Ahrensburg. In unserer Serie treffen wir Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Roland Wilde, seit 2012 Bürgervorsteher von Ahrensburg.

„Nicht die Schule allein, sondern die Teilnahme an den Angelegenheiten des Ganzen ist der sicherste Weg zur Vollendung der geistigen und sittlichen Entwicklung eines Volkes.“ Der Ausspruch stammt von Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (1757–1831), und er passt als echter Klassiker auch heute noch – hier sogar in mehrfacher Hinsicht. Denn der preußische Staatsmann Freiherr vom Stein ist Namensgeber einer Auszeichnung, die Ahrensburgs Bürgervorsteher Roland Wilde jetzt in Kiel von Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt überreicht bekam. Das Zitat könnte zudem als Credo des Geehrten durchgehen. Und es passt auch deshalb, weil Wilde in Reden ausgiebig das geflügelte Worte pflegt.

„Die Auszeichnung bedeutet mir viel“, sagt der 67-Jährige. „Ich sehe sie auch als Anerkennung der gemeinsamen Arbeit und als Ansporn für die Stadt.“ Er lobt die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Bürgermeister Michael Sarach, der ihn für die Ehrennadel vorgeschlagen hatte. „Das ist auch ein Zeichen dafür, wie gut wir mittlerweile miteinander harmonieren. Es gab immer wieder Themen, bei denen wir nicht Schulter an Schulter standen, doch das haben wir immer intern ausgetragen. Wir bilden inzwischen ein gutes Team.“ Was auch funktioniert, weil Wilde nicht dogmatisch, sondern pragmatisch handelt – gemäß der Weisheit des Freiherrn vom Stein: „Lösungen des Welträtsels werden nicht gelehrt, sondern erlebt.“

Wilde ist ein integrer Politiker, der von allen Fraktionen geschätzt wird – also ideal als Bürgervorsteher, der als Vorsitzender der Gemeindevertretung die Stadt repräsentiert. Im Januar 2012 wurde Wilde Nachfolger des früh gestorbenen Werner Bandick. Neutralität sei in diesem Amt unerlässlich; „Ich muss unparteiisch sein. Das wird fraktionsübergreifend akzeptiert“, sagt CDU-Mitglied Wilde. Wichtig sei auch Vertraulichkeit. „Jeder weiß, dass das, was mir anvertraut wird, auch bei mir bleibt.“

Wilde kam in die Politik, weil er als engagierter Elternbeirat der Aalfangschule und bei lokalen Debatten im Hagen aufgefallen war. Ein CDU-Politiker fragte ihn, ob er sich nicht auch kommunalpolitisch einbringen wolle. Wilde wollte – zunächst in der Schulpolitik. Er wurde 1992 als Bürgerliches Mitglied der CDU Vorsitzender des Bilddungs-, Kultur- und Sportausschusses. Danach gehörte er fast jedem Ausschuss der Stadt an. Ein Engagement, das logistisch keine geringe Herausforderung war, denn als Bereichsleiter eines Unternehmens, das auf bedruckte Blechverpackungen spezialisiert ist, musste Wilde viel reisen. „Das war oft anstrengend, aber ich konnte meinen Terminkalender so gestalten, dass ich meist rechtzeitig wieder in Ahrensburg war.“ Als er den Posten des Bürgervorstehers übernahm, war er gerade in den Vorruhestand gegangen.

Wilde wurde in Hamburg geboren. Er kam 1962 nach Ahrensburg, das er als seine Heimat bezeichnet. Obwohl er die Oberschule in Hamburg besuchte, in Stuttgart studierte und zeitweilig in Lüdenscheid lebte, behielt er seinen ersten Wohnsitz stets in Ahrensburg, wo auch Sohn und Tochter aufwuchsen. Seine berufliche Karriere hatte er mit einem Praktikum im Tief- und Offsetdruck bei Springer in Ahrensburg begonnen.

Die Kommunalpolitik war und ist für ihn ein anhaltender Lernprozess. „Das ist eine andere Welt als in der freien Wirtschaft, wo irgendwann eine Entscheidung fallen muss.“ In der Politik dagegen gebe es endlose Debatten, und Entscheidungen würden immer wieder aufgeschoben. „Daran habe ich mich noch immer nicht gewöhnt“, sagt er.

Wilde wendet etwa 30 Stunden in der Woche für sein Ehrenamt auf – nach Möglichkeit ohne Heimarbeit. Er geht gern mit seiner Frau spazieren, reist mit ihr – gern in Städte, an Nord- und Ostsee oder kreuz und quer durch Schleswig-Holstein. Außerdem teilen die beiden ein für Ehepaare ungewöhnliches Hobby, bei dem sie allerdings nicht kompatibel sind: Sie haben beide ein Faible für Modelleisenbahnen. „Meine Frau für die Spur N, ich für H0“, sagt er und grinst. „Ich hoffe, dass wir beide Spurbreiten mal in einer Landschaft gleichzeitig fahren lassen können.“

Das Bild beschreibt Wildes ausgleichenden Charakter. Auch in Ahrensburg wünscht er sich mehr Harmonie. „Wir sollten fair und sauber miteinander umgehen. Ein offenes Wort ist gut, aber nicht in der Öffentlichkeit.“ Der folgende Ausspruch stammt nicht aus Büchmanns „Geflügelten Worten“, sondern ist ein echter Wilde – durchaus zitierfähig, nicht nur in Ahrensburg, aber hier besonders: „Man muss Menschen mögen und sie so nehmen, wie sie sind. Verinnerlicht man das, dann ist die ehrenamtliche Arbeit intensiv und erfüllend.“ Oder wie Freiherr vom Stein sagte: „Freude ist die Leidenschaft, durch die wir besser werden.“