Elmshorn. Noch immer ist der Zugverkehr nach dem Unfall beeinträchtigt. Nun gibt es ein neues Problem. Und: Kann die Stadt am Tunnel handeln?
Es ist Tag fünf nach dem Unfall in Elmshorn – und nun war zwischenzeitlich sogar ein neues Problem aufgetaucht. Zusätzlich zu den Brandschäden ist am Montagvormittag bei Vegetationsarbeiten ein weiteres Kabel an der Bahnstrecke nach Sylt beschädigt worden. Dadurch war der Zugfunk gestört, so eine Bahnsprecherin. „In der Zeit war kein Zugverkehr im Südwesten Schleswig-Holsteins möglich. Züge aus Hamburg kommenden mussten in Pinneberg wenden.“ Doch seit 14.15 Uhr ist dieses Problem wieder behoben.
Dabei steht ohnehin schon seit Donnerstagnachmittag der Großteil des Bahnverkehrs in Elmshorn. Seit ein E-Bus in die Bahnunterführung im Verlauf der Geschwister-Scholl-Straße krachte, gilt die Sorge der Sicherung des Bahnverkehrs – nach der schwierigen Löschung des in Brand geratenen Bus-Akkus. Doch bald zeichnete sich ab, von welch langwieriger Tragweite die Brandschäden an den durch die Unterführung verlaufenden Kabeln für die Stellwerksteuerung sind. Noch immer ist der Bahnverkehr auf der so wichtigen Sylt-Strecke und generell Richtung Norden durch Elmshorn hindurch beeinträchtigt.
Störungen auf Sylt-Strecke: Nach Busunfall sind immer noch Umstiege in Elmshorn und Itzehoe nötig
So bedient die Nordbahn die Linie RB 71 zwischen Hamburg-Altona und Elmshorn nur im Stundentakt; ein Ende der Störung ist hier für den Dienstag, 10. September, 12 Uhr prognostiziert. Auf der Linie RB 61 wird zwischen Hamburg Hbf und Elmshorn sowie zwischen Elmshorn und Itzehoe gleichfalls im Stundentakt gefahren. Es ist ein Umstieg in Elmshorn nötig. Zwischen Wrist und Elmshorn wurde ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. ,Hier lautet die Prognose für ein Störungsende. Mittwoch, 12 Uhr.
Auch die Deutsche Bahn kalkuliert mit einem Ende der Störungen in Fern- und Nahverkehr erst ab Dienstag, 10. September. So soll der Fernverkehr ab Hamburg Richtung Kiel am Dienstagmorgen seinen Betrieb wieder aufnehmen. Für die Marschbahn Richtung Westerland avisiert eine Bahnsprecherin einen planmäßigen Betrieb für Mittwochmorgen. Fahrgäste werden gebeten, sich zeitnah vor Fahrtantritt über die aktuelle Lage zu informieren.
Feuer im Geschwister-Scholl-Tunnel: Kann die Unterführung schon jetzt geschlossen werden?
So viel Ärger wegen einer Bahnunterführung, deren Tage doch schon längst gezählt sind. Zur Erinnerung: Erst im Juli dieses Jahres hat die Elmshorner Politik beschlossen, den Geschwister-Scholl-Tunnel im Zuge der Verlegung des Bahnhofs 200 Meter südwärts nicht mehr für den Kraftverkehr erhalten zu wollen.
Was also liegt da näher als die Frage, warum man den nicht mehr zeitgemäßen Geschwister-Scholl-Tunnel nicht schon früher für den Kraftverkehr sperren solle? Wären solche Unglücke künftig so einfach zu vermeiden? Doch ganz so simpel ist das nicht – um nicht zu sagen, zurzeit völlig unmöglich. Elmshorns Oberbürgermeister Volker Hatje erteilt solchen Denkspielen eine klare Absage.
Unfall im Tunnel: „Er ist verkehrlich sauber ausgeschildert. Es ist alles korrekt, wie es da läuft.“
Richtig sei, dass der Tunnel in seiner jetzigen Form bei Verlegung des Bahnhofs nicht mehr erhalten werden könne, weil die Bahn darüber dann deutlich mehr Fläche benötige und durch die dann erforderliche Baumaßnahmen eventuell sogar Häuser abgerissen werden müssten. Ganz klar: Keine Option für Elmshorn.
Aber was ist mit Vorwürfen, dass der Tunnel in seiner jetzigen Form für den Kraftverkehr nicht mehr geeignet sei? Stimmt so nicht, betont der Oberbürgermeister. „Zugegeben, der Tunnel entspricht nicht mehr den Neubaustandards und hat nur Bestandschutz“, sagt Volker Hatje. „Aber er ist verkehrlich sauber ausgeschildert. Es ist alles korrekt, wie es da läuft.“
Hat die Höhenwarnanlage versagt? Seit Inbetriebnahme war dies erst der zweite Unfall
Und zu Anmerkungen, dass das nicht zusammenpassen könne, mit einer 150.000 Euro teuren Höhenwarnanlage für den Tunnel auf der einen Seite und dennoch dem Unfallgeschehen vom vergangenen Donnerstag, dazu hat Hatje eine klare Meinung.
„Der Unfall war menschliches Fehlverhalten“, sagt der Oberbürgermeister und erinnert: „Die Höhenwarnanlage hat doch bislang funktioniert. Dies war jetzt seit Inbetriebnahme Anfang 2020 erst das zweite Mal, dass ein Fahrzeug die Anlage missachtet hat und gegen das Brückenbauwerk gefahren ist. Früher war das gefühlt alle zwei Monate ein Fahrzeug.“
Schließung Geschwister-Scholl-Tunnel: Nur unter einer Bedingung denkbar
Weshalb aber der Tunnel jetzt noch nicht aus dem Verkehrsfluss genommen werden dürfe, hänge mit dem Bau an Elmshorns Zukunft, dem neuen Stadtzentrum rund um den Buttermarkt, zusammen. Hatje: „Eine Schließung des Tunnels ist nur denkbar, wenn wir den dortigen Durchgangsverkehr zwischen Ost- und Weststadt anderweitig ableiten können. Dafür benötigen wir eine Gegenläufigkeit in der Berliner Straße.“
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Doch diese wichtige Nord-Süd-Verbindung ist zurzeit und voraussichtlich noch für einige Jahre als Einbahnstraße Richtung Norden ausgewiesen. „So bliebe im nördlichen Teil der Stadt ausschließlich die Ost-West-Brücke als leistungsfähige Querung, das ist ein viel zu hohes Risiko“, sagt Volker Hatje. „Wenn dort ein Unfall geschieht, dann geht in ganz Elmshorn gar nichts mehr. Wir benötigen immer zwei gleichwertige Möglichkeiten, um zu queren.“
Vorzeitige Tunnelschließung: Der Oberbürgermeister erteilt eine klare Absage
Das Fazit für den Oberbürgermeister zusammengefasst: „Für mich kommt eine Sperrung des Tunnels frühzeitiger als geplant erst dann in Frage, wenn die Berliner Straße in beide Richtungen befahrbar ist und es keine Notwendigkeit mehr gibt, durch den Geschwister-Scholl-Tunnel zu queren.“