Reinbek. Die Stadt hat den Bürgerpreise an den Reinbeker Kirchentisch (2020) und Claus Brettner (2021) im Schloss vergeben.
Ohne sie wäre Reinbek menschlich gesehen um einiges ärmer – deshalb zeichnet die Stadt eigentlich jedes Jahr Menschen, die sich besonders für die Allgemeinheit engagiert haben, mit Reinbeks Bürgerpreis aus. Dieses Jahr überreichten Bürgermeister Björn Warmer und Bürgervorsteher Christoph Kölsch gleich zwei Preisträgern die Urkunden. Denn die Ehrung für 2020 musste wegen der Pandemie verschoben werden.
Ausgezeichnet wurden daher für 2020 der Reinbeker Kirchentisch, der jeden Freitag von 13 bis 14 Uhr Lebensmittel an Bedürftige ausgibt, sowie für 2021 Claus Brettner, der nicht nur seit 2005 Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Schönningstedt ist. Der Schönningstedter (58) führt seinen Betrieb, die Fahrzeuglackiererei Peters, in fünfter Generation. Im Betrieb hat er weit mehr als 100 junge Leute aus mehr als 17 Nationen ausgebildet, darunter Menschen mit Handicap, Geflüchtete. „Ich war selbst überrascht, wie viele es waren“, erzählt Claus Brettner. „Wir sind sogar noch bunter als das Team im Rathaus.“ Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, anderen zu helfen.
Claus Brettner: Schon sein Urgroßvater hat Geflüchteten eine Chance gegeben
Er führt damit eine Familientradition weiter. „Schon mein Urgroßvater August Peters hat Geflüchteten aus Schlesien eine Chance gegeben und sie ausgebildet oder angestellt.“ Er und folgende Generationen hätten den Betrieb aufgebaut und Wohnungen gebaut. Seine Aufgabe sei es nun, dies alles zu erhalten und mit Leben zu füllen. Auch diese vergibt er nun gern an Wohnungssuchende mit Bedarf oder auch seine Azubis. „Das ist ja meist ein Teufelskreis: Ohne Wohnung keine Arbeit und ohne Arbeit keine Wohnung“, erklärt er. Er unterstützt wo er kann, ob bei der TSV, im Gewerbebund oder beim Schützenfest.
„Denn ich bin dafür, dass die die viel leisten können, auch viel leisten sollen – nicht allein finanziell. Auch sechs seiner Mitarbeiter seien Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr – wenngleich vielleicht noch nicht 42 Jahre lang wie er. Auf die Entschädigung im Einsatzfall durch die Stadt verzichtet der Unternehmer. „Ich helfe ja nicht wegen des Geldes“, sagt Claus Brettner. „Das ist ein Geben und Nehmen.“ Auch die betroffenen Mitarbeiter holen die Stunden im Zweifel nach. Der 58-Jährige weiß, auf sie kann er zählen. Wenn es bei einem Auftrag einmal zeitlich knapp wird, sind sie für ihn da. „Aber mich freut es sehr, dass mein Engagement jetzt durch den Bürgerpreis anerkannt wird“, sagt Brettner. „Ich wusste von nichts.“
Bürgermeister Björn Warmer lobt die besondere innere Haltung
Bürgermeister Björn Warmer, der gemeinsam mit Christoph Kölsch Brettners Leistungen würdigte, hob besonders Brettners innere Haltung hervor: „Es ist diese gelebte Überzeugung, dass er sich um die kümmert, die nicht so eine Fortune haben wie er selbst, die so unfassbar wertvoll für die Stadtgesellschaft sind.“ Ebenso wie das Team um Simone Seffert vom Kirchentisch, sei er von einer sagenhaften Bescheidenheit. „Nun ist es einmal an der Zeit zu zeigen: Das ist nicht selbstverständlich“, sagte Warmer.
Auch Seffert freute sich sehr für ihren Kirchentisch und weitere Mitstreiter unter anderem aus der Suppenküche der Kirchengemeinde. Während im Lockdown viele Tafeln ihre Ausgaben schlossen, wurde Simone Seffert aktiv. „Nachdem wir Mitte März schließen mussten, saß ich wie gelähmt zwei bis drei Wochen zu Hause“, erinnert sich die 56-Jährige. „Aber wir sehen die Not der Menschen. Sie, besonders die Senioren, brauchen nicht nur die Lebensmittel, sondern auch den Kontakt.“ Deshalb startete sie schließlich einen Aufruf über Facebook, sich bei ihr zu melden, um für Senioren zu spenden, einzukaufen und Ihnen die Lebensmittel an die Tür zu bringen. Wie Björn Warmer betonte, ging es dabei um die Gruppe, die während der Pandemie am stärksten gefährdet war. „Mehr ging nicht“, stellte er fest. „Das war ein außergewöhnlicher Akt der Solidarität.“ Simone Seffert hat alles koordiniert. „Wir haben auf diese Weise etwa 60 bis 70 Menschen versorgt“, erzählt die Ehrenamtliche.
Kirchentisch sucht weiter tatkräftige Helfer
Etwa ein Drittel der Kundinnen und Kunden seien aus der älteren Generation. Die Hilfe hält bis heute an. Die anderen sind andere Bedürftige, die der Kirchentisch mit Lebensmittelgutscheinen, zunächst vom Hamburger Abendblatt, später auch vom Kreis Stormarn, unterstützt. In Abstimmung mit dem Sozialamt, damit die Hilfe die Richtigen erreicht. Von der Jürgen-Rickertsen-Stiftung gab es für die Senioren ebenfalls Gutscheine.
Simone Seffert bedankt sich: „Diese Auszeichnung ist auch Werbung für das ehrenamtliche Engagement. Wir als Menschen, die sich engagiert haben, freuen uns, dass dies anerkannt und gesehen wird, auch darüber, dass die Stadt wahrnimmt, dass auch bei uns Menschen Hilfe brauchen.“ Sie hofft, dass dies auch Ansporn sein kann, damit sich neue tatkräftige Helfer per Mail unter sj-seffert@t-online.de melden.