Wedel. Stiftung Lebensraum Elbe setzt lang geplantes Öko-Projekt in die Tat um. Straßen sind Wochen gesperrt. Jetzt ermittelt die Polizei.
Anfang August hatte die Stadt Wedel gemeinsam mit der Stiftung Lebensraum Elbe angekündigt, ein über zwei Jahre hinweg geplantes und genehmigtes Projekt in die Tat umzusetzen.
Auf einem Areal unweit des Theaterschiffs „Batavia“ am Brooksdamm wird das Gelände in seinem ökologischen Nutzen aufgewertet. Die Stiftung investiert gut eine Million Euro Eigenmittel, um an der Wedeler Au neue Lebensräume für eine florierende Artenvielfalt zu schaffen.
Neues Öko-Biotop an der Elbe: Straßensperrungen – aber „Batavia“ bleibt erreichbar
Die Arbeiten haben am 5. August begonnen und sollen bis Ende September dieses Jahres andauern. Der Wedeler Kulturdampfer bleibt für Besucher permanent erreichbar. Allerdings: Bis Mitte September sind Brooksdamm und Saatlandsdamm gesperrt. Üblicherweise wird die Strecke von Anliegern und für landwirtschaftlichen Verkehr genutzt. Auch von Radfahrern in der Wedeler Marsch und Fußgängern, die oft mir ihren Hunden dort spazieren gehen.
Die Absperrungen passen scheinbar einigen Kritikern des Projekts – oder einfach gedanklich festgefahrenen Mitmenschen, die diesen Weg schon immer gewählt haben – nicht. „Es ist jetzt zum wiederholten Male vorgekommen, dass Menschen die Straßensperrung einfach wegräumen und in den Graben schmeißen. Das gefährdet andere“, sagt Elisabeth Klocke, Vorstandsvorsitzende der Stiftung.
Denn: Um die Straße für den Abtransport der Böden mit schwerem Gerät zu schonen, seien Stahlplatten auf dem Asphalt verlegt worden, die nicht bündig, sondern übereinanderlappend angeordnet sind. „Fußgänger und Radfahrer können schwer stürzen. Es ist einfach unverantwortlich, die Straßensperrungen wegzuräumen“, ärgert Klocke sich über die Unvernunft einer solchen Tat. Das Stiftungsteam und auch das Bauunternehmen seien nicht dauerhaft vor Ort. Die Sperrung müsse jedes Mal mühselig wieder aufgerichtet werden.
Kritik an Straßensperrungen – Landwirte waren über Projekt informiert
Wer dafür verantwortlich ist, unklar. Die Wedeler Polizei ist informiert. Ohnehin sei das Vorhaben im Vorfeld mit allen Beteiligten durchgesprochen worden. Auch im Wedeler Stadtrat gab es gleich zweimal Informationen und Diskussionen dazu.
Die betroffenen Landwirte der Biotopmaßnahme seien schon vor gut zwei Jahren über die Planung informiert worden. Begleitend dazu gab es Informationen über die Website der Stiftung. Einige Anwohner hätten nach wie vor wenig Verständnis für die Sperrungen während der Bauarbeiten. Wegen der Sicherheit sei dies aber unabdingbar.
Wedeler Au: Abtransport von Boden auch für den Flutschutz – Sicherheitsposten werden aufgestellt
Auf dem Areal gibt es einige landwirtschaftlichen Höfe. „Es gab Beschwerden von einzelnen Landwirten. Wir sind mit diesen im Gespräch und konnten ihren Forderungen, die den Bauablauf betrafen, auch entsprechen. Ein Landwirt befürchtet die Verdichtung einer Grünlandfläche durch das Befahren mit Fahrzeugen“, so Klocke. Dort sei das Team mit dem Landwirt im Gespräch, ebenso mit zwei Pächtern, die aufgrund der „temporären Zuwegung in diesem Sommer Flächen für die Mahdgutgewinnung verloren haben“.
Klocke: „In Absprache mit der Stadt Wedel werden wir für die Zeit der Bodentransporte zusätzliche Sicherheitsposten einsetzen, damit auch wirklich niemand zu Schaden kommt. Wir appellieren an alle, die nur einige Woche dauernde Sperrung im Interesse ihrer eigenen Sicherheit zu akzeptieren.“ Der Bodenaushub wird auch für den Flutschutz am Deich eingesetzt.
Theaterschiff „Batavia“: Hannes Grabau spricht von Umwelt-Verbrechen an der Elbe
„Batavia“-Kapitän Hannes Grabau hält wenig von der Umgestaltung. Er sieht es sogar als „größtes Umwelt-Verbrechen an der Elbe seit 100 Jahren“ an. Schon jetzt würden keine Vögel mehr wie Kiebitze oder Austernfischer in der Wedeler Marsch leben. „Die sind schon verjagt worden, weil kein Wasser mehr auf den Wiesen ist“, sagt er. Jetzt würde man auch noch den restlichen Vögeln den Raum nehmen. Zudem befürchtet er eine Verschlickung des neuen Biotops nach zwei Jahren.
Sein Patentrezept: Über das Elbe-Sperrwerk Wedeler Au müsste einfach wieder viel mehr Wasser eingeleitet werden. Die Pegelstände, seine „Batavia“ liegt in diesem Nebenfluss der Elbe, seien im Laufe der Jahre immer niedriger geworden. Der Stiftungsvorstand pflichtet dem Kritiker in diesem Punkt bei, das Sperrwerk sei über viele Jahre nicht so gefahren worden, wie es die Sperrwerksordnung verlangte.
Elbe-Sperrwerk an der Wedeler Au – es wird mehr Wasser in die Flächen geleitet
„Dies hat sich – soweit wir informiert sind – geändert: Durch einen Betrieb gemäß der Sperrwerksordnung wird mehr Wasser in die Flächen gelassen, wodurch sie wieder feuchter werden. Wir begrüßen einen Betrieb entsprechend der Sperrwerksordnung sehr“, sagt die 59 Jahre alte Umweltschützerin. Der Betrieb des Sperrwerks sei jedoch nicht Sache der Stiftung Lebensraum Elbe.
Gerade die Wiesenbrüter würden von der Umgestaltung der Landschaft, die sich gernerell auf kleinere Abschnitte beschränkt, enorm profitieren. „Durch den etwa 200 Meter langen Priel, den wir in einer Wiese, die aufgrund ihrer Qualität bisher kein wertvoller Lebensraum für Wiesenvögel war, anlegen, entstehen dort Wattflächen, in denen Austernfischer und Kiebitze ihre Nahrung finden. Sie verlieren keine Flächen, sondern erhalten auf den veränderten Flächen zusätzliches Nahrungsangebot“, erklärt die Expertin. Die Fläche wird etwa 2000 Quadratmeter groß sein.
An der Elbe: Vernässen des Schilfs und flache Ufer sind für die Natur sinnvoll
Auch das Vernässen des Schilfs sei beispielsweise für die Röhrichtbrüter sinnvoll. Dann seien diese vor Feinden wie dem Fuchs künftig besser geschützt. Durch das Abflachen der Ufer an einigen Stellen soll sich Röhricht ansiedeln. „Auf einer artenarmen, für Wiesenvögel völlig ungeeigneten Fläche schaffen wir neue tide-typische Lebensräume. Solche Lebensräume gibt es an der gesamten Tide-Elbe nur noch vereinzelt. An den neuen, flachen Ufern wird sich eine elbe-typische Ufervegetation ausbilden“, erklärt Klocke.
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Auch ein kleiner Auwald soll sich entwickeln. In den Teichen fänden Amphibien, Libellen und andere Insekten neuen Lebensraum. Auch der Schierlings-Wasserfenchel soll sich an abgeflachten Ufern der Kleientnahmestelle möglichst wieder ansiedeln.
Gemeinsames Biotop-Projekt der Stadt Wedel, Naturschutzbehörde, Elbmarschenhaus
Die Gefahr einer kompletten Verschlickung des Areals sieht Elisabeth Klocke nicht. Die Maßnahmen seien so ausgelegt, dass die Verschlickung „durch das eingebaute Gefälle minimiert“ werde. Flächen der Biotop-Maßnahmen würden sich natürlich verändern, durch Umbauten zunächst kahle Gebiete, wären aber dem natürlichen Rhythmus entsprechend im kommenden Sommer bereits wieder bewachsen.
Für das Projekt arbeiteten Stadt Wedel, die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Pinneberg, das Elbmarschenhaus und die Nabu-Vogelstation Wedeler Marsch zusammen. Soweit Genehmigungen erforderlich waren, erteilten diese die Kreis-Umweltbehörde und der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meereschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) in Abstimmung mit der Stadt Wedel.