Reinbek. Das Haus von 1896 wurde zunächst als „Bauplatz“ angeboten. Nun werden Eigentümer gesucht, die Liebe und Zeit investieren.
Seit Jahrzehnten lebten in der gelben Villa aus dem Baujahr 1896 neben der Maria-Magdalenen-Kirche in Reinbek eine Malerfamilie und ihre Nachkommen. Zuletzt geriet das Haus in die Schlagzeilen, weil Makler Johann Christian von Donner (Dahler Company Sachsenwald) es auf einem Online-Portal als Bauplatz angeboten hatte. „Eine Aufforderung zum Abriss“, wie sein Kollege Karl-Friedrich Marks schimpfte. Diesen Vorwurf weist von Donner zurück.
Doch dieses Thema hat sich jetzt ohnehin erledigt: Das Reinbeker Bauamt hat gerade die Nachricht erhalten, dass das Bauwerk wegen seines geschichtlichen und städtebaulichen Werts unter Denkmalschutz gestellt ist. „Wir haben nur anhand der Kriterien festgestellt, dass es ein Denkmal ist“, berichtigt Michael Fornahl, Leiter des Landesdenkmalamtes in Kiel.
Grüne wollten die besondere Immobilie in Reinbek retten
Zu den einzelnen Kriterien, die die Villa denkmalwürdig gemacht haben, will er sich derzeit noch nicht äußern: „Wir befinden uns noch mitten im Verfahren, in dem die Eigentümer zuerst informiert werden.“ In Kürze werde das Gebäude aber auf der Denkmalliste des Landes stehen und werde somit dort auch die Begründung öffentlich zu lesen sein. „Auf jeden Fall kann es jetzt nicht mehr ohne Weiteres abgerissen werden“, bekräftigt Michael Fornahl.
Auch die Reinbeker Grünen waren auf das Online-Inserat gestoßen und hatten für die nächste Bauausschuss-Sitzung am 15. Februar einen Antrag vorbereitet, um die Villa zu retten. „Wunderbar, für diesen Einzelfall können wir uns nichts Besseres wünschen“, sagte Günther Herder-Alpen, Chef der Grünen-Fraktion, am Dienstag. „Jetzt gilt es, den Schutz auszudehnen. Denn gewöhnlich passiert so etwas in aller Stille. Hier wurde das Vorhaben erst durch das öffentliche Bieterverfahren sichtbar.“
Der Bebauungsplan hätte einen Abriss der besonderen Immobilie zugelassen
Doch im Geltungsbereich des Bebauungsplans aus der Mitte der 70er-Jahre gebe es weitere schutzwürdige Villen. „Mindestens zwei an der Kirchenallee und zwei an der Schulstraße“, stellt der Grünen-Politiker fest. Deshalb will seine Fraktion am Antrag festhalten, den Bebauungsplan Nr. 3 zu ändern, und außerdem mit einer Veränderungssperre verhindern, dass in dem Bereich Fakten geschaffen werden. Laut Antrag sollen ökologische Flächen und schützenswerte Baumbestände, vor allem aber charakteristische und schützenswerte Gebäude, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurden, bewahrt werden. Zu erkennen seien sie an Baustilmerkmalen wie bauzeittypischen Fassaden- und Fenstergestaltungen sowie Gliederungen durch hervorspringende, dachhohe Bauteile.
„Wir sind auch Ergänzungs- oder Änderungsanträgen gegenüber offen, wenn sie der Erhaltung der Architektur oder des alten Baumbestandes dienen“, sagt Günther Herder-Alpen.
Der Bauausschusses tagt am Donnerstag, 15. Februar, um 19.30 Uhr im Sachsenwald-Forum.
Tatsächlich gilt im Viertel bislang ein Bebauungsplan, der eine Bebauung wie in der direkten Nachbarschaft der Villa erlaubt. Möglich wäre ein zweigeschossiges Gebäude gewesen, 40 Prozent des 1269 Quadratmeter großen Grundstücks hätten bebaut werden können, wie es aus dem Reinbeker Bauamt hieß.
Makler berichtet von vielen Interessenten für die Villa in Reinbek
Der allgemeine Besichtigungstermin ist jetzt unter den neuen Voraussetzungen abgesagt. Makler Johann Christian von Donner preist die Villa nun als denkmalgeschütztes Haus in zentraler Lage auf großzügigem Grundstück im Bieterverfahren an. Das sanierungsbedürftige Gebäude ist unterteilt in zwei Wohnungen mit je vier Zimmern, mit jeweils einem Bad, einem WC und einer Küche mit Abstellkammer. Die Wohnung im Obergeschoss hat einen Balkon, die im Erdgeschoss eine Veranda zur Straße hin, versteckt hinter hohen Rhododendronbüschen. Das Haus ist unterkellert. Das 1269 Quadratmeter große Grundstück in West-Ausrichtung grenzt an das Kirchengelände sowie an die Mietshäuser an. Dort steht außerdem eine ebenfalls denkmalgeschützte Werkstatt mit Garage.
„Es gibt bereits viele Interessenten“, sagt von Donner. Auskünfte erteilt er möglichen Kaufinteressenten unter der Telefonnummer 040/72 81 14 50.
Über die besondere Immobilie gibt es nur wenig Informationen
Gisela Manzel, Vorsitzende des Geschichts- und Museumsvereins Reinbek, war am Dienstag erfreut über die neue Wendung. „Es ist schön, wenn solch alte, hübsche Häuser in Reinbeks Straßenbild erhalten bleiben“, sagt sie. Gleichzeitig sieht sie aber auch die Kehrseite der Medaille: „Leider verursacht ihr Umbau für Familien auch immense Kosten. Dafür braucht man viel Liebe und Zeit.“
Sie bedauert, dass über das 1896 erbaute Haus so wenig bekannt ist. „Bis Ende der 1960er-Jahre hat direkt daneben eine ganz ähnliche Villa gestanden. Ebenfalls mit der Schauseite zur Straße hin und mit einem Wirtschaftshof auf der Rückseite“, berichtet die Reinbekerin. Daran habe sich wiederum das Drogeriegeschäft Heick angeschlossen, später eine Bank mit einer Wohnung darüber.