Ahrensburg. Der Christdemokrat und Liebhaber von Zitaten engagierte sich mehr als drei Jahrzehnte für seine Heimatstadt. Er wurde 72.
Die Ahrensburger Stimme mit dem unerschöpflichen Fundus an Zitaten ist verstummt. Bürgervorsteher Roland Wilde ist nach kurzer schwerer Krankheit gestorben. Der Christdemokrat wurde 72 Jahre alt. Er hinterlässt seine Ehefrau und zwei erwachsene Kinder.
Zu Wildes letzten Amtshandlungen zählte die Vereidigung des neuen Bürgermeisters Eckart Boege und die Verabschiedung von Vorgänger Michael Sarach bei der Stadtverordnetenversammlung Ende April. Den Sozialdemokraten Sarach hatte CDU-Mann Roland Wilde als Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung und damit oberster Repräsentant der Stadt mehr als ein Jahrzehnt begleitet. „Nicht bei allen Themen Schulter an Schulter, aber doch immer als Team“, wie er mal im Abendblatt sagte. Sarach hatte sein Amt im Mai 2010 übernommen, Wilde seines im Februar 2012.
Roland Wilde vereidigte Ende April den neuen Bürgermeister
„Heute stoßen wir die Tür zu einer neuen Amtszeit auf, während der wir gemeinsam vor der Herausforderung stehen, die Voraussetzungen für eine moderne und zukunftsgewandte Stadt zu schaffen“, sagte Wilde in der Sitzung bei der Staffelübergabe der Bürgermeister. Da hatte die Krankheit ihn schon merklich geschwächt – worüber er jedoch auch langjährigen Weggefährten gegenüber kein Wort verlor. Die Mai-Sitzung leitete bereits der stellvertretende Bürgervorsteher Horst Marzi (Grüne).
Der am 26. Juni 1949 in Hamburg geborene Roland Wilde kam 1962 nach Ahrensburg, das für ihn und seine Familie zur Heimat wurde. Obwohl er die Oberschule in Hamburg besuchte, in Stuttgart studierte und zeitweilig in Lüdenscheid lebte, behielt er seinen ersten Wohnsitz stets in der Schlossstadt.
Beruflich war der Familienvater viel unterwegs
Weil er als engagierter Elternbeirat an der Aalfangschule auffiel, fragte ihn ein CDU-Politiker, ob er sich nicht auch kommunalpolitisch einbringen wolle. So trat Wilde 1988 in die Partei ein, arbeitete seit 1990 in der Fraktion mit und wurde 1992 Stadtverordneter.
Da der Diplom-Wirtschaftsingenieur als Bereichsleiter eines Unternehmens für bedruckte Blechverpackungen viel reisen musste, war es nicht immer einfach, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen. Umso besser passte es, dass er gerade in den Vorruhestand gegangen war, als er den Posten des Bürgervorstehers Anfang 2012 übernahm. Damals war sein Vorgänger Werner Bandick (CDU) überraschend gestorben. In das Amt investierte Wilde schon mal bis zu 30 Wochenstunden.
Das Hobby Modelleisenbahnen teilte er mit seiner Frau
2016 wurde ihm für seine besonderen Verdienste in der kommunalen Selbstverwaltung und für die Allgemeinheit vom schleswig-holsteinschen Innenminister die Freiherr-vom-Stein-Verdienstnadel verliehen. „Herr Wilde sorgt mit seiner ausgesprochenen offenen und neutralen Sitzungsleitung gerade auch bei kontrovers diskutierten Themen für einen respektvollen Umgang der Stadtverordneten miteinander“, hieß es in der Laudatio.
Entspannen konnte er bei Spaziergängen mit seiner Frau. Beide mochten Städtereisen an Nord- und Ostsee und teilten auch ein gemeinsames Hobby: Modelleisenbahnen.
Zum Abschluss ein Zitat von Zuckmayer: „Was zählt, ist der Mensch“
Rückblick In seinem letzten Weihnachtsgruß 2021 schrieb Roland Wilde, das vergangene Jahr sei voller Ereignisse gewesen, die er unter keinen Umständen missen möchte. Es habe aber auch solche gegeben, „auf die ich gut und gerne verzichten könnte“, fuhr er fort.
Die ausschließlich online ausgestrahlte Ansprache zum Jahreswechsel nutze Wilde noch mal zum großen Dank an etliche Mitstreiter auf seinem Weg – von der Tafel und den Flüchtlinge-Freundeskreis über Wirtschafts- und Kulturverbände bis zu Stadtforum, Vereinen, Schulen, Polizei, Feuerwehr und Verwaltung. Selbstverständlich baute er auch etliche Zitate in die mehr als 20-minütige Rede ein, von Abraham Lincoln („Das Beste an der Zukunft ist, dass sie uns immer einen Tag nach dem anderen serviert wird“) bis zum Dalai Lama („Falls du glaubst, dass du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist“).
Wilde selbst sagte: „Die Dinge laufen selten so, wir wir es uns gerade denken.“ Zum Abschluss wählte er in Anlehnung an Carl Zuckmayers „Hauptmann von Köpenick“ den Satz: „Was zählt, ist der Mensch. Erst kommt der Mensch und dann die Menschenordnung.“