Kreis Pinneberg. Bundestagswahl 2025: Daniel Kölbl fordert den doppelt so alten SPD-Abgeordneten Stegner heraus. Politik für die Menschen vor Ort ist sein Motto. „Ich bin hier verwurzelt“.

Die Nominierung zum CDU-Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Pinneberg hat er mit Bravour in Seestermühe Mitte Oktober bestanden. Mehr als die Hälfte der 400 Mitglieder stimmte für Daniel Kölbl aus Tornesch gleich im ersten Wahlgang. Nun fordert der 31 Jahre junge Bankkaufmann den mehr als doppelt so alten Polit-Profi Ralf Stegner (65) aus Bordesholm heraus, der wohl am 22. November von den SPD-Delegierten in Rellingen wieder ins Rennen geschickt wird.

Doch wer ist dieser junge CDU-Politiker, der seit seinem Parteieintritt vor zwölf Jahren eine atemberaubend steile politische Karriere hingelegt hat? Kölbl ist seit der Kommunalwahl im vorigen Jahr zum neuen und bisher jüngsten Bürgervorsteher in Tornesch gewählt worden. Im Kreis Pinneberg vertritt der Abteilungsdirektor für Gewerbekunden einer Industriebank mit Sitz in Düsseldorf Landrätin Elfi Heesch als ihren ersten Stellvertreter im Kreistag.

So adrett gekleidet wie der nur ein Jahr ältere Philipp Amthor

Kölbl gilt im CDU-Kreisvorstand als enger Vertrauter des Vorsitzenden Martin Balasus, dessen Stellvertreter er ebenfalls ist. Mit seiner adretten Kleidung, stets mit Anzug und Krawatte öffentlich auftretend, und einer etwas steifen Haltung wirkt der CDU-Newcomer aus dem Kreis Pinneberg ein wenig wie der ein Jahr ältere Philipp Amthor aus der Nähe von Greifswald, der 2021 schon den Sprung in den Bundestag geschafft hat und seit einem halben Jahr Generalsekretär seiner Partei in Mecklenburg-Vorpommern ist.

Mit dem Parteifreund Amthor möchte er sich nicht vergleichen, sagt Kölbl. „Jeder steht für sich selbst.“ Er habe den fast gleichaltrigen Kollegen mal in Kiel bei der Jungen Union getroffen, erzählt Kölbl. „Wir gehören beide zur jungen Generation in der CDU. Ich bin mir sicher, dass wir in Berlin gut zusammenarbeiten würden“, sagt er selbstbewusst. „Krawatte trage ich häufig“, sagt er, schon allein auch beruflich. „Adrette Kleidung gehört für mich zum politischen Repräsentanten dazu“, sagt er und fügt an: „Eine Fliege trage ich nie.“

Daniel Kölbl: „Ich trage gern Krawatte, aber keine Fliege“

Mit dieser Anspielung ist er bei seinem wohl zu erwartenden politischen Widersacher Stegner, der für seine Vorliebe für Fliegen statt Schlips bekannt ist. Beide eint der Geburtsmonat Oktober, wenn auch 34 Jahre dazwischen liegen. Persönlich kennengelernt haben sie sich noch nicht. „Dafür ist Stegner wohl zu selten hier“, stichelt Kölbl, dass der Pinneberger SPD-Abgeordnete eigentlich in Bordesholm lebt.

Ralf Stegner (hier in seinem Wahlkampf-Tourbus), der wohl am 22. November im Rellinger Hof, von den SPD-Delegierten erneut zum Bundestagskandidaten für den Kreis Pinneberg gewählt werden dürfte, sagt: „Mir ist jeder Gegenkandidat recht.“
Ralf Stegner (hier in seinem Wahlkampf-Tourbus), der wohl am 22. November im Rellinger Hof, von den SPD-Delegierten erneut zum Bundestagskandidaten für den Kreis Pinneberg gewählt werden dürfte, sagt: „Mir ist jeder Gegenkandidat recht.“ © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Stegner verweist auf die vielen Sprechstunden, Besuche von Firmen und Institutionen und Veranstaltungen, die er im Wahlkreis absolviere. „Ich bin so oft es geht im Pinneberger Wahlkreis“, betont Stegner. „An genügend Präsenz fehlt es nicht“, glaubt er und versichert: „Ich kenne Kölbl nicht. Mir ist jeder Gegenkandidat recht, wenn mir die Partei wieder das Vertrauen für die Bundestagskandidatur  ausspricht.“   

SPD-Gegenkandidat Ralf Stegner setzt auf die Außenpolitik

Während Stegner, ehemaliger Landesminister und Fraktionschef, der oft in Talkrunden im TV zu sehen ist, auf die außenpolitische Karte setzt, ist Kölbl im Wahlkreis geerdet. US-Kenner Stegner gehört dem Auswärtigen Ausschuss an, kontrolliert im Bundestag den Geheimdienst und leitet den Untersuchungsausschuss zum Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Im August habe er in diplomatischer Mission die Ukraine besucht, berichtet Stegner, der als Abrüstungsexperte seiner Fraktion gilt.

Kölbl will sich in Berlin vor allem um die Belange kümmern, an denen sich alle seine Vorgänger schon jahrzehntelang die Zähne ausgebissen haben oder die seit Jahren in der Schwebe sind: der Schienenengpass  zwischen Pinneberg und Elmshorn soll endlich beseitigt, die A20 bis zur Elbe weiter- und die A23 sechsspurig ausgebaut werden – „unter der Berücksichtigung des Lärmschutzes für die Anlieger in Rellingen“, betont er.

Mit der Forderung nach einer weiteren A7-Ausfahrt erfreut er nicht überall seine Parteifreunde

Mit der Ankündigung, sich auch für eine zusätzliche Autobahnabfahrt an der A7 zwischen Quickborn und Schnelsen-Nord an der A7 einsetzen zu wollen, hat er zwar die Quickborner Parteifreunde auf seiner Seite. Die Norderstedter CDU wird er davon nicht überzeugen können. Die lehnt einen neuen Autobahnzubringer mitten durch das unbebaute Garstedter Biotop strikt ab, wie deren Fraktionschef Gunnar Becker im Gespräch mit dem Abendblatt betont. Aber das ist nicht Kölbls Wahlkreis.

Kurz nachdem die 400 CDU-Mitglieder Mitte Oktober Daniel Kölbl in Seestermühe gleich im ersten Wahlgang zu ihrem Bundestagskandidaten gemacht hatten, überreichte CDU-Kreischef Martin Balasus (links) dem strahlenden Wahlsieger einen Blumenstrauß.
Kurz nachdem die 400 CDU-Mitglieder Mitte Oktober Daniel Kölbl in Seestermühe gleich im ersten Wahlgang zu ihrem Bundestagskandidaten gemacht hatten, überreichte CDU-Kreischef Martin Balasus (links) dem strahlenden Wahlsieger einen Blumenstrauß. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Etwa 20 Stunden pro Woche wende er neben seiner beruflichen Arbeit für die Kommunalpolitik auf, erzählt Kölbl. „Freizeit bleibt da nicht mehr viel. Die Zeit ist schnell aufgebraucht“, sagt er. „Das muss man gut organisieren.“ Auch die mit seiner Lebensgefährtin Mari, die ursprünglich aus Georgien stammt. Das Co-Trainer-Amt in der Tischtennisabteilung des TuS Esingen habe er aus zeitlichen Gründen aufgeben müssen. Und zum Joggen im Esinger Wohld komme er auch nur noch selten, sagt Kölbl.

Kandidat Kölbl kündigt Haustürbesuche im Wahlkreis an

Wie schon Ole Schröder vor gut 25 Jahren, der auch 31 Jahre jung war, als er erstmals in den Bundestag gewählt wurde, will Kölbl auch mit Hausbesuchen Wahlwerbung für sich machen. Das habe bereits im Kommunalwahlkampf gut funktioniert. Die meisten Leute fänden das gut und würden es mit einem Lächeln“ quittieren, sagt Kölbl. Für ihn ist dies ein weiterer Ausdruck dafür, „dass ich stark in der Region verwurzelt bin“. Aber damit werde er erst kurz vor der Bundestagswahl im Sommer 2025 beginnen.

Bei der Bundestagswahl könnte Kölbl sogar noch auf eine weitere Tornescherin treffen. Ann Christin Hahn, die schon bei der Bürgermeisterwahl antrat, will für die Grünen das Bundestagsmandat im Wahlkreis ergattern. Sie muss sich dafür aber noch am 30. November gegen drei Mitbewerber durchsetzen.

Stegner muss sich noch parteiintern gegen einen Mitwerber durchsetzen

Da dürfte es der SPD-Abgeordnete Stegner leichter haben. Gegen ihn tritt noch der Wedeler Ortsvereinsvorsitzende Bernt Berger an, mit dem er sich schon auf mehreren internen Parteiveranstaltungen gemessen hat. Der 54 Jahre alte Berger ist studierter Politikwissenschaftler wie Stegner und hat für verschiedene „Think Tanks“ gearbeitet, wie er berichtet. Die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik müsse „andere Prioritäten setzen“, fordert Berger.

Bei der Bundestagswahl 2021 gewann Stegner mit 31,2 Prozent vor Michael von Abercron (CDU, 26,2 Prozent) und Jens Herrndorff (Grüne, 16,9 Prozent) bei den Erststimmen den Wahlkreis. Der Wahlkreis 007 gilt bundesweit als der Orakel-Wahlkreis schlechthin. Seit 1953 hat 19-mal hintereinander der Kandidat in Pinneberg gewonnen, dessen Partei dann den Bundeskanzler oder die Kanzlerin stellte. Ob das auch zum 20. Mal am 28. September gelingt, wird sich zeigen.   

Wer Pinneberg gewinnt, stellt seit 1953 den Bundeskanzler

Bei der Bundestagswahl 2021 war Stegner mit Listenplatz 3 gut abgesichert. Er sagt aber: „Ich will den Wahlkreis wieder direkt gewinnen.“ Kölbl muss das sowieso. Und das auch noch mit einem guten Ergebnis jenseits der 40 Prozent, da die zwei CDU-Wahlkreissieger in Schleswig-Holstein mit den wenigsten Stimmen wegen des neuen Wahlgesetzes womöglich scheitern könnten.