Wedel. Vom Rathausdach im Norden nach Tansania: Wie ausgemusterte Paneelen eine ganze Schule und die Hilfsmission mit Strom versorgen.
Vor anderthalb Jahren hatten sich drei Wedeler Institutionen für eine nachhaltige Aktion zusammengeschlossen: Der Klimaschutzfonds Wedel, das Tansania-Team und die Stadtwerke Wedel wollten Makete in Tansania, der afrikanischen Partnerregion Wedels, auf ökologischem und sozialem Gebiet helfen. Dafür wurde ein Container mit Equipment auf den Weg gebracht. Darin befand sich auch die Photovoltaik-Anlage, die zuvor vom Rathausdach abmontiert wurde.
Der Klimaschutzfonds Wedel hatte sie dort einst aufgestellt. Die in die Jahre gekommene Anlage funktionierte zwar noch, aber die Stadtwerke Wedel wollten dort eine um ein Vielfaches effizientere Photovoltaik-Anlage installieren. In Tansania leisten die alten Module nun aber noch gute Dienste.
Solaranlage aus Wedel versorgt Grundschule in Tansania mit Strom
Ein Paneel beleuchtet nun eine ganze Grundschule, die Lupila Primary-School. Dort gehen derzeit 284 Kinder zur Schule. In Tansania geht die Grundschule bis zu siebten Klasse. Danach folgt eine Prüfung, von deren Ergebnis die weitere Laufbahn der Kinder abhängt: weiterführende Schule oder Berufsausbildung.
Die Solarpaneele, vor über 20 Jahren vom Wedeler Hersteller Solarnova hergestellt, haben noch immer ein Leistungsvermögen von mehr als 90 Prozent. Auch medizinisches Equipment – für zwei komplette Zahnarzt-Praxen – fand noch Platz im Container. Ebenfalls an Bord waren mechanische Nähmaschinen, die in Tansania zu Ausbildungszwecken genutzt werden.
Solaranlage aus Wedel sorgt für Licht in Schule in Tansania
„Mit dieser für dortige Verhältnisse riesigen Anlage ist es nicht nur möglich, alle Räume zu beleuchten, sondern auch Computer, Drucker und Kopierer zu betreiben“, berichtet Michael Koehn, ehemaliger Vorsitzender und Liquidator des Klimaschutzfonds, der gerade in Tansania vor Ort ist. „Ein Raum wurde als Lesezimmer eingerichtet, in dem Kinder nun auch abends lesen und lernen können.“
Dabei gebühre ein besonderer Dank einer Gruppe ehemaliger Schüler des Gymnasium Blankenese, die den Verein „Lupila learns“ gegründet und Geld gesammelt haben, um die gesamte technische Infrastruktur wie Kabel, Wechselrichter und Installation an der Schule aufzubauen.
Solarpaneele vom Wedeler Rathausdach speist sechs Batterien
Auch im Diakonie-Zentrum gleich nebenan, in dem vor vielen Jahren der Holmer Pastor Rolf Wassermann und seine Frau Sibylle wirkten, wurde die Stromversorgung völlig neu konzipiert: Fünf der Solarpaneele vom Wedeler Rathausdach liefern nun Strom, der die bislang sechs, final wohl zehn Batterien speist. Wenn keine Sonne scheint, wird auf die staatliche Stromversorgung umgeschaltet.
Mit dieser Energie werden jetzt sieben Gebäude versorgt: Das Missionshaus und die Werkstatt, zwei Gästehäuser, zwei alte Wohngebäude, die demnächst noch renoviert und modernisiert werden sollen sowie das Gebäude, in dem Diakonie, Pastorat und der Propst Büros haben.
Solaranlage aus Wedel ermöglicht Waschmaschine und Tiefkühltruhe
Damit ist es nun möglich, eine Waschmaschine zu betreiben und eine Tiefkühltruhe – beides in Deutschland Selbstverständlichkeiten, in Lupila jedoch ein erheblicher Fortschritt und eine große Erleichterung für die Menschen, so Koehn.
Die Partnerschaft der Kirchengemeinde Holm mit Ipepo und Matundu in Tansania gibt es seit 1996. Rolf und Sibylle Wassermann haben sie ins Leben gerufen und viele freiwillige Helfer füllen sie mit Leben. Aber schon seit 1979 bestehen Partnerschaften zwischen Gemeinden des Kirchenkreises Blankenese und Dörfern aus dem Kirchenkreis Lupila in Tansania. Auch die Paulskirche Schenefeld engagiert sich dort.
„Taten statt Worte“ berichtet in Barmstedt über Hilfe in Guatemala
Seitdem gab es viele Besuche in Tansania und ebenso viele Gegenbesuche aus Tansania. Zur Koordination der und Abstimmung über die vielfältigen Aktivitäten trifft sich monatlich der Ukinga-Partnerschafts-Kreis (UPK).
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Über ihren Einsatz in einer anderen armen Region der Welt wurde in Barmstedt berichtet. 135 Euro müssen einer alleinerziehenden Mutter im Ulpan-Tal in Guatemala für ein ganzes Jahr reichen. „Wir helfen den Ärmsten der Armen. Danke Ihnen allen“, sagte Christian Aponte bei einer Veranstaltung der Hilfsorganisation „Taten statt Worte“ im Barmstedter Rathaus. Er und Rosi Aponte leiten CAFNIMA, das Zentrum für Familienhilfe nahe Guatemala-City.
„Taten statt Worte“ unterstützt Schule am Rande einer Müllkippe
Von dort aus wird Hilfe zur Selbsthilfe organisiert: Frauen im Ulpan-Tal können sich als Imkerin oder Geflügelzüchterin selbständig machen, Hebammen betreuen Schwangere selbst in entlegensten Bergdörfern. Vor allem aber wird das „Instituto Gaby y Rainer Sanchez“ gefördert, eine Schule und Bildungseinrichtung für etwa 400 Kinder und Jugendliche am Rand der großen Müllkippe der Stadt.
„Taten statt Worte“ sammelt Jahr für Jahr Spenden ein, auch auf dem Weihnachtsmarkt in Barmstedt, um den Schulbetrieb zu unterstützen. Dort können Mädchen und Jungen auch eine Berufsausbildung erhalten, etwa im Friseurhandwerk. Weil sich vor allem Kinder aus armen Maya-Familien nicht die Lernmittel leisten können, werden die Grundschüler auch mit Stiften und Heften aus dem Barmstedter Spendentopf unterstützt. Die stabile Schularbeit hilft auch, das Abrutschen von Jugendlichen in Bandenkriminalität zu verhindern.
Gewalt gegen Frauen: Verein leistet juristische Unterstützung
Gaby Sanchez berichtete, dass in den 90er Jahren alles im Hinterhof eines Schumachers begann, wo zehn Kinder den ersten Unterricht ihres Lebens erhielten. Später wurde endlich erreicht, dass Kinderarbeit auf der Müllkippe untersagt ist. Im Ulpan-Tal ging man mit juristischer Unterstützung vielfach gegen Gewalt gegen Frauen vor: „Seit zwei Jahren wurde hier keine Vergewaltigung mehr gemeldet“, so Aponte.
Vereinsvorsitzender Stefan Bolln verspricht: „Jeder gespendete Cent kommt auch bei den Hilfebedürftigen an.“ So wurden etwa auch alle Reisen zu den Partnern in Lateinamerika und Afrika aus eigener Tasche finanziert.