Reinbek. Hochrangige Politiker zum Start dabei. Allergopharma produziert Vakzin von Biontech/Pfizer. 50 Millionen Dosen im Monat.
Es ist gegen 11 Uhr, als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gemeinsam mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (ebenfalls CDU) und Dermapharm-Geschäftsführer Hans-Georg Feldmeier den roten Buzzer betätigt: Mit einem symbolischen Knopfdruck ist am Freitag die Produktion von Corona-Impfstoff bei dem Unternehmen Allergopharma in Reinbek gestartet.
An dem Standort soll fortan das Vakzin des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer hergestellt werden. „Wir sind außerordentlich dankbar, dass wir einen Beitrag zur Bekämpfung dieser Pandemie leisten können“, sagte Feldmeier, Geschäftsführer des Allergopharma-Mutterkonzerns Dermapharm im Beisein Spahns, Günthers und des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministers Heiner Garg (FDP).
Corona-Impfstoff von Biontech wird nun in Reinbek produziert
„Der Produktionsstart in Reinbek macht einen echten Unterschied“, sagte Spahn. Ohne den neuen Standort könne es nicht gelingen, die Impfkampagne in den kommenden Monaten wie geplant weiter zu beschleunigen. „Ohne die Kapazitäten in Reinbek könnten viele Millionen Impfdosen nicht produziert werden“, so der CDU-Politiker bei seinem Besuch. Von den 80 Millionen Impfdosen im zweiten Quartal kämen 50 Millionen von Biontech.
Zuvor hatte Spahn sich bei einem gemeinsamen Rundgang mit Günther und Garg über die Impfstoffproduktion bei Allergopharma informiert. Das Unternehmen Sitz an der Hermann-Körner-Straße stellt eigentlich Allergie-Medikamente her und kann in diesem Bereich auf mehr als 50 Jahre Erfahrung zurückblicken. Nach Angaben einer Sprecherin sind die Produktionsanlagen jedoch auch für die Herstellung von Impfstoff geeignet. Bereits seit Oktober stellt der Dermapharm-Konzern in einem Werk in Brehna (Sachsen-Anhalt) das Biontech-Vakzin her. In den vergangenen Wochen wurden die rund 430 Mitarbeiter von Allergopharma an dem Standort des Schwesterunternehmens geschult.
Spahn ist zuversichtlich, dass Impfreihenfolge bald aufgehoben werden kann
„In den vergangenen Monaten gab es immer wieder eine intensive Debatte darüber, ob Zwangslizenzen der richtige Weg sind, um die Produktionskapazitäten beim Impfstoff zu erhöhen“, sagte Spahn. „Das Beispiel Allergopharma zeigt: Nein, die braucht es nicht. Viele Unternehmen der Branche hätten von sich aus den Wunsch, zusammenzuarbeiten, um die Welt aus der Pandemie zu führen. Allergopharma und Biontech/Pfizer sei es gelungen, zwischen Dezember und April in Rekordzeit eine Impfstoffproduktion aufzusetzen, die funktioniere.
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Spahn zeigte sich zuversichtlich, dass wie geplant im Juni die Priorisierung nach Gruppen für die Corona-Impfung aufgehoben werden könne. „Ich bin optimistisch, dass die Lieferzusagen der Hersteller eingehalten werden“, so der CDU-Politiker. Daran habe Reinbek einen Anteil. Dennoch bedeute das nicht, dass sich alle Deutschen im Juni sofort impfen lassen könnten. Der Minister rechnet damit, dass viele Menschen noch bis in den Sommer auf die Immunisierung warten werden müssen. Spahn: „Dennoch ist das Voranschreiten der Impfkampagne die Perspektive aus dieser Pandemie.“
Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister ist erleichtert von Produktionsbeginn
Ähnlich äußerte sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. „Impfungen sind der Schlüssel, um aus dieser Pandemie herauszukommen“, sagte der CDU-Politiker in Reinbek. Günther nannte den Produktionsstart in Reinbek wichtig nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa. „Das ist ein großartiges Ereignis, das mich als Ministerpräsident auch stolz macht“, so der CDU-Politiker. Der Ausbau der Produktionskapazitäten in Europa sei ein wichtiger Schritt, um in Zukunft unabhängiger von anderen Ländern zu werden, betonte Günther.
Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg zeigte sich erleichtert von dem Produktionsbeginn in Reinbek. „Der Impfstoff ist immer noch knapp, aber es geht aufwärts und daran haben Sie einen Anteil“, sagte der Minister an die Mitarbeiter von Allergopharma gerichtet. Der FDP-Politiker plädierte dafür, den Fokus auf die Gesundheit in Politik und Wirtschaft auch nach der Pandemie beizubehalten. „Wenn das Coronavirus uns eines gelehrt hat, dann, dass bestimmte Dinge unverzichtbar sind und man nicht an ihnen sparen sollte“, sagte Garg.
Zwei Schritte der vierstufigen Impfstoffproduktion werden in Reinbek abgewickelt
Dermapharm-Geschäftsführer Hans-Georg Feldmeier dankte den Verantwortlichen bei Biontech für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. „Wir wären nicht hier, wenn Sie diesen Impfstoff nicht entwickelt hätten“, sagte er in Richtung von Sierk Poetting, Kaufmännischer Geschäftsführer bei Biontech, der per Video zugeschaltet war. Nach Angaben Feldmeiers gibt es in Reinbek Kapazitäten, um monatlich 40 bis 50 Millionen Impfdosen herzustellen. Wie viele es genau sein werden, wollte der Geschäftsführer nicht sagen.
Zwei Schritte der vierstufigen Impfstoffproduktion sollen laut Feldmeier in Reinbek abgewickelt werden. Zum einen die sogenannte Formulierung. „Bei diesem Schritt wird die mRNA mit lipiden Nanopartikeln zusammengeführt, wir nennen das Verheiraten“, erklärt er. Das Umschließen mit einer Fetthülle sei notwendig, damit die mRNA nach der Impfung unverändert in die Körperzellen gelangen könne. Der Wirkstoff selber werde zuvor von Biontech hergestellt und nach Reinbek geliefert. Darüber hinaus werde das Vakzin bei Allergopharma abgefüllt und verpackt.
Schnelle Verständigung zwischen Biontech und Allergopharma
„Es ist unser gemeinsames Ziel, der Pandemie den linken Haken zu zeigen“, sagte Poetting in seiner Grußbotschaft per Video. Zwischen Biontech und Allergopharma habe es schnell eine Verständigung hinsichtlich einer Kooperation gegeben. „Und dann haben unsere Mitarbeiter mit Blut, Schweiß und Tränen umgesetzt, was wir als Management uns ausgedacht haben“, so der Kaufmännische Geschäftsführer. Poetting lobte auch die Behörden, die keine Zeit bei der Zulassung der neuen Produktionsstandorte verloren hätten.
Zum Schluss ging Spahn noch einmal auf die Debatte um Lockerungen für Geimpfte ein. Im Moment liefen dazu bereits Abstimmungen zwischen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, eine entsprechende Verordnung könne nach seiner Einschätzung schon in der kommenden Woche auf den Weg gebracht werden. Der Minister betonte: „Bei der zu recht oft emotional geführten Debatte, ob solche Erleichterungen gerecht sind oder nicht, sollte man nicht vergessen, dass wir es den Impfstoffherstellern zu verdanken haben, dass wir überhaupt über Lockerungen für Geimpfte debattieren können.“