Reinbek. Die Sauna im Reinbeker Bad dicht, beliebte Veranstaltungen gestrichen, die Eintrittspreise steigen – und die nächste Krise lauert schon.

Das Team im Freizeitbad erlebt aktuell turbulente Zeiten: „Momentan jagt eine Krise die nächste. Das habe ich in fast 40 Berufsjahren so noch nicht erlebt“, sagt Geschäftsführer Holger Kehl. Gerade erst war die Corona-Krise mit sieben Monaten Zwangsschließung bewältigt, hat die Besucherzahl mit 15.000 Gästen im Mai nahezu das Vor-Corona-Niveau erreicht. Da kommt die nächste Krise: Dem Freizeitbad läuft das Personal davon. Gleich zwei Kollegen des öffentlichen Bades sind in den vergangenen Wochen zur privaten Konkurrenz gewechselt, die besser bezahlt. Ersatz ist bislang nicht in Sicht. „Auf bundesweit und regional geschaltete Stellenanzeigen gab es nicht eine ernsthafte Zuschrift“, sagt Kehl ein wenig verzweifelt.

Personalmangel im Bäderbereich ist kein spezifisches Reinbeker Problem. Bundesweit fehlen geschätzt 6000 Schwimmmeister. „Im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern gehen wir nur ganz offen damit um“, sagt der 56-Jährige. Von seinen 17 Planstellen sind derzeit nur zehn besetzt: „Nicht nur Schwimmmeister sind Mangelware, auch Rettungsschwimmer und Reinigungspersonal sind nicht zu finden. Ganz zu schweigen von Azubis.

Zahl der Azubis ist landesweit von 70 auf 30 eingebrochen

Pro Jahr könnte das Freizeitbad einen Schulabgänger für drei Jahre im Schwimmbadbetrieb ausbilden. Drei angehende Schwimmmeister standen so dem Stammpersonal in guten Zeiten zur Seite. „Aktuell aber haben wir nicht einen Lehrling. Schichtarbeit und Wochenenddienste bei verhältnismäßig geringer Bezahlung sind wohl zu abschreckend“, mutmaßt Kehl, der zugleich Vorsitzender im Prüfungsausschusses für angehende Fachkräfte für Bäderbetriebe an der Verwaltungsakademie in Bordesholm ist. Landesweit ist die Zahl der Azubis 2022 um mehr als die Hälfte von sonst 70 auf 30 eingebrochen.

Verstehen kann Kehl das mangende Interesse nicht. Für ihn ist es nach wie vor einer der schönsten Berufe. „Ich mag die Vielseitigkeit, den Umgang mit den Gästen, die Technik im Hintergrund und sehe es als Privileg, anderen Schwimmen beibringen zu können.“ Allerdings sieht er auch, dass die Tätigkeit mit verhältnismäßig großer Verantwortung zu schlecht entlohnt wird, bekommt ein Schwimmmeister in öffentlichen Bädern ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von 28.000 Euro. Da sei es kein Wunder, dass sich alteingesessene Mitarbeiter abwerben lassen. Kehl selbst hat gerade ein gut bezahltes Angebot abgelehnt, er fühle sich mit dem Reinbeker Bad sehr verbunden.

Aufgüsse und die Reinigung haben zu viel Personal gebunden

Aus dieser Personalnot heraus zog das Bad diese Woche Konsequenzen: Der Saunabetrieb wurde auf nicht absehbare Zeit eingestellt. „Die Aufgüsse und die Reinigung haben zu viel Personal gebunden, das wir an anderer Stelle dringender benötigen“, sagt Kehl. Stattdessen werden die erweiterten Öffnungszeiten in den gut besuchten Ferienwochen von 6.30 bis 21 Uhr unter der Woche aufrechterhalten und an den so dringend benötigten Schwimm- und beliebten Wassergymnastikkursen festgehalten.

Veranstaltungen wie der Spieletag in den Ferien wurden hingegen gestrichen. Einziger Vorteil der Maßnahme: Das Freizeitbad spart Energie ein. „Allerdings wird der Saunaofen mit Strom und nicht mit Gas betrieben“, sagt Kehl.

In Reinbek gibt es nur eine finnische Sauna

Einige Saunakunden reagierten „ein wenig verschnupft.“ Zumal andere öffentliche Saunen in der Umgebung ebenfalls geschlossen sind. Bäderland hat in allen seinen Einrichtungen aktuell den Saunabetrieb eingestellt. So bleibt Reinbeker Saunagängern nur der Wellnessbereich des Waldhauses, der Fitness- und Wellnessclub Infinity oder das neue Vabili Spa in Glinde. Angst, dass seine Kunden dauerhaft nach Glinde abwandern könnten, hat Kehl nicht: „Wir haben völlig andere Zielgruppen.“ Während der Eintritt bei ihm für Sauna samt Schwimmbad 12 Euro kostet, ist er in Glinde viermal so teuer. Allerdings ist die Auswahl dort mit 13 Saunen auch um einiges größer. In Reinbek gibt es nur eine finnische Sauna. „Und die ist aus dem Jahr 1979 und völlig veraltet“, gibt Kehl unumwunden zu.

Umso mehr setzt er seine Hoffnungen in die Betriebsanalyse, die aktuell von einem Gutachter für das Freizeitbad erstellt wird. Im Herbst wird sie vorliegen und am Ende auch die Frage beantworten, ob und wie viele Saunen in Reinbek Sinn machen. Bis dahin hofft Kehl, dass sich die Personalsituation entspannt hat, bevor die nächste – die Energiekrise – das Bad in voller Härte trifft.

Auf öffentliche Zuschüsse von jährlich bis zu 500.000 Euro angewiesen

Das Bad, seit Anfang des Jahres eine Tochter des E-Werks, wird über ein eigenes mit Gas betriebenes Blockheizkraft mit Strom und Wärme versorgt. Während andernorts über Schließungen diskutiert wird, um Gas einzusparen, ist eine Schließung in Reinbek noch kein Thema. Die gestiegenen Energiekosten hingegen schon. Die waren für die insgesamt 900 Quadratmeter große Wasserfläche und einer Wassertemperatur von bis 32 Grad im Planschbecken schon immer hoch und haben sich in den vergangenen Monaten verdoppelt.

Das ist ein Grund, warum das Freizeitbad auf öffentliche Zuschüsse von jährlich bis zu 500.000 Euro angewiesen ist. Um das Minus nicht noch größer werden zu lassen, „kommen wir nicht drum herum und werden 2023 unsere Eintrittspreise für alle Besuchergruppen – auch Vereine und Verbände – anheben müssen“, sagt Kehl. Bis Ende dieses Jahres bleiben die Eintrittspreise aber stabil.