Pinneberg. Ilona Rittner fängt wegen Krankheit ihrer Tochter an zu backen – und wird vom Erfolg überrollt. Nun muss sie ihre Produktion auslagern.

Ein neues Bäckereikonzept kommt nach Pinneberg: Denn Dienstag, Donnerstag und Freitag ist Backtag für Ilona Rittner. Dann stellt die Ernährungsberaterin glutenfreie Brötchen, Brote und Kekse her, die ihre Kundschaft zuvor bestellt hat. Abgeholt werden die Gebäckstücke bisher im Hogenkamp oder auf dem Hof Ramcke. Nun will sie ihre Geschäftsidee „Brotfabrique“ ausbauen und eine eigene Backstube in der Kreisstadt eröffnen.

Obwohl Ilona Rittner anfänglich für ihre Idee belächelt wird, startet sie im Mai 2024 das Projekt „Brotfabrique“. Passend dazu eröffnet sie einen Account bei Instagram. Sie ist überzeugt, dass gluten- und weizenfreie Produkte kein temporärer Trend sind. Die wachsende Kundschaft und die steigende Nachfrage geben ihr Recht. Die Idee zu ihrer Backstube kommt der Pinnebergerin jedoch bereits Jahre zuvor, als ihre Tochter die Diagnose Zöliakie erhält.

Glutenfreies Brot aus der Industrie: „Bequem, aber geschmacklich nicht lecker“

„Als Ernährungsberaterin bin ich nicht aus allen Wolken gefallen“, räumt sie ein. Jedoch stellt die Diagnose Zöliakie die gewohnten Ernährungsweisen der Familie auf die Probe. Der Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln kann für ihre Tochter weitreichende Folgen haben.

Das Klebereiweiß führt bei Menschen, die an Zöliakie leiden, zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut. Lebenswichtige Nährstoffe wie Eisen, Vitamin D und Kalzium werden dann nicht mehr ausreichend aufgenommen. Um ihrer Tochter die Ernährungsumstellung zu erleichtern, beginnt Rittner, ebenfalls auf Gluten zu verzichten.

Ernährungsberaterin fängt an, mit eigenen Zutaten zu experimentieren

Die ganzheitliche Ernährungsberaterin weiß zwar genau, auf welche Nahrungsmittel ihre Tochter verzichten muss. Die Verzweiflung tritt jedoch schnell nach der ersten Verköstigung glutenfreier Produkte ein. „Wie alle haben wir mit industriellen Backwaren angefangen. Das war alles ganz schön bequem, aber geschmacklich nicht lecker.“

Auch die Zutatenliste überzeugt Ilona Rittner überhaupt nicht. Sie ist sich sicher: Das geht besser! In der heimischen Küche fängt sie an, mit unterschiedlichen Sachen zu experimentieren. „Manchmal musste ich auch einfach den Mülleimer aufklappen und einen harten Klumpen wegwerfen“, gesteht Ilona Rittner. Aber ihr Ziel ist klar, sie will das leckerste glutenfreie Brot backen.

Glutenfreie Kost kann bei Reizdarm, Hashimoto oder Neurodermitis unterstützend wirken

Ihr Brot soll jedoch nicht nur gut schmecken und wichtige Nährstoffe enthalten, sondern auch von hoher handwerklicher Qualität sein. Nachdem sie von der Konsistenz, der Optik und dem Geschmack der Backwaren überzeugt ist, nimmt sie Kontakt zur Handwerkskammer auf. „Im Februar habe ich die Prüfung super bestanden und konnte dann im Haus mit der Produktionsstätte anfangen.“

Innerhalb weniger Wochen erarbeitet sich Rittner einen dreistelligen Kundenstamm. Einige ihrer Kunden schätzen das dahinterstehende Handwerk. Andere greifen aus gesundheitlichen Gründen zur „Brotfabrique“. „Auf Gluten zu verzichten, kann bei Reizdarm, Hashimoto oder Neurodermitis unterstützend wirken“, sagt Ilona Rittner.

Bäckerin aus Pinneberg hat inzwischen acht Brotsorten im Angebot

Mittlerweile können ihre Kunden aus acht verschiedenen Brotsorten wählen. „Am beliebtesten ist das Eggerstedter Sauerteigbrot, durch den Sauerteig ist es noch verträglicher“, meint die Ernährungsberaterin. Für ihr Gebackenes nutzt Rittner nicht nur glutenfreie Zutaten, sondern ausschließlich Produkte in Bioqualität. Anstelle von konventionellem Weizen-, Dinkel- oder Roggenmehl backt sie ihre Backwaren mit Reis- und Buchweizenmehl. Zum Wochenende ergänzt sie ihr Brotsortiment um Hörnchen, Cookies und Brötchen.

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Das Sortiment der „Brotfabrique“ reicht vom Sauerteigbrot bis zum Mischbrot. Acht Sorten bietet Ilona Rittner inzwischen an. © Ilona Rittner | Jennifer Dönnebrink

Nun muss Rittner ihre Backstube in den nächsten Monaten vergrößern. Die extra angeschafften Öfen in der heimischen Küche reichen nicht mehr aus, um dauerhaft alle Bestellungen annehmen zu können. Sie ist sich sicher: „Die Grenze ist erreicht, mehr möchte ich meiner Familie nicht zumuten“. Deshalb sucht sie im Raum Pinneberg eine geeignete Räumlichkeit. Eine reine Backstube ohne Verkaufsfläche soll es werden.

Backstube zuhause zu klein: „Mehr möchte ich meiner Familie nicht zumuten“

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Ihre glutenfreien Produkte will die Pinnebergerin dann weiterhin in kleinen regionalen Läden verkaufen. „Es wäre toll, in ganz Norddeutschland bekannt zu werden und meine Produkte in verschiedenen Hofläden zu sehen“, so Ilona Ritter. Die Akquise für potenzielle geschäftliche Partnerschaften läuft bereit. „Ich glaube an diesen Weg, aber es braucht Durchhaltevermögen“, gibt sich die Bäckerin optimistisch.