Reinbek. Die Feuerwehr Schönningstedt wird 125 Jahre alt. Viel früher als gedacht, war Brandschutz schon einmal Frauensache.
Die Gründungsväter im April 1897 hießen Behn, Klempau, Kitschke oder Dusenschön. Deren Nachfahren finden sich zum Teil noch 125 Jahre später in den Reihen der Freiwilligen Feuerwehr Schönningstedt. Sie ist eine von drei Reinbeker Ortswehren. „Mitglied der Feuerwehr zu sein, gehörte lange Zeit im Dorf einfach dazu“, sagt Wehrführer Claus Brettner.
Sein Urgroßvater stieß 13 Jahre nach Gründung dazu, ist die Familie der Ortswehr seitdem treu. Mit 14 Jahren wurde der Reinbeker Unternehmer Claus Brettner selbst Mitglied der Wehr, steht ihr seit 14 Jahren vor. Selbstverständlich sind seine Söhne auch dabei.
Während des Krieges war Brandschutz Sache der Frauen
Nur die Frauen der Familie halten sich bei der aktiven Arbeit zurück. „Während des Krieges aber übernahmen die Frauen die Brandschutzaufgabe“, weiß Brettner. Zu seinem Bedauern ist aus der Zeit 1939 bis 1944 nichts überliefert.
Ab 1944 war das Feuerlöschen wieder in den Händen der Männern. Waren anfangs vor allem die 20 Landwirte und deren Knechte für das Löschen der Brände im 200-Seelen-Ort zuständig, sind heute 52 Männer und sechs Frauen aktiv und für 10.000 Haushalte verantwortlich.
Vor zehn Jahren eroberte Pamela Fehr die Männerdomäne
Die erste Frau in der Männerdomäne wurde Sprecherin Pamela Fehr vor zehn Jahren. „Teils musste ich mir
ein dickes Fell zulegen, bereut habe ich die Entscheidung aber nie. Die Kameradschaft ist großartig“, sagt die 50-Jährige. Darauf legt Brettner auch großen Wert und hat in der Corona-Zeit alles dran gesetzt, dass das auch so bleibt. „Wann immer es möglich war, haben wir uns in kleinen Gruppen getroffen, haben Onlineschulungen durchgeführt und zu Weihnachten stand ich bei allen mit einem Geschenk vor der Tür – auch bei den drei Neuen, die in der Pandemie das Ehrenamt für sich entdeckt haben.“
Neue Mitstreiter seien immer willkommen. Denn im Gegensatz zu vor 100 Jahren sind die wenigsten heute – mit Auslaufen der Pandemie – tagsüber zu Hause. Die meisten der rund 100 Einsätze im Jahr werden aber tagsüber gefahren.
Die Gemeindewehren unterstützen sich gegenseitig
In acht Minuten nach Alarmierung am Einsatzort zu sein, wie es heute vorgegeben ist, das werden die Feuerwehrmänner vor 100 Jahren definitiv nicht geschafft haben“, weiß der erfahrene Feuerwehrmann. Denn bevor die Retter überhaupt ausrücken konnten, mussten die Pferde erst angespannt werden. Die Befehle „Spann an“ oder „Spann ab“ sind aus der Zeit erhalten.
Genügend Einsatzkräfte tagsüber zusammenzubekommen ist heute die Herausforderung jeder Gemeindewehr im Hamburger Umland. Da sei es ein Vorteil zwei weitere Wehren vor Ort zu haben und sich gegenseitig zu unterstützen. Selbstverständlich rückten auch die Schönningstedter aus, als in Reinbek 2007 das Dachgeschoss eines Hochhauses Am Weißenseer Weg in Flammen aufging und 100 Personen in Sicherheit gebracht werden mussten. Brettner löschte damals an vorderster Front und war den Flammen nah. „Solche Horroreinsätze muss man nicht zu oft haben“, sagt er.
Ausrüstung und Ausbildung haben sich in all den Jahren verändert
Gefährlich sind aktuell auch Feuer mit giftigen Kunststoffdämpfen. Die kann die Wehr nur löschen, weil die Freiwilligen eine einjährige Grundausbildung absolvieren und mit einer 2000 Euro teuren Schutzausrüstung ausgestattet werden. „Ich bekam damals ein Paar Gummistiefel, eine dünne rote Jacke und einen Helm“, erinnert er sich. Alle drei Sachen wurden zu Hause gelagert.
Das änderte sich, als 1974 das Gerätehaus gebaut wurde. Vier Fahrzeuge, zwei Löschfahrzeuge, ein Mannschaftswagen und seit vergangenem Jahr ein Dekonwagen zum Reinigen verschmutzter oder kontaminierter Kleidung haben darin Platz. Oder besser zu wenig Platz. „Duschräume fehlen uns ganz, die Umkleiden sind viel zu eng“, sagt Brettner. Das Problem ist bekannt und soll in den nächsten Jahren beseitigt sein. Nach der Reinbeker und Oher Wehr soll die Schönningstedter neu gebaut werden. Brettner hofft, dass sich die Politik auf eine verkehrsgünstig gut gelegenen Standort längs der Sachsenwaldstraße einigt.
Bald wird das Jubiläum gefeiert – Osterfeuer schon am 16. April
125 Jahre Feuerwehrgeschichte will die Wehr auf ihrem traditionellen Ball feiern, der allerdings pandemiebedingt die letzten Jahre ausfiel. Brettner freut sich, seine Feuerwehrmänner und -frauen sowie deren Partner bald wieder ins Waldesruh am See einladen zu können.
Am Sonnabend, 16. April, entzündet die Wehr bei Einbruch der Dunkelheit das beliebte Osterfeuer. Kurz vor 18 Uhr, werden die Getränkebuden und Stände mit Leckereien eröffnet. In den vergangenen Jahren tummelten sich bis zu 1000 Menschen auf dem Gelände (Oher Straße 18). Um Verkehrsbehinderungen zu vermeiden, bittet die Wehr, zu Fuß zu kommen.