Elmshorn. Tanja Scholz ist mit zwei Medaillen von den Paralympics zurück. Doch in die Freude mischt sich Frust über Entgleisung des Comedians.
Mit Gold und Silber im Gepäck: Jetzt ist Paralympics-Schwimmerin Tanja Scholz wieder bei ihrer Familie in Elmshorn. Nach ihrem überraschenden und bundesweit umjubelten Sieg über 150 Meter Lagen hatte die querschnittsgelähmte, dreifache Mutter am vergangenen Freitag noch einmal Silber über 50 Meter Freistil nachgelegt.
Ihren geplanten letzten Start am Sonnabend über 50 Meter Rücken hatte die 40-Jährige wegen einer Erkältung kurzfristig absagen müssen. Zu Hause dann der umjubelte Empfang für Tanja Scholz und Ehemann Björn, der als offizielles Teammitglied in Paris und auch in den vergangenen Jahren zuvor stets aufopferungsvoll an der Seite seiner Frau war.
Zwei Medaillen für Tanja Scholz: Aber der Rückflug aus Paris ist problematisch
Die Kinder Lasse, Ole und Thea ließen ihre Eltern mit selbstgemalten Plakaten und langen Umarmungen deutlich wissen, wie sehr sie ihnen gefehlt, und wie sehr sie mit Mama und Papa in Paris mitgefiebert haben. „Meine Kinder haben in den Sommerferien so sehr zurückstecken müssen und haben alles so lieb mitgemacht“, sagt Tanja Scholz. „Ich bin so unendlich stolz auf meine Kinder.“
Doch bei aller Freude, einige Dinge haben der Elmshornerin ihren Rückreisetag gehörig vergällt. So gab es Unannehmlichkeiten beim Rückflug. Es dauerte über eine Dreiviertelstunde, bis der Assistenzdienst des DRK an der pünktlich gelandeten Air France-Maschine ankam, um die Rollstuhlfahrerin sicher aus dem Flugzeug zu befördern.
Paralympics-Schwimmerin: Rollstuhl übersteht Heimflug nicht unbeschadet
Damit nicht genug, hatte der Hightech-Rollstuhl seine Reise im Gepäckabteil nicht unbeschadet überstanden; das Anzeigenpanel hing nur noch am „seidenen Faden“. „Und unser bestellter Taxifahrer durfte nicht vor dem Terminal parken“, erzählt Tanja Scholz. „ Also musste er die ganze Zeit im ,Orbit‘ warten und dann gezielt nach unserem Signal das Terminal anfahren.“ Fliegen ab und nach Hamburg: nicht zum ersten Mal ein „spezielles“ Erlebnis für die Rollstuhlfahrerin.
Aber auch das hätte Tanja Scholz noch locker weggesteckt, wäre da nicht dieser Stachel, der da schon seit einigen Stunden vor ihrem Heimflug ganz, ganz tief in ihrer Seele steckt. Noch in Paris hatten die Elmshornerin die Nachrichten um die medial in Windeseile verbreitete Entgleisung des Comedian Luke Mockridge erreicht.
Ärger über Luke Mockridge: Entgleisung des Comedians trifft die Elmshornerin schwer
Der 35-Jährige hatte mit einem – wohl nur durch ihn so empfunden Sinn für „Humor“ – im Kontext der paralympischen Spiele in Paris die Formulierung fallen lassen: „Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken – und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen.“
Eine Geschmacklosigkeit, die den Komiker zwar bereits eine TV-Sendung auf dem Privatsender Sat 1 gekostet hat, was der paralympischen Sportlerin indes keinerlei Trost bringt. Ihr geht es um Grundsätzliches bei solchen Fehltritten und der gesellschaftlichen Reaktion darauf.
Empörung über den Komiker: „Wäre es hier um Rassismus gegangen, wäre er doch schon gekündigt worden“
Einerseits ist die querschnittsgelähmte Schwimmerin dankbar über die mediale und auch gesellschaftliche Aufmerksamkeit, welche die Paralympics in Paris erfahren haben. So blieb der Besuch der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock nicht unbemerkt. Und dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sie in einer Story auf den sozialen Medien bedacht habe, freute Tanja Scholz auch sehr.
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Aber wo war die Politik, als das Mockridge-Zitat aufkochte, wo die politische Empörung? „Mir kommen da einfach die Tränen; ich hoffe, dass wir Menschen mit Behinderung endlich bald auch mal eine große Lobby hinter uns haben“, gibt Tanja Scholz Einblick in ihre Gefühlswelt. „Wäre es hier um Rassismusvorwürfe gegangen, wäre Herr Mockridge doch schon gekündigt worden.“
Causa Mockridge: Bürgermeister in Neumünster und Elmshorn reden Tacheles
Zwei Politiker zumindest haben Tanja Scholz gehört. Tobias Bergmann, Bürgermeister von Neumünster, dem Sitz von Tanja Scholz‘ Heimverein PSV, lässt auf seiner Instagram-Präsenz keinen Zweifel daran aufkommen, wie er über Luke Mockridge denkt: „Du bist nicht mehr in Neumünster willkommen“, sagt das Oberhaupt der Stadt, in der Mockridge zum Beispiel vor fünf Jahren in ausverkaufter Halle gefeiert wurde. „Wir sind hier stolz auf Tanja Scholz. Deine menschenverachtende Ignoranz zeigt: Du hast nicht im Ansatz den Intellekt, das Herz und die Willensstärke unserer Heldin.“
Und auch Elmshorns Oberbürgermeister Volker Hatje hat eine deutliche Meinung zu dem Vorfall. „Menschen mit Behinderung sind Teil unserer Gesellschaft. Es ist schwer nachzuvollziehen, warum jemand meint, sich auf Kosten anderer lustig zu machen“, empört sich das Stadtoberhaupt. „Man soll das jetzt nicht unendlich hochstilisieren, aber da hat Herr Mockridge einen deutlichen Fehler begangen. Unfassbar.“