Kreis Pinneberg. Alternative für Deutschland hat für diesen Sonnabend zum „Tag des Vorfelds“ eingeladen. Pinnebergs Parteien protestieren.
Alarmstimmung bei den Parteien im Kreistag von Pinneberg und den regionalen politischen Organisationen, die sich dem Kampf gegen Rechtsextremismus verschrieben haben. Was seit Ende der ersten Juliwoche für den Kreis Pinneberg vorübergehend konkrete Formen angenommen und ein sehr unruhiges Wochenende in Aussicht gestellt hatte, ließ bei allen Parteien die Wogen hochschlagen.
An diesem Sonnabend, 20. Juli wollen sich der AfD nahestehende Organisationen aus dem weitest rechten Spektrum im Süden Schleswig-Holsteins treffen. Aber wo? Bis zum späten Freitagabend herrschte darüber Unklarheit; dann ist der Tagungsort, das gut gehütete Geheimnis der Veranstalter, doch durchgesickert.
Geheimtreffen: Dabei sind ein verfassungsfeindlich eingestufter Verein und das verbotene Magazin „Compact“
So viel war zuvor bekannt: Die AfD in Schleswig-Holstein hat zu einem „Tag des Vorfelds“ eingeladen, auch wenn sie nicht offiziell als Gastgeber auftritt. Als „Vorfeld“ werden in politischem Kontext Organisationen oder Gruppierungen bezeichnet, die einer Partei nahestehen oder mit ihr kooperieren.
Unter den bislang namentlich genannten Gästen befinden sich mit dem 2015 gegründeten Verein „Einprozent“ sowie der aktuell durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbotenen Monatszeitschrift „Compact“ zwei von bislang elf Teilnehmern, die der Bundesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch, im Fall von „Einprozent“ sogar als verfassungsfeindlich einstuft.
Alle Fraktionen des Pinneberger Kreistags begehren gegen das Treffen auf
Pikant auch das Veranstaltungsdatum 20. Juli. Genau 80 Jahre zuvor ist das Bombenattentat durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg gegen Adolf Hitler in der Wolfsschanze gescheitert. Die letzte Chance, Nazideutschland vorzeitig aus der Diktatur zu befreien und einen Großteil des Leids der folgenden zehn Kriegsmonate bis Mai 1945 zu ersparen. Es folgte eine beispiellose „Säuberung“, in deren Zuge rund 200 Menschen hingerichtet oder in den Tod getrieben wurden. Eine zufällige Terminwahl? Wohl kaum.
Eines war offenkundig und kein Geheimnis: In dem Moment, wenn klar werden sollte, wo das Treffen stattfindet, würden die bürgerlichen Parteien und das gesamte Antifa-Lager zu Protesten gegen diese Zusammenkunft aufrufen und auch den Tagungsort für Protestkundgebungen aufsuchen. Dieser Moment scheint nun gekommen.
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Auf der Internetseite der Antifa Pinneberg ist der Protest gegen den Tag des Vorfelds nun in der Nacht zu Sonnabend ergänzt worden. „Die AfD will sich in der Taverna Dionysos, Einfelder Schanze, in Neumünster treffen“, heißt es da. Verbunden mit einem konkreten Protestaufruf für 9.30 Uhr; Versammlungsort ist der Bahnhof von Neumünster-Einfeld.
Die Kreistagsfraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP in einem gemeinsamen Statement sowie die Linken im Kreis Pinneberg hatten zuvor bereits in zwei Stellungnahmen die Pläne der AfD für diese Veranstaltung verurteilt. Tenor: Der 20. Juli ist ein Symbol für den mutigen Widerstand und ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte Deutschlands.
„Den 20. Juli für parteipolitische Versammlungen zu nutzen, ist für demokratische Parteien nicht hinnehmbar“
„Den 20. Juli für parteipolitische Versammlungen zu nutzen und diese womöglich mit Rednern neofaschistischer und rechtsextremer Inhalte zu hinterlegen, ist für demokratische Parteien nicht hinnehmbar. Menschen, die bereit waren, ihr Leben im Kampf gegen Unrecht und die Verbrechen des Nationalsozialismus zu riskieren, verdienen Respekt und Anerkennung“, verkünden die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen in der gemeinsamen Erklärung.
Die Fraktionen rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich den Plänen der AfD entgegenzustellen: „Die Veranstaltung ist ein erneuter politischer Fehltritt der AfD. Er unterstreicht entweder die Unwissenheit innerhalb der Partei hinsichtlich deutscher Geschichte oder ist als bewusste Provokation zu verstehen. Beides ist aussagekräftig genug.“