Reinbek. Der Andrang der Geflüchteten bei der Freitagsausgabe wurde zu groß, die Spenden reichten nicht. Was tun? Sehr schnell war die Idee da.
Immer mehr Geflüchtete kommen montags zur Nathan-Söderblom-Kirche am Täbyplatz. Die Kirchengemeinde Reinbek-West hat Ende April eine Lebensmittelausgabe und Suppenküche extra für Geflüchtete aus der Ukraine angestoßen, weil der Andrang bei der Lebensmittelausgabe des Kirchentisches und der Suppenküche durch Familien aus dem Kriegsland zu stark geworden war.
Hilfe für Geflüchtete: ein weiterer Ausgabetag
„Wir hatten überlegt, was machen wir jetzt“, erzählt Pastorin Bente Küster. „Es war einfach zu voll und auch eine andere Klientel als die der Suppenküche.“ Die soll ein Treffpunkt hauptsächlich für Senioren sein. Die Familien mit vielen kleinen Kindern aus der Ukraine hätten jedoch ganz andere Bedürfnisse. „Ich finde es toll, was die Ehrenamtlichen innerhalb kürzester Zeit auf die Beine gestellt haben“, lobt Pastorin Küster. „Und alle helfen sich gegenseitig, die Nachricht vom neuen Treffpunkt hat sich sehr schnell herumgesprochen.“
Die Freitagsausgabe war mit der aktuellen Situation überfordert
Simone Seffert, Leiterin des Reinbeker Kirchentisches, berichtet: „Die Flüchtlingswelle 2015/2016 haben wir noch mitgetragen. Regelmäßig kommen freitags etwa 55 bis 60 Tafelkunden zu uns, sowohl Einzelne als auch Familien.“
Doch mit der aktuellen Situation sei die Freitagsausgabe überfordert gewesen. „Wir haben versucht, die vorhandenen Spenden gerecht aufzuteilen, um niemanden mit leeren Händen wegschicken zu müssen.“ Doch irgendwann sei die Situation auch in der kurzen Zeit nicht mehr aufzufangen gewesen, erklärt Ulrike Jackson, die Organisatorin der Montagsausgabe. Es war klar, dass etwas passieren musste, und die Idee zum Extratag für Menschen aus der Ukraine war geboren.
Mehr als nur Essensausgabe für die Menschen
Snizhana Dydich, die mit ihren Töchtern Tatjana (1) und Marta (3) gekommen ist, ist froh darum und sagt: „Wir haben Glück, dass wir diese Möglichkeit haben. Nicht nur die Lebensmittel sind wichtig, sondern auch die Informationen, die wir im Austausch mit den anderen hier erfahren.“ Außerdem freut sie sich, dass es sogar eine Kinderbetreuung gibt.
„Es ist schwer, wenn man immer alles allein machen muss“, sagt die junge Mutter. Ihre kleine Marta amüsiert sich derweil nebenan im Gemeindesaal mit den anderen Kindern. Dort gibt es Platz zum Toben, bunte Luftballons, Stifte und Papier – und Inge Kunz, die ein Auge auf die Kleinen hat. „Untereinander verstehen sich die Kinder ja zum Glück“, sagt sie. Jedes Mal kämen mehr Kinder mit.
Und auch die Suppe wird jedes Mal stärker nachgefragt. „Wir gehen mittlerweile auf die 60 Teller zu“, erzählt Sabine Greinert, eine der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die in der Küche in Rainer Fromms Team mithilft.
Übersetzerinnen sind vor Ort und helfen bei Fragen
Um 10.30 Uhr beginnt Fromm meist mit dem Kochen. Und alle schnippeln mit für die 50 Liter Gemüsesuppe mit Reis, Kartoffeln und kleinen Hackbällchen: Sabine Greinert, Sylvia Opitz, Heike Brackmann und Anastasia Orlova.
„Wie heißt das Fleisch?“ fragt die junge Ukrainerin nach den Vokabeln. Sie hilft, wo sie kann: übersetzt, hilft, wenn es bei der Anmeldung um die Schreibweise eines Namens geht, eilt herbei, wenn ein kleines Kind getröstet werden muss, und gibt Auskünfte weiter. Vor dem Ausbruch des Krieges war sie Krankenschwester. „Wir sind sehr froh, dass die Deutschen uns diese Treffen ermöglichen“, sagt sie. „Ich helfe gern und kann hier noch meine Sprachkenntnisse erproben.“
Auch Elke Hadamczyk freut sich über ihre Unterstützung. Sie sitzt zwischen den Eingängen zum Gemeindehaus und der Lebensmittelausgabe unter einem Holunderstrauch und versucht die Namen der Gäste aufzunehmen, gibt Coupons für die Lebensmittelausgabe ab 14.30 Uhr und für die frisch gekochte Suppe ab 13.30 Uhr aus.
Montags sind jetzt auch neue freiwillige Helfer dabei
Hinter der Glastür ist Ulrike Jacksons Team bester Laune. „Wir wollen alle etwas tun, um zu helfen“, erzählt die Organisatorin. „Und bei diesem Projekt können wir alle mit anpacken. Es hat sich schon ein schöner Kontakt zu vielen Menschen entwickelt.“
Sie hat elf neue Helferinnen und zwei neue Helfer um sich geschart. Jana Athey hat freitags keine Zeit und freut sich, dass sie jetzt montags mit einsteigen konnte. Die Idee ist, dass zukünftig noch mehr gemeinsam gekocht wird. Schon jetzt helfen fünf Ukrainerinnen mit. Und wer mag, kann ab 14.15 Uhr zu einer Andacht mit Orgelmusik in die Kirche gehen und eine Kerze anzünden.
Spende der Buhck-Stiftung
Der Reinbeker Kirchentisch finanziert sich ausschließlich über Spenden. Die Lebensmittelspenden für die Freitagsausgabe kommen von Supermärkten und Bäckereien der Umgebung. Die Abholung und Anlieferung dieser Spenden erledigt vorwiegend das Fahrerteam der Bergedorfer Tafel. Zusätzlich werden die Ehrenamtlichen durch Geldspenden aus ihrem Umfeld unterstützt. Die Suppe wird allein durch Spenden von den Bäckereien am Täbyplatz durch Brot und Kuchen und von den Händlern des Wochenmarktes unterstützt.
Durch die vor dem Krieg Geflüchteten erleben derzeit alle Tafeln einen Ansturm. Zusätzliche Lieferungen der Bergedorfer Tafel sind daher nicht möglich. Die Spenden der umliegenden Geschäfte und der Wochenmarktstände reichen nicht. Deshalb müssen die Ehrenamtlichen Lebensmittel zukaufen.
Die Buhck-Stiftung hat das Reinbeker Projekt mit 4000 Euro angeschoben. Dies sei auch für die Stiftung viel Geld, sagt Britta Buhck aus dem Stiftungsvorstand. Weitere Spenden für das Projekt sind willkommen, an Kirchengemeinde Reinbek-West, Evangelische Bank, IBAN: DE87 5206 0410 6006 4460 19, „Ukraine“.