Quickborn/Hamburg. Kultmoderator hat nach 62 Jahren freiwillig seinen Führerschein abgegeben. Wie geht er damit um? Und: Wer fährt ihn jetzt zur Sendung?

Der Lappen ist weg. Und nun? Mit der autofreien Zeit hat sich NDR-Kultmoderator Carlo von Tiedemann eigenen Angaben zufolge längst arrangiert. Wie berichtet, hat der erfahrene Radio- und Fernsehmann im Alter von 81 Jahren erst im November seinen Pkw-Führerschein freiwillig in der Pinneberger Kreisverwaltung abgegeben. 1962 hatte er ihn in Hamburg gemacht. Einziges Novum: Jetzt muss sich Carlo von Tiedemann von seiner Wohnung in Quickborn, wo er seit vielen Jahren lebt, zum Sender an die Rothenbaumchaussee fahren lassen.

„Ich habe mich schon daran gewöhnt“, sagt von Tiedemann auf Abendblatt-Nachfrage. „Ich bin ja nach wie vor etwas gehbehindert“, erklärt der nimmermüde Radiomoderator, der immer noch jeden Sonnabend beim NDR auf Sendung ist. „Jetzt bin ich braver Beifahrer“, sagt er. Seine Frau fahre ihn meist zur Aufzeichnung der Sendung nach Hamburg.

NDR-Moderator zur freiwilligen Fühererscheinabgabe: „Die Vernunft hat obsiegt“

„Die Vernunft hat obsiegt“, beschreibt Carlo von Tiedemann die Entscheidung rückblickend. Erst vor ein paar Wochen hatte er sich dazu durchgerungen, künftig gänzlich auf das selbstständige Autofahren zu verzichten. Ein Verkehrsunfall im vorigen Jahr hatte ihn darin bestärkt. Es war ein kleiner „Ohnmachtsanfall“, der zu diesem Blechschaden und dem Totalschaden seines Fahrzeugs führte. Aber zum Glück sei sonst nichts passiert, niemand sei verletzt worden.

Aber dieses Ereignis hätte ihm unmissverständlich klar gemacht, dass er nicht mehr auf die Straße gehöre. Zuvor sei er jahrzehntelang mit bestimmt 50.000 Kilometern im Jahr selbstständig im Auto unterwegs gewesen, sagt Carlo von Tiedemann. Folglich war die Führerscheinabgabe ein großer Einschnitt. „Ich fühlte mich zuletzt einfach unwohl und unsicher am Steuer. Darum habe ich den Führerschein jetzt lieber abgegeben, bevor noch etwas passiert.“

Der Öffentliche Nahverkehr ist für ihn keine Alternative

Der Öffentliche Nahverkehr sei für ihn aber keine Alternative. Erstens sei er nicht mehr so gut zu Fuß. Zudem fährt aus seinem Wohnort die AKN-Bahn momentan nicht mehr nach Hamburg, weil die Strecke wegen der Elektrifizierung zur S-Bahn für ein Jahr gesperrt ist. Aber der Hauptgrund sei ohnehin, „dass ich dann zu oft erkannt werde“, sagt Carlo von Tiedemann.

Als jemand, der 53 Jahre lang schon an höchst prominenter Stelle Radio und Fernsehen macht, habe er quasi „kein Privatleben“ mehr, wenn er sich in der Öffentlichkeit zeige. Natürlich sei er immer fröhlich und nett und freundlich zu den Leuten, die ihn ja auch alle mögen. Aber auf Dauer sei es doch ein wenig lästig und unbehaglich, mit dieser Situation umzugehen. „Darum ist Bahnfahren nicht so mein Ding. Dann fahre ich lieber Taxi“, sagt Carlo von Tiedemann. Und das fährt, zumindest im privaten Rahmen, nun seine Frau.

Auf seine wöchentliche Radiosendung bereitet er sich akribisch vor

Seinen vielen Hörern und Fans im Radio aber bleibe er weiterhin eng verbunden. Jeden Sonnabendvormittag von 10 bis 12 Uhr läuft seine Sendung „Carlo kennt sie alle“. Darin präsentiert Carlo von Tiedemann „die schönsten Schlager und die besten Oldies“, heißt es auf der NDR-Homepage. Und natürlich erzählt der Kultmoderator in der Sendung in seiner gewohnt launigen Art von seinen vielen Begegnungen mit Stars und Sternchen in der „Aktuellen Schaubude“, bei sonstigen  Veranstaltungen oder auch in der Kneipe.

Das alles wirkt bei ihm oft improvisiert und wie aus dem Ärmel geschüttelt. Doch auch mit seiner mehr als 50-jährigen Erfahrung bereitet sich Carlo von Tiedemann auf seine Sendungen „akribisch“ vor, wie er betont.  Das habe er schon immer so gemacht. Und seine „Lust aufs Radio“ sei ungebrochen, sagt der Quickborner. „Wer 53 Jahre dabei ist, der kann nichts anderes. Ich habe ja auch nichts anderes gelernt.“ Dazu muss man aber auch wissen: Ende der 1960er-Jahre hatte Carlo von Tiedemann zunächst auch als Reporter beim Hamburger Abendblatt in der Lokalredaktion gearbeitet.