Tornesch. Die Papierfabrik Meldorf kämpft ums Überleben. Firma versucht, mit nachhaltigen Produkten auf dem schwierigen Papiermarkt zu bestehen.
Steigende Energie- und Rohstoffkosten, sinkende Preise für Produkte aus Papier auf einem umkämpften Markt. Diese wirtschaftlichen Hürden drohen jetzt einem alteingesessenen Unternehmen im Kreis Pinneberg den Garaus zu machen. In den vergangenen Jahren hatten die erfahrenen Papiermacher mit nachhaltigen Produkten erfolgreich eine Nische besetzt.
Die Papierfabrik Meldorf GmbH & Co. KG hat am 17. Oktober 2024 Insolvenzantrag gestellt. Das Unternehmen, das am Standort Tornesch tätig ist und 133 Mitarbeiter beschäftigt, produziert auf zwei Papiermaschinen Wellpappenrohpapier aus Altpapier und alternativen Fasern.
Hohe Verluste auf einem umkämpften Papiermarkt
„Die Entscheidung zur Insolvenzanmeldung fiel nach eingehender Analyse der aktuellen wirtschaftlichen Lage“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Der Druck steigender Energie- und Rohstoffkosten sowie sinkende Absatzmärkte und drastisch sinkende Fertigpapierpreise haben die Finanzlage der Papierfabrik erheblich belastet. Marktbedingte Stillstände führten letztlich zu erheblichen Verlusten, die trotz aller Anstrengungen nicht gestoppt werden konnten.“
Das Amtsgericht Pinneberg hat daraufhin den Elmshorner Rechtsanwalt Joachim Beuck zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser macht sich derzeit in Gesprächen mit der Geschäftsführung ein Bild über die Lage des Unternehmens, prüft Sanierungsoptionen sowie die Fortführung des Unternehmens. Der Geschäftsbetrieb läuft unterdessen uneingeschränkt fort.
Unternehmen produziert weiter – Insolvenzgeld für Beschäftigte
„Wir bedauern, dass es zu diesem Schritt kommen musste. Unsere Mitarbeiter, deren Engagement und Professionalität unser Unternehmen geprägt haben, stehen weiterhin im Mittelpunkt unserer Überlegungen. Wir werden alles daransetzen, die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten zu finden“, erklären Yasin Birgül und Ulrike Lemm, Geschäftsführer der Papierfabrik Meldorf.
Am Freitag wurden die Mitarbeitenden über das Insolvenzverfahren und die nächsten Schritte informiert. Die Löhne und Gehälter sind über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert. Unternehmenssprecherin Petra Lüder kann öffentlich noch keine weiteren Erklärungen verbreiten. Sie sagt: „Für belastbare Aussagen zu bestehenden Sanierungsaussichten sind in den kommenden Wochen detaillierte Prüfungen erforderlich. Dieser Prozess wird einige Zeit in Anspruch nehmen.“
Graspapier aus Tornesch: Als Spezialfabrik geht das Unternehmen seit 2017 eigene Wege
Dabei schien das Unternehmen erfolgreich eine Nische besetzt zu haben: Sieben Jahre ist es jetzt her, dass sich die einst in Meldorf gegründete Papierfabrik in Tornesch von seinem Mutterunternehmen Panther Packaging gelöst hat. Das Ziel sei gewesen, auf diesem Weg die Marktnische des Recyclings gezielt zu besetzen und auszubauen, erklärte Geschäftsführer Birgül bei einem Ortstermin vor gut einem halben Jahr.
Vor fünf Jahren intensivierte das Unternehmen die Produktion mit Gras als Grundstoff. Heute liegt der Anteil des Graspapiers bei zehn bis 20 Prozent. Der Grasanteil im Produkt selbst liegt bei bis zu 30 Prozent, der Rest besteht aus Recyclingmaterial. Die grünen Grasfasern sind auf Verpackungen wie bei Bio-Äpfeln in den großen Discountern schön zu erkennen und nicht aufgedruckt wie bei einigen Konkurrenzprodukten.
Seit mehr als 60 Jahren ist die Papierfabrik Meldorf tätig
Das Graspapier „made in Tornesch“ soll nur der erste Stein sein, um auf dem Papiermarkt nachhaltig zu bestehen. Immerhin ist die Papierfabrik Meldorf schon seit mehr als 60 Jahren in der papiererzeugenden Industrie tätig. In den jüngsten Jahren machte das Unternehmen etwa 50 Millionen Euro Umsatz pro Jahr.
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Als kleinste Papierfabrik auf dem Sektor der Verpackungspapiere sah das Unternehmen seine Chance am Markt „in kurzen Reaktionszeiten, einer hohen Flexibilität und in der Produktion von kleinen Losgrößen und Nischenprodukten“. Die Geschäftsführer Yasin Birgül und Ulrike Lemm setzen jetzt alles daran, aus der Insolvenz mit neuer Kraft herauszukommen und für ihre Vision auch wirtschaftlich genug Power zu entwickeln: „Die Natur schützen und eine grüne Zukunft gestalten durch den vermehrten Einsatz schnell nachwachsender Faserstoffe in unseren Produkten. Wir fangen da an, wo andere aufhören.“ Das müssen sie jetzt unter verschärften Bedingungen beweisen.