Kreis Pinneberg. Die Kreisjägerschaft und der Leiter des Wildtierzentrums sprechen von einer problematischen Schwemme. Warum die Tiere erlegt werden.
Nachdem die Untere Jagdbehörde im Kreis Pinneberg besorgte Bürger über die laufende Jagdsaison informiert hat - es gab Bedenken wegen nächtlicher Schüsse in der Nähe von Wohngebieten -, steht nun vor allem ein grausiger Aspekt im Fokus. Denn: Jägern ist es erlaubt, Katzen zu erschießen. Und davon wurde auch reichlich Gebrauch gemacht, wie aus dem aktuellen Jagdbericht hervorgeht.
Rechtlich gesehen gelten Katzen nämlich als wildernd, sobald sie 200 Meter von einem bewohnten Haus entfernt durch ein Jagdgebiet laufen. Das kann bei Freigängern, streunenden Katzen oder auch bei Samtpfoten, die etwa auf Bauernhöfen in der Region leben, schnell vorkommen. Laut Jagdbericht das Landes Schleswig-Holstein wurden in den Jahren 2023 und 2024 67 Hauskatzen im Pinneberger Kreisgebiet erschossen. 2022/23 waren es offiziell 79 sogenannte wildernde Katzen, die auf diese Weise ihr Leben ließen.
Kreis Pinneberg: Jäger haben 67 Hauskatzen im Jagdjahr 2023/24 erschossen
Im Landesvergleich der Kreise sind dies sogar noch sehr geringe Zahlen. In Dithmarschen sind es in der Jagdsaison 2023/24 exakt 512 erlegte Katzen gewesen, in Nordfriesland wurden sogar 660 Hauskatzen von Jägern erschossen. Hans-Albrecht Hewicker, Obmann für Wildtiererfassung bei der Kreisjägerschaft Pinneberg sagt: „Im Gegensatz zu strengen Regeln für das Haustier Hund, für den es Anlein-Vorschriften, Steuern und andere Vorschriften gibt, ist für Katzen als Haustiere sehr wenig geregelt.“
Sie könnten beispielsweise fremde Gärten betreten und erhielten oft durch Katzenklappen die Möglichkeit, sich frei zu bewegen. Das könne laut Hewicker erhebliche negative Folgen haben. Nicht nur, „dass sie Kot in Sandkisten auf Spielplätzen absetzen, sondern insbesondere auch auf ihr Jagdverhalten bezogen.“
Hauskatzen töten Vögel – Jäger pochen auf Jagdgesetz und kritisieren Gegner
Denn: Vogelbestände würden durch wildernde Katzen erheblich geschädigt, weil sie nicht nur Nester räubern, sondern nachts schlafende Vögel erlegen. „Katzenbesitzer bemerken das häufig dadurch, dass die Tiere ihre Beute mit nach Hause bringen. Weil das Problem massiv ist, dürfen nach Landesjagdgesetz Hauskatzen, die mehr als 200 Meter von einer Bebauung angetroffen werden, erlegt werden. Das zählt zum Jagdschutz“, erklärt der Jagdexperte.
Vor dem Hintergrund der schweren Schäden insbesondere für die Vogelwelt reagiert die Kreisjägerschaft Pinneberg mit Kopfschütteln auf Initiativen und Wünsche aus der Politik und von bestimmten Interessenverbänden. Diese fordern, Hauskatzen in freier Wildbahn nicht zu erlegen, sondern zu fangen, zu entwurmen, zu impfen, zu kastrieren und dann wieder freizulassen. Finanzielle Mittel für solche Programme sehen die Kreis-Jäger als falsch eingesetzt.
Katzenpopulation steigt teilweise ungehemmt an – weil Tiere nicht kastriert werden
Es sei Tatsache, dass Hauskatzen eine hohe Vermehrungsrate aufweisen. Katzenbesitzer, die ihre Tiere teilweise nicht kastrieren ließen, würden nach dem Wurf oftmals einfach die Jungtiere aussetzen. Dadurch werde das Problem nicht geringer. Ähnlich argumentiert auch Christian Erdmann, Leiter des Wildtier- und Artenschutzzentrums in Klein-Offenseth Sparrieshoop.
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Er ist enttäuscht, dass sich die schwarz-grüne Landeskoalition nicht auf eine landesweite Katzenkastrationsplficht einigen konnte. Im Nachbarland Polen etwa fallen Hauskatzen sogar unter die Gruppe der invasiven Arten und könnten von Jägern gezielt erlegt werden.
Streunende Katzen verletzen oder töten Feldhasen-Babys, Singvögel, Amphibien oder Fledermäuse
„Streunende Katzen verletzen oft auch kleine Feldhasen-Junge, um die wir uns hier dann kümmern müssen“, sagt der Wildtier-Experte. Auch Katzen haben in der Region ihr Revier um das jeweilige Wohngebiet herum und jagen dann gerade die schutzbedürftigen jungen Singvögel, seltene Amphibien oder auch Fledermäuse.
Gerade in der Corona-Zeit hätten sich viele Menschen Katzen angeschafft, um die sie sich jetzt weitaus weniger kümmern würden. Die „Katzenschwemme“ müsse in den Griff bekommen werden. Durch die Vielzahl an freilaufenden Katzen werde das ohnehin belastete ökologische Gleichgewicht zusätzlich enorm gestört.