck (CDU) begrüßte die zu erwartenden Daten: „Die müssen wir uns für eine fundierte Entscheidung anschauen“, sagte er. Kai Rohmert (FDP) bat darum, auch die verkehrlichen Folgen für die Stadtteile Schönningstedt und Neuschönningstedt zu berücksichtigen.

Ein zweiter wichtiger Punkt sei die Landesplanung, erklärte Michael Vogt aus dem Reinbeker Bauamt. Er antwortete auf Günther Herder-Alpens (Grüne) Frage nach der Verträglichkeit des Projektes mit dem Flächennutzungsplan: Sachsenwaldau liege zwischen den von Hamburg ausgehenden vorgesehenen Entwicklungsachsen. Der Flächennutzungsplan sehe dort allein eine Sonderbaufläche für soziale Zwecke vor, keinen Wohnraum. „Wenn die Landesplanung Nein sagt, ist das Ding tot“, erklärte Vogt. „Ein Bebauungsplan wäre für ein Projekt zwingend erforderlich.“

Wohnungsbau in Sachsenwaldau Voraussetzung für Erhalt der Einrichtung

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Nikolaus Kern (SPD) sagte: „Ich bin nicht unbedingt für das Projekt, aber ich bin dafür, dass wir ihm eine Chance geben. Denn wenn nichts passiert, haben wir 2026 nur noch 70 Sozialwohnungen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit! Da muss etwas passieren.“ Günther Herder-Alpen erklärte: „An einer Realisierung sind wir, glaube ich, alle interessiert. Die Grünen begrüßen es, dass sich ein Investor um sozialen Wohnungsbau bemüht.“ Alles hänge an der einer vernünftigen Verkehrsanbindung. Christiane Steinhöfel (FDP) stellte sehr detaillierte Fragen: „Was heißt bezahlbarer Wohnraum für Sie? Wie hoch wäre die Kaltmiete bei den frei vermieteten Wohnungen? Warum begrenzen Sie die Anzahl Ihrer Plätze auf 150? Sollte man diese Zahl bei der wertvollen Arbeit, die Sie leisten, nicht lieber noch ausbauen?“

Silke Offermann, Geschäftsbereichsleiterin Begleitung und Teilhabe bei Fördern & Wohnen, antwortete: „150 Menschen, das ist schon eine sehr, sehr große Einrichtung. Mehr Plätze machen fachlich keinen Sinn. Die isolierte Lage ist heute nicht mehr zeitgemäß, wir brauchen vielmehr mehr Inklusion, ein gemeinsames Miteinander.“ Ihr Kollege Söhnke Bahr, kommissarischer Heimleiter, stellte klar: „Die gesetzlichen Grundlagen haben sich geändert. Wenn wir in Sachsenwaldau keine Inklusion schaffen, können wir den Standort nicht aufrechterhalten.“ Roberto Klann erklärte, dass sich die Miete an der ortsüblichen werde orientieren müssen.

127 Wohnungen in Sachsenwaldau Reinbek: Bürgerinformation nach den Sommerferien

Projektleiterin Lisa Blümel betonte nochmals, dass die Präsentation nur der erste Aufschlag für die Diskussion sei. „Die 450 bis 500 Menschen ist nur eine Zahl, die wir leisten könnten, wir wollen uns nicht daran festkrallen. Wenn wir es wirtschaftlich leisten können, könnten wir auch weniger Wohnungen bauen.“ Michael Vogt kündigte an, dass es nach den Sommerferien noch einen Informationsabend für die Reinbekerinnen und Reinbeker in Sachsenwaldau geben werde. Er bat darum, vorab per E-Mail an stadtentwicklung@reinbek.de offene Fragen zu adressieren, damit er und sein Team sich vorbereiten können.