Elmshorn. „Könnte schwach werden“, sagt Hischem Metidji. Im Oman ist er mit Deutschland zwar ausgeschieden, aber hat auf sich aufmerksam gemacht.
Das Buch vom Märchen aus 1001 Nacht hatte Hischem Metidji (25) nach fünf Kapiteln aus der Hand gelegt. Schlägt er es demnächst wieder auf? Ein Vermittler aus Oman, mit dem er inzwischen täglich telefoniert, macht dem Bezirksliga-Fußballer des FC Elmshorn jedenfalls ein Engagement auf der Arabischen Halbinsel am persischen Golf schmackhaft.
Noch wird aus den Gesprächen nicht ersichtlich, welche Vereine in welchen Ländern genau infrage kommen. Metidji äußert umso konkretere Vorstellungen. „7000 bis 8000 Euro im Monat plus PKW plus Wohnung. Dann könnte ich vielleicht schwach werden.“
Fußballprofi am persischen Golf: Hischem Metidji wird es sich gut überlegen
Das sind die Zahlen. Doch alles will aus familiären Gründen gut überlegt sein. Erst vor einem Monat ist Metidji Vater einer Tochter geworden. Was wird aus dem Herz der Mutter, die nur ein paar Straßen von ihm entfernt in Osdorf wohnt ?
Keine Frage: Das Interesse an seinen fußballerischen Künsten ist gerechtfertigt. Bei der Kleinfeld-WM in Oman Anfang Dezember hatte der trickreiche, wendige Luruper das frühzeitige Scheitern der Deutschen Nationalmannschaft im Achtelfinale nicht verhindern können. Spätestens aber mit seinem pfiffig verwandelten Penalty gegen Rumänien (3:4/1:1) nach zuvor zwei Torerfolgen in der Vorrunde (vier Partien) hatte er Begeisterung in den Wohnzimmern in und um Elmshorn erzeugt.
Vom Berater verschaukelt: Fast wäre Metidji beim VfL Wolfsburg gelandet
Doch so frech und unbekümmert er in einigen Interviews der ARD-Sportschau auch auftrat, haben sich doch frühere negative Erlebnisse in seinem Kopf verfestigt. Da ist die Geschichte mit dem VfL Wolfsburg, der ihn, den Leistungsträger im Team von Regionalliga-Aufsteiger Altona 93, 2019 zwei Wochen im Probetraining unter die Lupe genommen hatte. Als „Hischo“, wie ihn alle nennen, schließlich eine Einladung ins VfL-Trainingslager erhielt, funkte sein Berater, von dem er sich alsbald trennte, dazwischen. „Wir bringen dich locker woanders unter.“ Daraus wurde nichts.
Hingehalten fühlte sich Metidji später von Borussia Dortmund, deren Trainer der zweiten Mannschaft ihn ins Revier eingeladen und dort dann abserviert hatte. Der Traum vom Bundesliga-Profi? Geplatzt, in einem Sommer. In der Summe ist daraus eine Lebensphilosophie entstanden. „Ich suche nicht das Geld, sondern Anerkennung.“
Im Nationalteam hochgeschätzt, bei Eintracht Norderstedt auf der Bank versauert
Insofern wird es ihn beflügeln, was Bundestrainer Malte Froehlich nach dem Turnier über ihn sagte. „Hischem hat eine sehr gute WM gespielt, nicht nur Tore erzielt, sondern auch defensiv seine Aufgaben erfüllt und sich so wie alle anderen immer in den Dienst der Mannschaft gestellt. Deren wertvolles Mitglied bleibt er natürlich weiterhin.“
Wie gerne hätte Metidji solche Worte auch während seiner zehn Monate in der Regionalliga Nord während der Saison 2019/2020 bei Eintracht Norderstedt gehört. Dass seine Spielweise dort nicht in das Konzept von Trainer Jens Martens, anerkannter Fachmann (früher TuS Holstein Quickborn) passte, und er zum Reservisten verkümmerte, ließ ihn, den 20-Jährigen, endgültig umdenken.
Fußballer beim FC Elmshorn: Spielertrainer Seyhmus Atug kann sportlich auf Metidji kaum verzichten
Von da an ging es ihm nur noch um Spaß am Fußball, und zwar an der Seite von Seyhmus Atug, mit dem er sich bei Altona 93 angefreundet hatte. Seinem engen Vertrauten folgte er zum VfL Lohbrügge, dem WTSV Concordia, dem ASV Hamburg und vor der aktuellen Saison schließlich zum FC Elmshorn.
Spielertrainer Atug ist zwiegespalten. Mit Metidji, mal Rechtsaußen mal Spielmacher, schon achtfacher Torschütze, spielen die Elmshorner einerseits eine so starke Saison in der Staffel West wie lange nicht mehr. Andererseits würde Atug seinem treuen Wegbegleiter, als Sohn algerischer Eltern der arabischen Sprache mächtig, dieses neuerliche Abenteuer im Mittleren Orient von ganzem Herzen gönnen.
Im Kleinfeld-Nationalteam hat Metidji eine Freunde gewonnen, halt aber Abstand zum Alkohol
Freundschaften hat Metidji auch innerhalb der Nationalmannschaft geschlossen. Mit den aktuell vereinslosen Thomas Haas (zuletzt Würzburger Kickers) und Tim Sulmer (zuletzt TSV Kornburg) sowie Torwart Kim Sippel (DFB-Stützpunkt-Trainer) hatte er sich das gemeinsame Fünf-Sterne-Apartment in der zentralen Geschäftszone von Omans Hauptstadt Maskat geteilt. Als Doppelpartner des bei Borussia Mönchengladbach ausgemusterten Christoph Kramer wurde er bei einem internen Tischtennis-Turnier Zweiter. Auch bei gemeinsamen Gesellschaftsspielen kam man sich näher.
Auf „Distanz“ ging Metidji („Wir waren eine große Familie.“) nur, als die meisten Teamgefährten ihren Kummer über das unglückliche Scheitern mit Bier hinunterspülten. „Bei einem Junggesellenabschied hatte ich nach ein paar Schlucken mal festgestellt, dass ich mit Alkohol nichts anfangen kann.“
Fußballer Hischem Metidji: Am Sonntag spielt der FCE-Kicker in der Icon League um 300.000 Euro
Es soll in naher Zukunft noch einiges zu feiern geben. Am Sonntag, 15. Dezember, strebt der gertenschlanke Mann, der seine Gegner gerne schwindelig spielt und sich beim Messenger-Dienst WhatsApp „Hischem Karussell“ nennt, den mit 300.000 Euro dotierten Sieg beim Endturnier der Icon League in München an. Metidji tritt für den FC Onefootball, dem auch einige Nationalteamkollegen angehören, in Aktion. Es handelt sich um die deutsche Hallenfußball-Liga, die von Toni Kroos und anderen Fußball-Persönlichkeiten ins Leben gerufen wurde.
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Einige Nummern kleiner, aber für Metidji nicht weniger wichtig wird es beim 4. FCE-Budenzauber am 26. Dezember von 13 Uhr an (KGSE-Halle) mit Beteiligung von neun Gästeteams (TSV Sparrieshoop, VfL Pinneberg, Gencler Birligi, 1.FC Quickborn II, ASV Hamburg, SV Lieth, Wedeler TSV, TSV Wandsetal, Roland Wedel).
Ausblick auf 2025: Metidji will mit FC Elmshorn und Nationalteam viel erreichen
Elmshorns Nationalspieler verspricht „volle Pulle“ und hat sich auch für 2025 eine ganze Menge vorgenommen. Erstens: „Aufstieg mit dem FCE in die Landesliga. Der gegenwärtige Sieben-Punkte-Abstand zu Tabellenführer TuS Osdorf schreckt mich nicht ab, dieses Ziel in Angriff zu nehmen.“ Zweitens und drittens soll seine Reise mit der Kleinfeld-Nationalmannschaft noch lange nicht zu Ende sein. Die EM wird nächstes Jahr in Moldawien, die WM in Mexiko gespielt.