Wedel. Julia Fisauli-Aalto geht mit großem Vorsprung ins Stechen. Doch Herausforderer Timo Steyer ist optimistisch. Die Analyse zur Wahl.
Aus dem Quartett ist ein Duo geworden: Nach der Bürgermeisterwahl in Wedel am Sonntag sind nun noch zwei Kandidaten im Rennen um den Chefsessel im Rathaus. Bedeutet: In drei Wochen werden Julia Fiasauli-Aalto (CDU) und der Einzelbewerber Timo Steyer bei einer Stichwahl am 8. Dezember gegeneinander antreten. Die Mitbewerber Claudia Wittburg (SPD) und Einzelkandidat Andreas Kuhn erhielten im ersten Wahlgang nicht genügend Stimmen.
Gegen 19.30 Uhr stand am Sonntag auch fest: Kein Bewerber konnte die absolute Mehrheit für eine Direktwahl zum Bürgermeister holen. Wedels Interimsbürgermeisterin Julia Fisauli-Aalto (51) schrammte mit 49,1 Prozent nur äußerst knapp an dieser Zielmarke vorbei. Sie holte aber mit Abstand das beste Ergebnis und tritt nun nochmal gegen den Zweitplatzierten des Abends an. Timo Steyer (42), erhielt als Einzelbewerber 22,1 Prozent der Stimmen. Claudia Wittburg (44) landete mit 19,8 Prozent auf Platz drei, Andreas Kuhn (56) wurde mit 9,1 Prozent Vierter.
Bürgermeisterwahl in Wedel: Fisauli-Aalto und Steyer kämpfen um Rathaus-Chefposten
Alle sieben Wahlbezirke waren bei einer Wahlbeteiligung von 41,6 Prozent schon eineinhalb Stunden nach der Schließung der Wahllokale ausgezählt. Möglicherweise hat das klare Votum für Fisauli-Aalto auch mit einem gewissen Amtsbonus zu tun. Sie leitet seit Ostern die Verwaltung mit ihren mehr als 400 Mitarbeitern nach der von unruhigen Zeiten begleiteten Abwahl Gernot Kasers – und war mit dem Versprechen angetreten, nach den Querelen wieder Ruhe in die Verwaltung zu bekommen.
Dies sei ihr nach eigener Aussage gelungen – und vielleicht wünscht sich auch die große Mehrheit der Wählerschaft nach dem über Monate andauernden Trubel um den umstrittenen Ex-Bürgermeister mehr Kontinuität in den kommenden sechs Jahren auf dem Bürgermeisterposten. Die Sehnsucht nach seriöser, unaufgeregter und nicht zuletzt funktionierender Verwaltungsarbeit scheint jedenfalls viele Wedeler motiviert zu haben, ihr Kreuz bei Fisauli-Aalto zu machen.
Bürgermeister in Wedel: Entscheidung um wichtiges Amt verschoben
Auch wenn der Stadtrat in Wedel die Entscheidungen über politische Mehrheiten trifft, hat der Bürgermeister die Aufgabe als Impulsgeber, der als Brückenbauer zwischen Verwaltung und Politik geschickt vermitteln soll. Dies wird offenbar der CDU-Politikerin am ehesten zugetraut.
Sie sei von diesem Votum „überwältig“, erklärte die Wedelerin in einer ersten Reaktion. Und weiter: „Ich möchte mich bei den Wählern bedanken. Jetzt krempele ich ab morgen die Ärmel hoch und starte wieder mit dem Wahlkampf, damit alle wieder an die Wahlurne kommen.“ Sie hofft darauf, dass die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl gesteigert werden kann.
Mehr als 100 Millionen Euro: Wedel ächzt unter einem riesigen Schuldenburg
Die Herausforderungen für Wedel sind riesig – über allem „thront“ ein riesiger Schuldenberg von bald mehr als 100 Millionen Euro in der Stadtkasse. Im Wahlkampf jonglierte Fisauli-Aaltos verbliebener Widersacher Timo Steyer, der hauptberuflich in der Medienbranche digitale Strategien und Strukturen aufbaut, oft mit konkreten Zahlen.
Diese Einsparungen seien jährlich möglich, Finanzierungen über Fördermittel darstellbar. Allem Anschein nach hat auch der gebürtige Wedeler mit seiner selbstbewussten Art Punkte sammeln können. Mit einer Mischung aus Analyse und Hemdsärmeligkeit hat er bei den Wählern offenbar einen Nerv getroffen. Steyer vermittelt trotz der angespannten Lage in seiner Heimatstadt eine gewisse Aufbruchstimmung, indem er sich im Wahlkampf detailliert und prioritär auf die aus seiner Sicht drängendsten Fragen konzentrierte: Was kann sich Wedel trotz leerer Kassen leisten? Und wie könnte das vielleicht funktionieren?
Timo Steyer liegt mit mehr als doppelt so vielen Stimmen hinter Fisauli-Aalto
In absoluten Zahlen hat Steyer 2500 Stimmen erhalten, seine Kontrahentin holte 5549 Stimmen. Ein erleichtert wirkender Steyer blieb am Abend aber trotz des Abstands kämpferisch: „Ich bin angetreten, um zu gewinnen. Daran hat sich nichts geändert. Am Ende des Tages fangen wir jetzt wieder von vorn an. Und ich werde jetzt bestimmt nicht die Flinte ins Korn werfen. Das wird ein enger Wahlkampf.“
Allerdings: Er müsste alle Stimmen der unterlegenen Kandidaten Wittburg (2236) und Kuhn (1024) einsammeln, um die klare Favoritin noch besiegen zu können. Doch: Überraschungen sind bei Wahlen in Wedel immer möglich. 2022 ging Amtsinhaber Niels Schmidt als Sieger der ersten Runde mit 39,4 Prozent der Stimmen hervor – und verlor die Stichwahl doch noch gegen Kaser, der zuvor 32,2 Prozent auf sich vereinen konnte. Unorthodoxe Wählerwanderungen innerhalb weniger Wochen sind somit nicht ausgeschlossen. Und: Der Pool der Nicht-Wähler ist mit gut 16.000 Bürgern riesig.
Bürgermeisterwahl: In drei Wahllokalen holte CDU-Frau die absolute Mehrheit
Am Sonntag jedenfalls holte Fisauli-Aalto in drei von sieben Wahlbezirken sogar die absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozentpunkten der Stimmen: Moorwegschule (54,7 Prozent), Altstadtschule (53,6 Prozent) und Johann-Rist-Gymnasium (51,5 Prozent) waren klar in Unionshand.
Mit einer Ausnahme blieb es in allen Wahllokalen bei der Gesamtreihenfolge des Quartetts, das nun auf ein Duett zusammengeschrumpft ist. Einzig nach der Auszählung an der Albert-Schweitzer-Schule konnte die Drittplatzierte Claudia Wittburg im engen Zweikampf um Platz zwei Timo Steyer knapp hinter sich lassen – 22,3 zu 22 Prozent. Wittburg zeigte sich zwar enttäuscht, freut sich aber parallel auf mehr Zeit für die Familie. Auch Andreas Kuhn nahm die Niederlage sportlich und respektiert den klaren Wählerwillen.
Kampf ums Rathaus in Wedel: Schwache Wahlbeteiligung?
Angesichts der Wedeler Krisenzeiten mehren sich die Stimmen, die angesichts von 41,6 Prozent von einer schwachen Wahlbeteiligung sprechen. Doch ein Vergleich zeigt, dass sie historisch nicht so übel war. Denn in Runde eins der vorherigen Bürgermeisterwahl 2022 lag sie bei gut 39 Prozent. Bei der anschließenden Stichwahl vor zwei Jahren sank die Beteiligung sogar noch um gut 4,5 Prozentpunkte.
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Auch im kreisweiten Vergleich sind knapp 42 Prozent in Wedel überdurchschnittlich. Bei der Wahl um das Bürgermeisteramt in Pinneberg 2023 etwa gingen Thomas Voerste und Marco Bröcker in die Stichwahl - und nur 31 Prozent der Wahlberechtigten waren für ein demokratisches Votum zu begeistern. Als Voerste sich Ende Oktober letztlich durchsetzen konnte, lag die Wahlbeteiligung nur noch bei 25,3 Prozent.
Die beiden Wedeler Stichwahlteilnehmer wollen jetzt in drei Wochen Wahlkampf dem allgemeinen Trend entgegenwirken – und viel mehr der gut 27.000 Wedeler Wahlberechtigten in der krisengeschüttelten Stadt an die Wahlurne bewegen.