Ellerhoop/Kreis Pinneberg. In Ellerhoop soll Gartenbau nachhaltig werden. Ministerium fördert Modellprojekte mit 850.000 Euro. Erste Ansätze in der Erprobung.
Die Gartenbaubranche und Baumschulwirtschaft will umweltverträglich und nachhaltig sein. Die Unkrautbekämpfung soll biologisch abbaubar werden und vollständig auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel verzichten. Und selbst die Torferde soll künftig durch nachwachsende Substrate ersetzt werden.
Um die Forschung für eine nachhaltige Baumschulwirtschaft nun voranzutreiben, hat das Kieler Landwirtschaftsministerium jetzt dem Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer in Ellerhoop im Kreis Pinneberg eine Fördersumme von 850.000 Euro überreicht.
Gartenbau nachhaltig machen: Versuchsingenieur wird eingestellt
Mit dem Geld sollen jetzt für die nächsten vier Jahre ein Versuchsingenieur und eine Gartenfachkraft finanziert werden, die sich mit klimaschonenden und ökologischen Anbaumethoden beschäftigen, kündigte der für Gartenbau zuständige Abteilungsleiter Jan-Peter Beese von der Landwirtschaftskammer an.
„Es ist schön, dass wir damit jetzt loslegen können. Wir suchen jemanden, der oder die etwas auf dem Kasten hat und möglichst Erfahrungen im Gartenbau und dem Versuchswesen der Baumschulwirtschaft mitbringt.“
Die neue Forschungsstelle soll den Betrieben die Erkenntnisse vermitteln
Zudem gehe es darum, die erzielten Forschungsergebnisse den Betrieben praxisnah zu vermitteln, damit „ein Wissenstransfer“ entstehen könnte, von dem alle Seiten profitierten, skizzierte Frank Schoppa vom Bund deutscher Baumschulen (BdB). Schon heute würden einige Betriebe mit verschiedenen nachhaltigen Anbaumethoden experimentieren, sagte er. „Die meisten Betriebe arbeiten so nachhaltig wie möglich.“ Auch deren Erkenntnisse sollten über diese Forschungsstelle, die nun am Gartenbauzentrum geschaffen wird, in die Theorie und Praxis einfließen.
Denn der Druck auf die Betriebe der grünen Branche sei groß, ökologischen Pflanzenschutz zu betreiben und umweltschonend mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen. „Auf sich alleine gestellt, sind die Betriebe dabei überfordert. Wir müssen gute Lösungen für alle finden.“ Der „ganzheitliche Ansatz“, der heute schon im Gartenbauzentrum in Ellerhoop in eine nachhaltige Baumschulwirtschaft investiert werde, habe offenbar das Ministerium davon überzeugen können, wie richtig und notwendig diese Förderung sei.
Erste Versuchsreihen suchen nach ökologischen Alternativen zum Pflanzenschutz
So laufen bereits erste Versuchsprojekte in dieser Richtung im Gartenbauzentrum, wie die Versuchsingenieure Thorsten Ufer und Hendrik Averdieck vom Gartenbauzentrum ihren Gästen aus Kiel vorstellten. Da wird zum Beispiel mit verschiedenen Mulcharten aus Holzhäcksel, Schnittgut aus Torfmoos, Algensubstraten, Rapsöl und Stärke ausprobiert, inwieweit sie mineralischen Dünger und chemische Unkrautvernichtung ersetzen und biologisch abbaubar machen könnten. „Wir sind da noch am Anfang“, erklärte Ufer in der Hoffnung, nun durch das Fördergeld vom Ministerium schneller zu guten Ergebnissen zu kommen.
Wichtig für die 300 Baumschulbetriebe mit ihren 2500 Beschäftigten, von denen zwei Drittel im Kreis Pinneberg lägen, sei dabei, dass die angebotenen Materialien und Rohstoffe nicht nur umweltverträglich nachhaltig, sondern auch auf dem Markt nachhaltig verfügbar seien, betonte BdB-Landesgeschäftsführer Schoppa.
So seien die Fasern von Kokosnüssen zwar gute Alternativen für den Anbau mit Torf. Doch durch die langen Transportwege aus Übersee wäre dieser Rohstoff auch nicht besonders ökologisch. Darum würden sich neuere Forschungen eher auf Schafwolle, Holzfasern oder Rindenhumus konzentrieren.
Staatssekretärin Benett-Sturies würdigte den Kreis Pinneberg als Wiege des Waldes
Staatssekretärin Anne Benett-Sturies aus dem Landwirtschaftsministerium zeigte sich bei einem Rundgang über das Gelände des Gartenbauzentrums in Ellerhoop beeindruckt über die Forschungsarbeiten. „Hier im Kreis Pinneberg, einem der weltweit größten geschlossenen Baumschulgebiete, steht die Wiege unserer Wälder und der urbanen Begrünung.“
Dies sei genau der richtige Ort, um eine ökologisch nachhaltige Pflanzenwirtschaft zu betreiben und weiterzuentwickeln „Dieses Baumschulgebiet ist ein Alleinstellungsmerkmal für Schleswig-Holstein und ein Aushängeschild für unser Land. Dieser Wirtschaftsbereich trägt erheblich zur regionalen Wertschöpfung bei.“
Das Landwirtschaftsministerium wolle mit diesem über vier Jahre auskömmlich finanzierten „Modellprojekt“ der Baumschulwirtschaft „einen zusätzlichen Impuls geben, um nachhaltig ökologisch zu wirtschaften“, sagte die Staatssekretärin, die selbst gelernte Försterin ist.
- Bauernhofcafés: Acht Tipps für einen süßen Ausflug im Hamburger Umland
- Plastikmüll: Dieses Start-Up aus Pinneberg revolutioniert den Verpackungsmarkt
- Firma Sun Oyster Systems schafft Revolution in der Solartechnik
Die Gartenbau- und Baumschulbetriebe ständen zudem vor dem Dilemma, sich nachhaltig dem Klimawandel anpassen zu müssen, indem vielleicht ganz andere Baumarten den veränderten Wuchsbedingungen standhalten und sich gegen invasive Schadinsekten schützen zu können. Widerstandsfähige Gehölze würden helfen, den CO-2-Ausstoß zu senken und die Aufheizung der Städte zu mildern. „Das alles braucht Forschung und Erprobung, die wir hier möglich machen wollen.“
Auch wassersparende Konzepte und recycelbare Töpfe sollen erprobt werden
Schleswig-Holsteins Kammerpräsidentin Ute Volquardsen freute sich über die Fördersumme aus Kiel: „Unsere tolle Mannschaft hier im Gartenbauzentrum wird damit alle möglichen Projekte für einen innovativen und nachhaltigen Pflanzenschutz erproben und erforschen.“ Dazu gehörten neben der Erforschung von Verfahren und Techniken für einen biologisch abbaubaren Pflanzenschutz und den bereits erwähnten torfreduzierenden Substraten auch vegane Düngemittel, Trinkwassersparende Konzepte und recycelbare Töpfe und Container, die die Kunststoffbehälter ersetzten, sowie auch der Einsatz von Solarstrom und E-Bikes, um umweltschonend über die Felder zu fahren.