Uetersen. Nach einem Investorenwechsel werden die neuen Pläne der Politik präsentiert. Fast 240 Wohnungen am Wasser sollen entstehen.
Neuer Investor, neues Glück? Bei der geplanten und etwas in Verzug geratenen Uetersener Hafencity lässt sich diese Frage noch nicht mit Gewissheit beantworten. Nachdem das Wohnungsbauprojekt am Westufer des Stichhafens den Besitzer gewechselt hat, werden am Donnerstag die aktuellen Pläne der Politik im Bauausschuss vorgestellt. Inzwischen will das Elmshorner Wohnungsunternehmen Semmelhaack die angepeilten 240 Wohnungen am Wasser bauen. Die Anfangsplanung oblag noch der Hamburger Lorenz-Gruppe.
Offenbar ist der Investorenwechsel ein Grund dafür, dass dieses Großprojekt mehr als eineinhalb Jahre nach der Vorstellung der ersten Pläne ins Stocken geraten ist. Nach Abendblatt-Informationen wollte die Hamburger Entwicklergruppe nach der politischen Überzeugungsarbeit auch die praktische Umsetzung des Projekts in die Hand nehmen. Doch anscheinend ist die Lorenz-Gruppe, die die gesamte Vorplanung für das neue Uetersener Quartier übernommen hatte, von der Elmshorner Firma Semmelhaack beim Kauf des 4,7 Hektar großen Grundstücks überboten worden. Beide Unternehmen wollten sich dazu nicht offiziell äußern.
An der grundsätzlichen Entwicklungsperspektive des Wohngebiets am Stichhafen hat sich aber laut den Plänen des neuen Eigentümers nichts geändert. Ein Semmelhaack-Vertreter will der Politik heute das neue, alte Ziel erklären. Beabsichtigt sei nach wie vor ein großes Wohnquartier am Hafen. Nebeneffekt für alle Uetersener soll bleiben, dass die momentan brachliegenden Uferflächen zugänglich gemacht werden könnten.
Weiter äußern wollte sich der neue Investor auf Abendblatt-Anfrage nicht. Zunächst soll der aktuelle Projektstand den „politischen Gremien“ präsentiert werden. „Wir möchten diese bewährte Vorgehensweise nicht infrage stellen“, so ein Semmelhaack-Sprecher. „Insofern müssen wir jetzt davon absehen, Einzelheiten mitzuteilen, die noch zu diskutieren sind.“ Weder Baustart noch Investitionssumme nannte das Unternehmen.
Die Fläche am Westufer des Uetersener Stichhafens soll bekanntlich von einer Industriebrache zur Wohngegend werden. Der dazugehörige Aufstellungsbeschluss existiert seit August 2018, die Planung für Wohnhäuser mit dreieinhalb bis fünf Geschossen wurde schon im März 2018 öffentlich gemacht. In Aussicht gestellt werden nun laut überarbeiteten Plänen 14 Häuser mit 236 Wohnungen und insgesamt etwa 20.000 Quadratmetern Wohnfläche. Die Politik hatte ein Drittel öffentlich geförderten Wohnungsbau zur Bedingung gemacht.
Hochwasserschutz und Industrie sind problematisch
„Daran wollen wir auch festhalten“, sagte etwa Bernd Möbius, Fraktionsvorsitzender der Grünen und Mitglied des Bauausschusses. Im Gegensatz zu einigen seiner Parteimitglieder, die den Bauboom in Uetersen kritisch sehen, befürworte er das Projekt weiterhin und will sich von der Vorstellung des neuen Investors „überraschen lassen“.
Laut neuen Plänen sollen die Wohnhäuser am Wasser auch 227 Parkplätze bekommen, sowohl Tiefgaragen-, als auch Straßenstellplätze sind vorgesehen. Auf dem extra zu betrachtenden Gelände des städtischen Bauhofs sollen zusätzlich eine Kita mit 80 Plätzen, 36 Wohnungen in Pflegegemeinschaften, ein Gebäude für Tagesförderung, Café und Nahversorgung sowie ein Gemeinschaftshaus entstehen.
Dieses sogenannte „Baufeld 1“ soll das übrige Wohngebiet künftig vor Lärm schützen. Denn die Nachbarschaft zu den Einheitserdewerken sind eine problematische Herausforderungen bei diesem ambitionierten Projekt. Das Traditionsunternehmen produziert Blumenerden, das Material wird draußen gelagert, dabei wird auch Staub aufgewirbelt. Zudem wird mitunter nachts gearbeitet.
Deshalb soll die geplante Bebauung mit Gewerbe- und Pflegeheimnutzung eine Art Puffer bilden. So könne laut Planern ein verträglicher Übergang zwischen Einheitserdewerk und neuem Wohnquartier entstehen.
Hürde Nummer zwei ist der Hochwasserschutz, denn das Planungsareal am Westufer des Stichhafens gilt als Überschwemmungsgebiet, ist vom Umweltministerium als solches ausgewiesen. Deshalb sahen schon die vorangegangenen Planungen eine künstliche Erhöhung des Wohngebiets vor – ähnlich dem Vorgehen in der Hamburger Hafencity. Ausgleichen soll das wegfallende Überschwemmungsgebiet eine künstliche Wasserfläche, die sich bei Hochwasser füllen kann. Dieser Polder soll in der geplanten Grünanlage entlang der Pinnau entstehen. Die Nutzung des Hafenbeckens als Sportboothafen bliebe unberührt.
Ursprünglich waren am Stichhafen zunächst nur 220 neue Wohnungen geplant. Die Pläne der vorher zuständigen Lorenz-Gruppe sahen Mehrfamilienhäuser im Abstand von 50 Metern zum Ufer vor. Die Hamburger Gruppe galt als Spezialist für die Entwicklung brachliegender Industrieflächen. „Das Projekt wird eine Aufwertung bedeuten“, sagte Bürgermeisterin Andrea Hansen noch Anfang des Jahres.
Zur Verzögerung des Projekts hat sicher auch beigetragen, dass Uetersens neuer Stadtplaner Manfred Döring seinen Posten ebenfalls Anfang des Jahres nach nur vier Monaten wieder geräumt hatte. Seit Mai verantwortet er nun in Itzehoe die Stadtplanung.