Uetersen. 240 Wohnungen sollten am Fluss entstehen. Doch das Projekt starb, weil es Überschwemmungsgebiet ist. Nun startet ein neuer Versuch.
20 Jahre ist es her, da befreiten Spezial-Bagger den alten Uetersener Stichhafen vom Schlick. Neue Pläne reiften in der Rosenstadt. Das Areal sollte zur Hafen-City werden: im Wasser wieder reger Frachtverkehr, direkt am Fluss ein tolles Wohngebiet. Doch weder das eine, noch das andere klappte auf Dauer. Jetzt sind neue, schöne Pläne fertig. Oder gibt es am Ende doch noch eine Wiederbelebung?
Diskussionen gab es am Abend im Stadtentwicklungsausschuss nicht mehr, als das „Revitalisierungskonzept für den Stichhafen Uetersen“ endgültig besiegelt wurde. In der 66 Seiten starken Ausarbeitung haben die Planer des Hamburger Büros Lichtenstein Landschaftsarchitektur und Stadtplanung einen großzügigen Erlebnisraum ausgestaltet.
Pläne sind jetzt fertig, um bei guter Gelegenheit umgesetzt zu werden
Vom Finkenbrook als Tor zum Hafen könnten Ausflügler, Spaziergänger und Radfahrer viele Grünzonen erleben und eine schöne Promenade mit einem Aussichtsbalkon ins Hafenbecken beschreiten. Radwege direkt an der Pinnau, ein Busbahnhof, ein größerer Wohnmobilstellplatz, Spiel- und Ruhezonen sind ebenfalls gezeichnet. „Jetzt haben wir die Pläne fertig in der Schublade“, freut sich Uetersens Stadtplaner Malte Hein (33).
Dabei hatte die Planung des Hafenareals so unerfreulich für den Uetersener Chefentwickler angefangen. Als Malte Hein 2020 in der Uetersener Stadtverwaltung anfing, musste er in seiner ersten Amtshandlung den Bebauungsplan für das Hafenareal aufheben. Etwa 240 Wohnungen, darunter ein Drittel für niedrige Mieten, wollte das Unternehmen Semmelhaack am Hafen bauen.
Landesplanung lehnt bislang neue Bauvorhaben am Hafen ab
Doch die Landesplanung lehnte damals das Vorhaben strikt ab. Das Gelände gilt als Überschwemmungsgebiet. Bauen werde dort nicht erlaubt. So steht es auch im geschichtlichen Teil des Revitalisierungskonzepts. Doch ganz scheint diese Idee noch nicht vom Tisch. Gerade wird wieder miteinander gesprochen. Hartmut Thede, Semmelhaacks Chef-Projektleiter, bittet um Geduld: „Wir prüfen das zurzeit.“
Doch egal, wie die Gespräche mit dem für Städtebau zuständigen Innenministerium am Ende ausgehen, ein großer Teil der Revitalisierungspläne am Hafen und an der Pinnau könnten mit und ohne Wohnungsbau verwirklicht werden. Vorausgesetzt, es gibt Fördergelder und private Geldgeber, denn allein könnte Uetersen das nicht schaffen.
Direkter Zugang zur Pinnau öffnet neue Wege in Uetersen
Christoph Zeuch (47, Journalist), baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Uetersener Rat, hat aus seiner Zeit in Hamburg die eine oder andere Idee aus dem Langzeitprojekt „Mitte Altona“ im Gepäck. Wie und was genau am Fluss entstehen kann, darüber hatten sich die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses auf Initiative des Sozialdemokraten vor ein paar Monaten ein Bild gemacht.
Denn so einfach kommt vom Hafen aus zurzeit niemand an die Pinnau. Der Sportboothafen ist ebenso durch ein Tor abgeriegelt wie auch die benachbarte Hundeauslaufwiese. Gerade dieses Gelände steht im Blick der Planer. Die Hundewiese soll auch in den neuen schönen Plänen nicht verschwinden, aber ein wenig verlagert und verkleinert werden. Denn nur über dieses Gelände wäre ein direkter Zugang zur Pinnau möglich.
Was passiert mit dem Bauhof und dem Erdewerk?
Im Blick müssen die Planer natürlich auch den Bauhof der Stadt Uetersen haben, der dort angesiedelt ist. Auch diese Gebäude sind dringend sanierungsbedürftig oder zu verlagern. Direkt daneben werden sehr gute Blumenerden produziert. Die Einheitserdewerke benötigen ebenfalls zusätzliche Fläche. Das macht die neuen Pläne nicht einfacher.
Wie Uetersen für sein Revitalisierungskonzept an Geld von außen kommen kann, dazu haben sich die Planer viele Gedanken gemacht. Ein Vorschlag lautet, die neue Landesgartenschau für Schleswig-Holstein in Uetersen zu etablieren. Die erste Schau dieser Art war 2008 in Schleswig gefeiert worden; es folgten 2011 Norderstedt und 2016 Eutin. Norderstedt hat dabei seinen Stadtpark sehr gut weiterentwickelt.
Neue Wege machen Uetersen attraktiv für Touristen
In Zukunft sollen Landesgartenschauen noch stärker für die nachhaltige regionale Entwicklung genutzt werden. Das könnte eine Chance für Uetersen werden. Denn mit neuen Wegen für Radtourismus und grünen Zonen wenige hundert Meter von der Innenstadt entfernt, könnte Uetersen deutlich an Attraktivität gewinnen.
„Das Areal entlang des Flusses könnte eine besondere Anziehungskraft für Touristen haben und ein charakteristisches Bild der Stadt zeichnen, da entlang des Ochsenwegs bisher kein Abschnitt am Fluss verläuft“, wird in dem Konzept ein weiterer Trumpf gezogen. Sogar eine Brücke über die Pinnau wird vorgeschlagen, um ganz neue Wege zu erschließen. Und der Spazierweg durch das Pinnauwäldchen könnte das I-Tüpfelchen für erlebbare Natur werden.
Altlasten vom Klärwerk könnten Problem werden
Ein Problem bleiben natürlich bei allen Konzepten die Altlasten. Denn in diesem Gebiet hat Uetersen bis zum Bau des Großklärwerks in Hetlingen sein Abwasser geklärt. Außerdem gibt es Halden, in denen Bauschutt liegt. Das sind natürlich alles Probleme, die technisch zu lösen sind, aber oft viel Geld kosten.
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Verwaltung und Politiker sind guten Mutes, in Zukunft am Hafen etwas voranzubringen. Die Planer haben dafür die Grundlinie vorgegeben: „Gemeinsam kann ein vergessener Ort wiederentdeckt werden.“